Kapitel 27

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Lorelei

Nachdem Nura verschwunden war, ging ich zurück zu den anderen. „Ich bin erstaunt", sagte Cait, „sie war überraschend nett." Mark stimmte ihr mit einem Nicken zu.

„Ja", fügte Tressa hinzu, während sie mich ansah, „Dank Euch, Prinzessin. Wir hätten nie daran gedacht sie um Hilfe zu bitten." Ihre lächelnden Gesichter machten mich ziemlich stolz. Es sah ganz so aus, als hätten wir mit Nura ein Licht in der Dunkelheit gefunden.

Wie dem auch sei, es gab immer noch etwas, das mich außerordentlich beunruhigte. Dorean.

Nun, da ich die Zeit hatte wirklich darüber nachzudenken, konnte ich nicht anders, als mich über ihn zu wundern. Ich dachte zurück an die Ereignisse in Aphillia und wie er stets aussah, als wäre er auf der Hut vor etwas. Aus irgendeinem Grund war es ihm möglich gewesen den Text in der Höhle zu lesen und jetzt glich seine Redensweise der von Nura, einer Nixe. Konnte es vielleicht sein, dass Dorean in Wirklichkeit kein Mensch, sondern ein Dämon war? Unmöglich, oder etwa doch? Aber was würde das für mich bedeuten? Es würde bedeuten, dass Dorean uns belogen hatte. Er hätte tatsächlich wichtige Informationen gehabt, aber hatte sie uns absichtlich verheimlicht. Er hätte uns – mich – erfolgreich hinters Licht geführt.

Allerdings hatte er mir auch das Leben gerettet, mehrmals sogar. Ich seufzte. Im Augenblick würde ich keine Antworten auf all das finden können. Erstmal musste Dorean aufwachen und dann würde er viele Fragen zu beantworten haben.

Da fiel mir ein, hatte Nura nicht etwas an seinem Kopf gefunden? Ich fühlte mit meinen Händen an den Seiten seines Kopfes entlang. Es war einfach zu finden. Knapp hinter seinen Ohren war jeweils eine kleine, kahle Stelle, die normalerweise von den längeren Haarsträhnen darüber bedeckt wurde. Seine Haut dort war leicht erhöht.

„Prinzessin", rief Tressa plötzlich von der anderen Seite des Lagerfeuers. Ich sah automatisch zu ihr herüber. „Stimmt etwas nicht?"

„Nein", antwortete ich schnell mit einem Lächeln, „es ist alles in Ordnung."

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Die Sonne war nun schon lange untergegangen. Lucas und Mark standen Wache, während alle anderen tief und fest schliefen. Dorean sah schon viel besser aus. Er hatte noch eine etwas erhöhte Temperatur, aber er hatte aufgehört zu zittern und atmete leichter.

All meine Gedanken hielten mich wach. Ich hatte Nuras Prophezeiung aufgeschrieben und versuchte daraus schlau zu werden. Das meiste verstand ich jedoch nicht. Ich würde das bei unserer Rückkehr mit Reno besprechen müssen.

Beinahe hätte ich das leise Murren überhört, dass Dorean von sich gab. Ich setzte mich auf und sah hoffnungsvoll zu ihm herüber. Seine Augenlider flatterten leicht. Er wachte endlich auf. Ich wartete, bis seine Augen komplett offen waren und setzte mich dann an seine Seite. Seine erweiterten Pupillen wanderten orientierungslos an der Höhlendecke herum. Ich wartete geduldig, bis sein Blick endlich auf mich fiel. Da konnte ich nur glücklich lächeln.

„Was... is' passiert?" stöhnte er, als er sich aufsetzte. Ich gab ihm etwas Wasser zu trinken, bevor ich antwortete.

„Du hast Fieber und warst lange bewusstlos", wisperte ich zurück, damit ich niemanden wecken würde. Er legte sich eine Hand auf die Stirn und nickte.

„Und du?"

„Mir geht es gut, dank dir."

„Gut", sagte er mit einem kleinen Lächeln.

Ich hätte am liebsten sofort angefangen ihn mit Fragen zu durchbohren, aber ich hielt mich zurück; Nicht hier, wo wir flüstern mussten. Zu meinem Glück stand Dorean gleich auf.

„Ich kann nich' mehr liegen. Geh' kurz raus", sagte er, während er seinen Mantel suchte. Perfekt!

„Würde es dich stören, wenn ich dich begleite?" Er schüttelte den Kopf, also packten wir uns warm ein und liefen in Richtung Ausgang.

„Dorean", sprach Lucas überrascht, „du bist wach! Schön, dass du wieder auf den Beinen bist. Warte mal, wollt ihr zwei wirklich jetzt einen Spaziergang machen?" Wir nickten einstimmig.

„Entfernt euch nicht zu weit vom Lager", warnte Mark, als wir weiterliefen.

„Also?" fragte Dorean plötzlich, „was willste mich fragen?"

„Wie?" stieß ich überrascht aus.

Dorean schnaufte. „Ach komm, du brennst doch darauf mich 'was zu fragen."

Ich schmunzelte. „War es so offensichtlich?"

Es gab so vieles worüber ich sprechen wollte, dass ich überhaupt nicht wusste, wo ich anfangen sollte. Ehrlich gesagt, traute ich mich nicht, sofort mit der Frage der Fragen zu beginnen. Ich entschied mich also, ihm erst einmal zu erzählen, was während seiner Bewusstlosigkeit passiert war. Er sah aufrichtig überrascht aus, als ich Nura erwähnte.

„'Ne Nixe?"

„Ja, sie hat dich mit ihrer Magie geheilt."

Ich blieb stehen und setzte mich auf einen Felsen in der Nähe. Dorean zögerte kurz, aber setzte sich dann dazu. Für eine Weile sahen wir uns schweigend den Sternenhimmel an. Irgendwann fiel mein Blick allerdings wieder auf ihn. Der Mond schien hell auf uns hinab, weshalb ich seinen nervösen Gesichtsausdruck erkennen konnte. Ob er wohl gerade spürte, worüber ich sprechen wollte?

Ich dachte darüber nach, wie ich das Thema am besten angehen konnte, aber, als ich meinen Mund öffnete, platzte die Frage einfach aus mir heraus.

„Bist du ein Drakonier?"

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Das nächste Kapitel ist das erste "Dorean"- Kapitel 😁
Ich bin richtig gespannt, aber auch nervös, zu erfahren, wie euch seine Sichtweise so gefällt. ☺️

Der Strom des Lebens I [Gespaltene Welten]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt