Kapitel 11: La Rompe Corazones.

945 23 3
                                    

-"I know you're thinking I'm heartless, I know you're thinking I'm cold, I'm just protecting my innocence, I'm just protecting my soul."-

Es dauerte zwei Tage, bis ich endlich den Mut fasste, um zu ihr zu fahren. Ich wusste, dass sie zuhause war, weil ihr Auto vor dem Haus geparkt und die Tür zu ihrem Balkon geöffnet war - das war sie nur, wenn Marcella im Haus war. Auch wenn ich vor dem Wohnhaus stand, schaffte ich es einfach nicht, aus meinem Auto auszusteigen. Ich wusste nicht einmal wovor ich Angst hatte, sie konnte mir nicht mehr wehtun, als sie es ohnehin schon getan hatte. Mit zittriger Hand öffnete ich die Autotür und stieg aus. Zu meinem Glück kam gerade jemand aus dem Haus, weswegen ich durch die Tür schlüpfte und direkt nach oben ging. Sie hätte mir wahrscheinlich nicht geöffnet, wenn ich unten geklingelt hätte. Geschlagene fünf Minuten stand ich vor ihrer Wohnungstür, ohne etwas zu tun. Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich auf die Klingel mit dem Namen Martínez drückte. Es dauerte einige Sekunden, bis ich Geräusche hinter der Tür wahrnehmen konnte und sie sich auch endlich öffnete. Marcella hatte ein Lächeln auf ihren Lippen, welches jedoch direkt verschwand, als sie mich sah. Sofort versuchte sie die Tür wieder zu schließen, aber ich verhinderte das, indem ich meinen Fuß in ihre Wohnung stellte. "Können wir bitte reden?", fragte ich. "Ich wüsste nicht worüber.", entgegnete sie. "Stell dich nicht dumm, Marcella. Du weißt ganz genau worüber wir reden müssen.", sagte ich darauf leise. Sie seufzte kurz, nickte aber und öffnete die Tür komplett damit ich eintreten konnte. Ich wartete, bis sie die Tür hinter mir geschlossen hatte. "Wenn du reden willst, dann rede.", sagte sie schroff und ungeduldig. "Ich hab immer noch keine Antwort auf meine Nachricht von vorgestern bekommen und da du ja nicht ans Handy gehst, wusste ich mir nicht anders zu helfen.", fing ich an. Sie blieb still, also redete ich weiter:"Ich erwarte weder, dass du meine Gefühle erwiderst, noch, dass selbst wenn du's tust, du's zugeben würdest, aber du kannst mich nicht einfach so stehen lassen.". Auch dieses Mal sagte sie nichts und verschränkte nur ihre Arme vor ihrer Brust, während sie mich weiterhin mit einem ziemlich emotionslosen Gesichtsausdruck anstarrte. Eine geschlagene viertel Stunde war es still und ich wartete auf irgendeine Reaktion ihrerseits. "Kannst du mir jetzt bitte mal antworten?", fragte ich dann ungeduldig. Ich hatte diese Ungewissheit satt, auch wenn ich Angst vor dem hatte, was sie sagen würde, war mir das lieber, als mich ständig zu fragen, was passiert wäre. "Maldita sea. (Gott verdammt.)", murmelte sie vor sich hin, bevor sie tief durchatmete. "Sascha, das würde niemals funktionieren. Ich bin kein Beziehungsmensch und könnte dir niemals die Liebe geben, die du verdient hast.", erklärte sie, seufzend. Man konnte es ihr ansehen, dass das nicht die ganze Wahrheit war. Der emotionslose Gesichtsausdruck war durch einen unheimlich traurigen ersetzt worden. Mit so etwas hatte ich schon gerechnet und deswegen tat es weniger weh, es aus ihrem Mund zu hören. "Siento haberte roto el corazón. (Es tut mir Leid, dir das Herz zu brechen.)", flüsterte sie, als sie ihre Augen schloss. Da ich kein Wort Spanisch sprach, wusste ich nicht, was das bedeutete, aber ich war mir ziemlich sicher, dass es nichts gutes hieß. "Und... Und was machen wir jetzt?" hakte ich vorsichtig nach. "Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst." antwortete sie, während sie nach der Türklinke griff. Niedergeschlagen nickte ich und ging nach draußen. Das war es dann wohl.

