Kapitel 40 - Nichts als die Wahrheit

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Meine Mutter hielt mich noch immer in ihren Armen als es unten klingelte. Verwundert sahen wir beide auf und ich wischte schnell meine Tränen weg.

"Ich geh und mach auf.", murmelte sie und strich mir nocheinmal beruhigend über den Kopf.

Ich ging wieder in mein Zimmer und vergrub mich unter meiner Bettdecke.

Doch ich hörte wie jemand mein Zimmer betrat.

"Was ist los?", fragte mich eine sanfte Stimme.

Luke.

"Der Unfall mit Elisa wühlt mich einfach auf.", erwiderte ich ausweichend und hoffte ich sah nicht allzu verheult aus.

Er setzte sich zu mir. "Ich hab das Gefühl da ist noch mehr was dich aufwühlt.", stellte er fest, doch ich wusste das es mehr eine Frage war.

Sollte ich ihm von Alex erzählen? Von ihrem Unfall? Von meinen Depressionen die ich seitdem hatte, aber gut vor allen versteckte?

Ich entschied mich für ja.

"Es ist nicht sehr einfach für mich dir das zu erzählen.", begann ich und meine Stimme zitterte.

Überrascht aber verständnisvoll sah er mich an. "Wenn du es nicht erzählen willst, ist das nicht so schlimm.", murmelte er leise. "Wenn es dich zu sehr mitnimmt."

Ich lachte bitter. "Es wird mich auf ewig mitnehmen. Ob ich es dir jetzt oder später erzähle. Es wird immer schmerzen."

"Okay.", sagte er und nahm meine Hand.

Ich schluckte und wusste nicht wie ich beginnen sollte.

"Ich hatte mal eine Zwillingsschwester.", sagte ich einfach nur und beobachtete seine Reaktion.

Seine Augen wurden groß und erschrocken sah er mich an. "Wie du hattest?"

Traurig nickte ich. "Sie kam ums Leben bei einem Springturnier. Sie hat sich das Genick gebrochen und ich war dabei."

Wieder rannen Tränen über mein Gesicht und ich fragte mich wie viel ein Mensch an nur einem Tag weinen konnte.

"Oh Gott, das tut mir so Leid.", hauchte Luke und nahm mich fest in den Arm. "Wann...wann war das?"

"Vor drei Jahren.", murmelte ich. "Danach sind wir hierher gezogen und der einzige Mensch der davon weiß ist Elisa. Deshalb konnte ich heute nicht ins Krankenhaus. Ich...ich will sie nicht auch noch verlieren."

"Ich versteh das.", flüsterte Luke geschockt. "Wenn ich mir vorstelle, dass ich plötzlich Tommy verlieren würde...eine Welt würde zusammenbrechen. Und ihr...ihr ward sogar Zwillinge."

"Wir standen uns sehr nahe.", lächelte ich unter Tränen. "Sie war wie meine beste Freundin. Der wichtigste Mensch in meinem Leben."

"Wie bist du damit klargekommen?"

Meine Miene wurde hart. "Gar nicht. Seit ihrem Tod ist auch ein großer Teil in mir gestorben. Ich vermisse sie einfach jeden Tag."

Er nickte: "Verständlich. Aber warum hast du es sonst niemanden erzählt?"

Ich zuckte meine Schultern. "Es ist einfacher so zu tun, als wäre nichts passiert. Niemanden zu sagen, dass ich mal eine Schwester hatte. Manchmal ist es einfacher zu verdrängen."

"Aber es kommt doch wieder hoch irgendwann, oder nicht?"

"Es kommt jeden Tag hoch.", flüsterte ich leise. "Seitdem sie weg ist habe ich Depressionen. Mein Leben ist ein einziger Kampf. Wenn...wenn ich am Bahnhof stehe überlege ich manchmal einfach vor dem Zug zu springen. Um mich zu erlösen. Das einzige was mich hält ist Elisa, meine Familie und du."

Luke sah mich sanft an. "Ich werd immer für dich dasein! Versprochen. Ich werde versuchen dich wieder glücklich zu machen."

Ich lächelte. "Das hast du bereits. Einfach das du hier bist...das bedeutet mir viel. Meine Wunde wird nie ganz verheilt sein, aber mit den richtigen Leuten wird sie auch nicht so doll schmerzen."

Wir lagen noch eine Weile zusammen auf meinem Bett und schwiegen. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Aber Luke ließ mich die ganze Zeit nicht los und ich war ihm unendlich dankbar.

Ich fragte mich wie Alex das finden würde.

Vermutlich würde sie grinsen wenn sie uns so sehen würde und sagen: "Ihr seht aus wie zwei Trauerklöße."

Sie würde nicht wollen, dass ich mein ganzes Leben lang unglücklich war. Sie würde wollen, dass ich Spaß hatte und unsere Ziele die wir einst hatten umsetzen würde.

Ich sah sie direkt vor mir. Wie sie, so wie immer, siegessicher lächelte und ihre ebenfalls grüne Augen würden blitzen vor Spott.

Ich würde glücklich werden, ihr zuliebe.

Das war ich ihr einfach schuldig.

Bad Boys do it betterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt