- ARTIKEL DER WOCHE –
Vorurteile über Dinosaurier
Wenn man Kinder nach einem Tier aus der Urzeit fragt, so fällt den meisten zuerst das Wort „Dinosaurier" ein. Sie sind die wohl bekanntesten ausgestorbenen Tiere, und auf die meisten Menschen trifft wohl zu, dass sie bei diesem Wort sofort einige Bilder oder ihre geheimnisvoll klingenden Namen im Kopf haben.
Mit Dinosauriern verbinden wir ganz bestimmte Eigenschaften: Sie sind groß. Sie sind wild und gefährlich und geben deshalb die idealen Filmmonster ab. Sie sind nicht sehr clever, eigentlich eher dumm. Und sie sind (vielleicht auch gerade deshalb) heute allesamt ausgestorben. Jedoch ist keine einzige dieser Aussagen auch nur ansatzweise richtig!
Obwohl einige Dinosaurierarten wirklich gewaltig groß wurden, waren doch nicht alle von ihnen Riesen. Kein einziger Dinosaurier erreichte jemals die Ausmaße und das Gewicht eines heutigen Blauwals. Und sehen wir einmal von den gewaltigen Sauropoden (den langhalsigen Pflanzenfressern= ab, so kam nur eine Handvoll weiterer Arten an die Größe eines heutigen Elefantenbullen heran. Genaugenommen trifft auf die meisten Dinosaurierarten zu, dass sie im Durchschnitt auch nicht größer waren als heutige Tiere. Unter den Dinosauriern gab sogar regelechte Zwerge, die sogar noch kleiner waren als eine Hauskatze oder ein Huhn!
Besonders gefährlich dürften diese kleinen Tierchen also nicht gerade gewesen sein. Und auch auf alle anderen trifft zu, dass sie keine Hollywood-Monster, sondern ganz normale Tiere waren, deren Alltag auch nicht interessanter oder aufregender ablief als der eines Löwen oder Bisons. Auch wenn einige Fleischfresser (Carnivoren) einem das Blut in den Adern gefrieren lassen, wenn man nur ihre rekonstruierten Skelette betrachtet, so waren doch die allermeisten Dinosaurier friedliche Pflanzenfresser (Herbivoren): In einem Dinosaurier-Ökosystem kam kamen auf 95 Herbivoren aber gerade einmal 5 Carnivoren.
Doch hatten auch einige Herbivoren im Laufe der Evolution gefährliche Waffen hervorgebracht: Die Stegosaurier hatten z.B. Stacheln und Knochenplatten, die Ceratopsier hatten Hörner und Nackenschilde, die Pachycephalosaurier eine wuchtige Schädelkuppel und die Ankylosaurier sogar einen komplett gepanzerten Körper, selbst ihre Augenlieder waren gepanzert. Als Angriffswaffe besaßen manche Arten zusätzlich eine gefährliche Schwanzkeule, mit denen sie die Knochen ihrer Angreifer mühelos zerschlagen konnten. Aber auch wenn diese Tiere mitunter sehr gefährlich sein konnten: Genau wie jedes andere Tier kämpfte ein Dinosaurier nur dann, wenn es keinen anderen Ausweg für ihn gab. Wenn wir uns also vorstellen, dass Dinosaurier stndig nur am Kämpfen waren und sofort übereinander herfielen, wenn sie sich erblickten, tun wir ihnen in jedem Fall unrecht.
Dass Dinosaurier nicht klug waren, ist wieder nur eine Halbwahrheit. Zugegeben, einige Arten waren sicherlich keine Intelligenzbestien: Die gepanzerten Stegosaurier und Ankylosaurier hatten bei einem Körpergewicht von mehreren Tonnen ein Gehirn, das nicht einmal so groß war wie ein Golfball. Und selbst die größten Arten der Sauropoden, die die Länge eines Tennisplatzes und die Höhe eines fünfstöckigen Gebäudes erreichten, hatten nur recht kleine Schädel mit einem Gehirn von der Größe einer Mandarine, so dass die Wissenschaftler sich lange Zeit nicht erklären konnten, wie ihre gewaltigen Körperüberhaupt gesteuert werden konnten.
Das Geheimnis der Intelligenz liegt jedoch nicht in der Größe, sondern im Aufbau des Gehirns. In früheren Zeiten haben Wissenschaftler oft den Fehler gemacht, Dinosaurierintelligenz mit einer Formel aus dem Verhältnis zwischen Körpergewicht und Gehirnvolumen zu ermitteln, die sie auch bei heutigen Großsäugetieren wie Elefanten oder Nashörnern anwenden. Diese Formel ist aber auf Dinosaurier nicht übertragbar, da ihr Gehirn nicht wie das eines Säugetiers, sondern wie das eines Vogels oder eines Krokodils aufgebaut gewesen sein dürfte, die ihre engsten Verwandten sind.
Legen wir einen solchen Aufbau zugrunde, so waren die Dichte und die Verknüpfungen der Nervenzellen in einem Dinosauriergehirn sehr wahrscheinlich viel enger als bei einem Säugetier, sogar enger als bei uns Menschen! Deshalb kamen Dinosaurier auch mit einem kleineren Gehirn aus. Neuere Untersuchungen kamen zu dem Schluss, dass Raubsaurier mindestens so intelligent gewesen waren die Greifvögel unserer Zeit. Die Dinosaurier mit den verhältnismäßig größten Gehirnen waren die Troodontiden, enge Verwandte der bekannteren Raptoren. Natürlich können wir heute nicht mehr ihr Verhalten studieren und Rückschlüsse auf ihre Intelligenz ziehen, aber vielleicht waren diese Tiere sogar so intelligent wie Papageien oder Krähen – und diese gehören zu den cleversten Tieren unserer Zeit!
Apropos Papageien und Krähen: Die Letze der anfangs aufgestellten Thesen, dass die Dinosaurier alle ausgestorben sind, wird durch sie widerlegt. Viele Jahrzehnte lang galten Dinosaurier als ein Inbegriff des Versagens, sogar als Fehler der Evolution: Obwohl riesenhaft groß und stark, seien sie doch nicht imstande gewesen, sich an die Veränderungen der Umwelt anzupassen und deshalb alle ausgestorben.
Mittlerweile herrscht bei den Wissenschaftlern jedoch weitestgehend Einigkeit darüber, dass alle heute lebenden Vögel die Nachfahren der Dinosaurier sind. Die meisten gehen sogar so weit zu sagen, dass Dinosaurier und Vögel genug gemeinsame Merkmale haben, dass man sie in dieselbe Tiergruppe stellen muss. Folgt man dieser Theorie, so sind Dinosaurier keineswegs ausgestorben, sondern leben noch immer als die artenreichste Tiergruppe unter den Landwirbeltieren unter uns: Jedes dritte Landtier auf der Erde ist ein Vogel, womit die Dinosaurier noch heute viel erfolgreicher als die Säugetiere sind.
Trivia:
In "Die weißen Steine" wird versucht, dieses althergebrachte Bild der Dinosaurier zu überwinden. Die Dinosaurier werden dort als dynamische und intelligente Tiere dargestellt, die alle ihr eigenes und zum Teil sehr komplexes Sozialverhalten zeigen.
Natürlich erlebt der Leser dort auch reichlich Action mit Dinosauriern, doch nicht wegen einer blutrünstigen Willkür der Urzeitmonster, sondern weil der Mensch - wie so oft - sich ohne Respekt gegenüber seiner Umwelt verhält, Fehler macht und sich leichtfertig selbst in Gefahr begibt. In der Geschichte ist aber kein Dinosaurier ein "Schurke":
Übrigens: Das Titelbild zeit einen Velociraptor, wie er in den Jurassic-Filmen dargestellt wird im Vergleich mit einem Dinosaurier, wie er nach den Rekonstruktionen der Wissenschaft TATSÄCHLICH ausgesehen haben sollte.
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Neue Alte Welt - Die Weißen Steine, Band I
AventuraIn Panik flieht Moritz durch den Wald. Er wird gejagt, spürt bereits den heißen Atem des Todes in seinem Nacken. Ein Ungeheuer aus längst vergangenen Zeiten ist ihm auf den Fersen, ihm und seiner ganzen Klasse, mit denen er sich eigentlich auf eine...