Ein Monat, eine Woche und zwei Tage später - ja, ich hatte die Tage gezählt - lag ich zusammen mit Johanna, einer Freundin meiner Schwester, in meinem Bett. Nachdem Marcella mich gebeten hatte zu gehen, hatte ich beschlossen, sie hinter mich zu lassen. Irgendwie musste mein Leben weitergehen, also hatte ich mich mit Johanna verabredet. Sie war nett, süß und eigentlich alles, wonach ich suchte und trotzdem fehlte etwas. Wir waren noch kein Paar, aber es wurde langsam ernst zwischen uns. Je mehr Zeit ich mit ihr verbrachte, desto weniger dachte ich an Marcella, dennoch fehlte sie mir extrem. Ich vermisste es sogar, von ihr angeschrien und beleidigt zu werden, aber ich wusste auch, dass es nie wieder so werden würde wie vor unserem Ausrutscher. Johanna kuschelte sich an mich, was meinen Gedankenstrom kurz unterbrach. "An was denkst du?", murmelte sie im Halbschlaf. Sollte ich ehrlich sein oder sie anlügen? "Eine ehemalige Freundin.", antwortete ich seufzend. Da ich keine Antwort bekam, vermutete ich, dass Johanna eingeschlafen war. Während sie keine Probleme damit hatte einzuschlafen, lag ich mal wieder wach. Frustriert griff ich nach meinem Handy, ich wollte mich mit Instagram ein wenig ablenken. Ich folgte Marcella noch immer, sie hatte mich auch nicht geblockt - auch meine Nummer nicht -, aber sie hatte seit Wochen nichts mehr gepostet. Videos hatte sie auch keine mehr hochgeladen, es war, als wäre sie vom Erdboden verschluckt worden. Die Jungs hatten sie auch schon seit Wochen nicht mehr gesehen. Seufzend legte ich mein Handy wieder auf den Nachttisch und drückte Johanna fester an mich. Sie war wunderschön und ihr Körper war ein absoluter Traum und trotzdem gab es Tage, da konnte sie so verführerisch sein wie sie wollte und es regte sich einfach nichts. Marcella musste nicht einmal sexy angezogen sein, es reichte wenn sie mich nur am Arm berührte. Langsam wurden meine Augen schwer und es dauerte nicht mehr lange, bis ich endlich eingeschlafen war. Auch in meinen Träumen war sie anwesend, manchmal nur im Hintergrund, manchmal im Vordergrund - es kam immer darauf an, wie viel ich am jeweiligen Tag an sie gedacht hatte. In dieser Nacht war sie alles, woran ich denken konnte und es machte mich wahnsinnig, aber gleichzeitig war es die einzige Möglichkeit, ihr irgendwie nahe zu sein, auch wenn es nicht real war.

Am nächsten Tag saß ich Abends mit Johanna und den Jungs in Nicos Büro. Wir hatten gerade ein Video fertig gedreht, als es an der Tür klingelte. Tim sprang von seinem Platz auf, um sie zu öffnen. Man könnte nur hören, wie er jemanden herzlich begrüßte und dann kam er mit jemandem im Schlepptau zurück. "Schaut mal, wer wieder da ist." sagte er und trat zur Seite, damit wir die Person sehen konnte. Eine braungebrannte, strahlende Marcella stand vor uns und winkte jedem von uns zu. Nico sprang sofort auf und zog sie in eine Umarmung, die sie lachend erwiderte. "Wo zum Teufel warst du und warum konnten wir dich nicht erreichen?", fragte er sofort, nachdem er sich von ihr gelöst hatte. "Ich hab meine Großeltern in Puerto Rico besucht.", antwortete Marcella und umarmte danach sofort Peter und Shpendi. Mir winkte sie nur zu, bis auf Nico dachten die Jungs ja immer noch, wir würden uns hassen. Mein Herz sprang mir fast aus der Brust. Ich hatte gedacht, meine Gefühle wären wenigstens schwächer geworden, aber das waren sie nicht. Im Gegenteil, ich fühlte mich als wäre sie nie weg gewesen und als würde ich gleich an einer Herzattacke sterben. Marcellas Lächeln verschwand, als sie Johanna auf meinem Schoß sitzen sah und ich wusste sofort, dass es ihr genauso ging wie mir.

Soltera. (UnsympathischTV)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt