7. Dezember 2018

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Ich wurde von einem rhythmischen Klopfen geweckt, das sehr nach Glas klang.
Erst hatte ich es gar nicht bemerkt, doch nach fünf Minuten hatte ich mir grummelnd die Decke von den Beinen geschlagen und blinzelte in Richtung des Fensters, denn obwohl der Himmel wolkenverhangen war, war es sehr hell und meine, vom Schlaf vernebelte Sicht, bereitete mir kurze Kopfschmerzen.
Als sich meine Augen schließlich an die Lichtverhältnisse angepasst hatten, entdeckte ich die kleine, mir wohl bekannte Eule... Pigwidgeon! Ich mochte den braunen Kauz, doch der Brief, der in seinem Schnabel steckte, brachte meine Laune auf den Tiefpunkt, noch bevor ich ihn gelesen hatte.
Ich schlurfte ohne jegliche Motivation ins Bad, sah in den Spiegel, erschrak kurz vor der verwahrlosten Silhouette, die mein Spiegelbild verkörpern sollte und entschied, dass es vielleicht besser wäre, wenn ich heute nicht zur Arbeit gehen würde.
Ich hoffte sehr, dass Malfoy mich verstünde, nach dem, was alles in weniger als einer Woche passiert war...

Ich schrieb eine kurze Nachricht in der nur stand, dass ich überarbeitet und geschafft wegen den Ereignissen der letzten Woche war und gerne für einen Tag von der Arbeit befreit werden würde. Mit den plüschigen Rentierschlappen, die ich vor ein paar Wochen aus Spaß in Deutschland gekauft hatte, als ich wegen geschäftlicher Bedingungen dort hin reisen musste, trottete ich rüber in das Zimmer von Hugo und holte meine Eule, die ich während er Schulzeit immer in seinem Zimmer hielt, aus ihrem vergoldeten Käfig und sprach kurz mit ihr. Eine herminische Angewohnheit war es, mit allem zu kommunizieren, das irgendwie lebte... und mit einem Buch.   Ich lächelte meine Eule leicht wehmütig an und sagte in dieser typischen Kleinkindersprache zu ihr:,, Na meine süße Jojo, du bekommst von alledem hier Garnichts mit. Hab ich Recht?" Ich strich ihr über das weiche, weiße Gefieder und tat so, als könnte sie mich tatsächlich verstehen. ,,Sei froh, dass ihr Eulen nicht heiratet! Ihr bekommt einfach so eure Eier, zieht die Babys groß und wenn sie alt genug sind, seht ihr euch alle nie wieder. Wenn das bei uns nur so einfach wäre... Also meine Hübsche, würdest du für mich was zum Chef bringen? Würdest du das für mich tun?" Die Eule schmiegte ihren Kopf in meine Hand und ich steckte ihr den Brief in den Schnabel. Kurz öffnete ich das Fenster und Jojo flog raus - in Richtung Zaubereiministerium.

Ich hatte mich wieder schlafen gelegt, doch wachte ich schon nach kurzer Zeit wieder auf, weil mir der Brief von Weasley mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Eigentlich hatte ich diese Woche gelernt, nichts zu lesen, das mir von vornerein komisch vorkam. Doch die menschliche Psyche war wohl sehr neugierig und so ging ich in die Küche, um den Brief zu holen.

 Ziemlich unentschlossen saß ich fünf  Minuten später auf meinem Bett und starrte den gelbliche Briefumschlag in meinen Händen an. Ein schwarzer Schriftzug, verfasst in einer krakeligen Handschrift, zeigte den Adressaten an und dieser war dummerweise ich. Diese krakelige Handschrift gab es auf der ganzen Welt nur einmal und sie gehörte dem Menschen, mit dem ich am aller wenigsten zu tun haben wollte- Ronald Weasley. Missmutig riss ich den Umschlag auf und faltete das schlampig zusammen gefaltete Stück Papier auf. Ich begann zu lesen und war bereits nach den ersten Zeilen überrascht. Ich hatte eine Schnulze vom aller feinsten erwartet; so etwas wie liebste Hermine, ich vermisse dich so sehr und komme schon bald zurück, weil ich es ohne dich einfach nicht aushalte. Aber was wirklich drin stand, verblüffte mich ernsthaft:

Ich würde jetzt wie gewohnt mit ,,liebste Hermine" anfangen, aber ich sollte wohl besser etwas wie ,,Sehr geehrte Mrs. Granger" schreiben.                                                                                                        Ich habe die Zeitung gelesen (ich lasse mir den Tagespropheten nach New York schicken) und war entsetzt. Das Bild von mir und Cho ist echt und ich wollte es dir schon vor langer Zeit beichten, aber ich fand nie den richtigen Zeitpunkt. Das Jobangebot im MACUSA habe ich dann als Chance gesehen, dir die Wahrheit nicht sagen zu müssen. Hermine, ich liebe dich über alles und das mit Cho war ein versehen. Ich war betrunken, sie war auch dort und dann waren wir wohl beide nicht ganz bei Sinnen. Dieses Kind, das dabei entstanden ist, war ein Unfall und egal, was sie dir erzählt, wir sind nicht wirklich verheiratet. Die magische Gesellschaft und vor allem ihre Familie fand es empörend, dass ihre Tochter unverheiratet ein Kind gezeugt hat. Deswegen mussten wir kurzfristig eine Scheinehe führen und sie hat einfach zu viel in diese vorgetäuschte Beziehung hinein interpretiert. Bitte verzeih mir meine Unachtsamkeit und meine Trunkenheit vor dreieinhalb Jahren. Und bitte erzähl Rosy und Hugo nichts davon.                                              Dein, dich fortwährend liebender, Ron

Ich konnte kaum glauben, was Ron sich mal wieder für einen Mist zusammengereimt hatte. Ich wusste tatsächlich die nächsten Minuten nicht, was ich tun sollte und saß fast wie erstarrt auf meinem Bett. Leise Tränen rannen meine Wangen hinab und obwohl ich meinen Mann im diesem Moment mehr als alles andere hasste, schrie mein ohnehin schon angeknackstes Herz, dass er der liebenswürdigste Mensch war und ich ihn immer noch liebte. Den restlichen Tag war ich wie in einem Paralleluniversum gefangen; ich hockte nur im Bett oder am Küchentisch, während ich eine Tasse Tee nach der anderen in mich rein schüttete und meine Gedanken in dem frischen Earl Grey, den ich im November von Ginny geschenkt bekommen hatte, ertränkte. Gegen Abend, als die Straßenlaternen schon an gegangen waren, man in der Küche kaum noch was sah, weil die Deckenlampe nicht mehr funktionierte und als das letzte bisschen Tee ausgetrunken war, wachte ich langsam aus meinem Tagtraum auf und schleppte mich ins Bett. 

Liebes Tagebuch, ich weiß nicht, was mein Leben im Moment gegen mich hat, aber es soll dringend aufhören! Vielleicht besuche ich morgen Ginny und Harry und frage sie, was ich jetzt tun soll. Ich weiß, dass ist jetzt paranoid, aber wenn das hier jemals jemand lesen sollte, dann werfe ich mich dem Kraken im schwarzen See vor - wie auch immer ich nach Hogwarts komme, ich werde es tun. Aber Danke, dass du mir zuhörst, mir beim einschlafen und vergessen hilfst. Du bist nur ein Buch und ich habe mich schon vor ziemlich genau einer Woche darüber beschwert, wie dämlich diese Anrede ,,Liebes Tagebuch" klingt, aber mittlerweile kann ich all die seelisch instabilen Mädchen verstehen, die sich Abend für Abend in ihr Bett kuscheln, eine Tafel Schokolade nach der anderen verputzen und an PMS leiden. Also liebes Tagebuch, gute Nacht.






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Coffee, Granger?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt