Kapitel 6: Einsame Nächte.

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-"Doch ich frag mich, ist das alles echt oder nur ein One-Night-Stand?"-

Es war vier Uhr morgens und ich lag hellwach in meinem Bett. Einige Tage waren seit der Nacht mir Marcella vergangen und es ließ mir keine Ruhe mehr. Auch quälte mich die Frage, ob es irgendetwas bedeutet hatte für sie, denn für mich hatte es das, mehr als ich zunächst gedacht hatte. Wir hatten vereinbart, es unter uns zu behalten und es nie wieder vorkommen zu lassen. Ich ließ mir meine Enttäuschung aber nie anmerken, wenn wir uns sahen, und tat auch weiterhin so, als würde ich sie hassen. Die Anderen sollten nichts merken, also musste alles wie sonst auch immer aussehen. Wie jeden Sonntagabend trafen Nico, Peter, Shpendi, Marcella und ich uns bei mir, um etwas zu drehen. Es sollte eine Runde "Hot or Not" werden, ein neues Format, das wir ausprobieren wollten. Shpendi war hinter der Kamera und bereitete Fragen vor, während Nico, Peter, Marcella und ich uns auf die Bank setzten. Jeder hatte zwei Tafeln vor sich liegen, eine rote und eine grüne. Natürlich mussten sie mich neben sie setzen. Es war schon schwer genug mich zu konzentrieren, wenn sie nur im Raum war, aber es war eine pure Qual, ihr Parfüm zu riechen und ihr dabei nicht um den Hals zu fallen. Sie ließ sich absolut nichts anmerken und ich hatte die böse Vorahnung, dass es für sie absolut keine Bedeutung hatte. "Okay, nächste Person ist unsere liebe Marcella.", verkündete Shpendi grinsend. Der Drang, nach der grünen Tafel zu greifen war stark, aber ich musste die Fassade Aufrecht erhalten, also griff ich nach der roten. Nico und Peter hatten die grüne gewählt und sie selbst durfte nicht abstimmen. Sie hatte gemerkt, dass ich überlegt hatte, die grüne in die Hand zu nehmen, was ihr ein kleines Lächeln auf die Lippen gezaubert hatte.

Wie immer verschwanden die Jungs zuerst. Marcella packte noch ihre Tasche und wollte ebenfalls gehen, aber ich hielt sie zurück. "Können wir kurz reden?", fragte ich leise. "Was gibt's, Cariño?", antwortete sie lächelnd. "Ich wollte fragen, ob du demnächst mal Zeit hättest?", wollte ich wissen. Mein ganzes Selbstbewusstsein war auf einmal verschwunden. "Ich dachte, wir wollten das für uns behalten?", entgegnete sie verwirrt. "Ja, schon, aber die Anderen sind von unseren Streits genervt und mich kostet es langsam den letzten Nerv.", redete ich mich raus. "Du willst also eine Art Neustart.", stellte sie fest. "Kann man so sagen. Ich meine, wir können das ja auch erstmal geheim halten und sehen, ob das überhaupt klappen würde.", erklärte ich ihr. Ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus und dann nickte sie. "Donnerstag nach eurem Dreh, Cariño.", sagte sie bevor sie ging.

Donnerstag, 18:00 Uhr. Marcella und ich saßen im Keller und unterhielten uns. Als erstes musste ich eine Antwort auf die Frage, die ich mir immer wieder stellte, bekommen. "Darf ich dich was fragen?", tastete ich mich vorsichtig heran. "Klar, alles.", antwortete sie und lehnte sich dabei in ihrem Stuhl zurück. "Warum hasst du mich?", wollte ich wissen. Das war nicht die eigentliche Frage, aber ich traute mich einfach nicht, sie zu fragen, ob ihr diese eine Nacht was bedeutet hatte. "Deine unfreundliche Art bei unserem ersten Treffen, das konnte ich überhaupt nicht leiden.", antwortete sie ehrlich, "und du?", stellte sie dann die Gegenfrage. "Dein Temperament, ich hab keine Kontrolle über dich und das macht mich wahnsinnig.", gab ich ihr als Antwort. Sie nickte und musste lachen. Verwirrt sah ich sie an, denn ich verstand nicht, was daran so lustig war. "Ich bin nicht unkontrollierbar, hast du ja letzte Woche gemerkt, ich lasse mir nur nicht gerne den Mund verbieten und genau das hast du bei unserem zweiten Treffen getan.", erklärte sie, als ich sie weiterhin verwirrt ansah. "Das weißt du noch?", hakte ich nach. "Ich weiß noch so ziemlich alles und so schnell werd ich's auch nicht vergessen.", antwortete Marcella und lehnte sich wieder nach vorne auf den Tisch. Ich saß ihr gegenüber und hatte mich bereits nach vorne gelehnt. Unsere Gesichter waren wieder nur einige Zentimeter von einander entfernt. Ich biss mir auf die Unterlippe und versuche dem Drang, sie zu küssen, zu widerstehen. Sie leckte sich über die Lippen, räusperte sich dann aber und lehnte sich wieder zurück. "Sei ehrlich, das wolltest du nicht wirklich fragen oder?", bemerkte sie. Nickend sah ich zu meinen Zigaretten, die direkt vor mir auf dem Tisch lagen. Langsam griff ich danach und zog eine heraus. Ich bot Marcella eine an, aber sie lehnte ab und sah mich eindringlich an. "Was?", fragte ich, nachdem ich mir die Kippe angezunden hatte. "Frag, was du eigentlich wissen wolltest.", forderte sie mich auf. Ich seufzte und atmete dann einmal tief durch. "Hat's dir was bedeutet?", antwortete ich darauf, ohne vom Aschenbecher aufzusehen. "Ich weiß es nicht.", gab sie ehrlich zu. Nickend drehte ich die Zigarette zwischen meinen Fingern hin und her. Das tat irgendwie weh. Als ich nichts darauf sagte, ergriff sie wieder das Wort:"Und dir?". Ich schüttelte den Kopf und sah sie dabei an. In ihren Augen veränderte sich etwas. Das Leuchten, das den ganzen Abend da gewesen war, verschwand im Bruchteil einer Sekunde. "Dann macht's dir ja sicher nichts aus, wenn wir uns weiter hassen oder?", sagte sie recht schroff, hob ihre Tasche vom Boden auf und ließ mich dann dort sitzen. Das hatte ich nicht damit bezwecken wollen. Frustriert legte ich meinen Kopf in meine Hände.

Auch in dieser Nacht war an Schlaf nicht zu denken. Einerseits verstand ich ihr Verhalten nicht so recht, andererseits wollte ich sie bei mir haben, aber ich hatte nicht den Mut ihr zu schreiben. Außerdem wusste ich, dass sie ohnehin nicht noch einmal zu mir fahren würde. Nach einer Stunde, in der ich mich in meinem Bett hin und her gewälzt hatte, griff ich nach meinem Handy. Zu meiner Überraschung hatte ich eine Nachricht von Marcella.

Bitch 🤮

Bist du wach?

Ja, wieso?

Kann nicht schlafen... Eine rauchen?

In 10 Minuten im Park

Ich fragte mich, was sie um diese Uhrzeit von mir wollte. Schnell zog ich mir einen Hoodie und eine Jogginghose an, setzte eine Cap auf, packte meine Zigaretten und mein Handy in meine Hosentaschen und machte mich dann auf den Weg. Der Park lag genau auf halber Strecke zu ihrer Wohnung. Irgendwie war ich nervös, denn normalerweise, wenn ich mitten in der Nacht so eine Nachricht bekam, führte sie unweigerlich zu Sex. Marcella saß bereits auf einer Bank unter einer Straßenlaterne. Es war verdammt kalt, weswegen sie sich warm eingepackt hatte und eine Mütze trug. Ich setzte mich neben sie und kramte meine Zigaretten aus der Hosentasche. Keiner von uns sagte etwas, wir saßen einfach nur da und starrten in die Dunkelheit. Ich bemerkte, wie sie mich ansah. "Sascha?", fing sie an. "Hm?", antwortete ich darauf. Sie sagte nichts mehr, also sah ich zu ihr. Sanft legte sie ihre Lippen auf meine. Ich erwiderte sofort und ohne nachzudenken, legte ich meine Hand an ihre Wange. Damit hatte sich das mit dem einmaligen Ausrutscher erledigt.

Soltera. (UnsympathischTV)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt