Teil 19

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Nachdem Kloppo eine Ansprache gehalten hat, die die betrübte Stimmung heben sollte, ging es erst richtig los. Ich glaube niemand ist an diesem Abend nüchtern geblieben. Auch ich hatte schon ordentlich was intus, als plötzlich mein Handy vibrierte. Ich bahnte mir den Weg durch die Menschenmasse, um ein halbwegs ruhiges Plätzchen zu finden, denn die Musik war wirklich sehr laut. "Ja, hallo?" "Jamie? Wo zum Henker steckst du? Hier ist die Hölle los verdammt!", brüllte mir mein Chef ins Ohr. "Wie? Ich hab mir doch frei genommen?" "Ja, aber nur für gestern. Und wenn ich dich dran erinnern darf, haben wir heute eine Privatveranstaltung, weswegen du auch heute arbeiten solltest!" Fuck, das hatte ich total verpennt! "Verdammt! Es tut mir schrecklich leid...das hab ich total vergessen! Ich würde ja vorbeikommen, aber ich bin in Berlin." "Es reicht Jamie. Du hast schon eine Abmahnung bekommen, ich werd dir jetzt die Kündigung schicken." "Was? Nein, bitte, das kann doch mal passieren und-" "Du bist schon seit einiger Zeit nicht mehr so bei der Sache wie früher. Irgendwann reicht es. Auf Wiedersehen." Dann legte er auf. Möchte dieser Abend vielleicht noch beschissener werden? Selbst schuld, wenn du vergisst, dir für zwei Tage frei zu nehmen. Oh danke, das hab ich jetzt gebraucht.

"Da bist du ja", ertönte auf einmal Marcos besorgte Stimme, "Ist alles okay?" "Ich wurde gerade gefeuert. Weil ich vergessen habe, mir für zwei Tage frei zu nehmen und heute eine Privatparty im View ist. Außerdem hatte ich schon eine Abmahnung." "Fuck", nuschelte Marco und umarmte mich.

Der gesteigerten schlechte Laune zu Schulden, war ich am Ende des Abends, besser gesagt früh am nächsten Morgen, betrunken wie sau. Ich hab keine Ahnung, wann wir ins Bett gegangen sind, als Marco mich einige Stunden später, ich schätze es ist mittlerweile Mittag, mit sanften Küssen auf der Wange weckte. "Baby, wach auf. Es gibt Frühstück", hauchte er mir ins Ohr. Statt zu Antworten, gab ich nur ein brummen von mir, drehte mich und zog mir die Bettdecke über den Kopf, der sich anfühlte, als ob darin die Party des Jahrhunderts stieg. Ich brauchte gefühlte Ewigkeiten, um mich aufzuraffen, ins Bad zu gehen und mich halbwegs ansehnlich in Richtung Speisesaal begab. Hunger hatte ich überhaupt nicht, aber für einen schwarzen Kaffe würde ich gerade sehr viel tun. "Na, brummt der Kopf?", zog Erik mich auf, als Marco und ich uns zu ihm und Kevin an den Tisch setzten. Statt einer Antwort bekam er einen bösen Blick von mir und ich trank einfach still meinen Kaffee. Nach dem Frühstück schlenderten wir wieder auf unser Zimmer und packten unseren Koffer, da es in einer Stunde direkt zum Flughafen ging. Während der ganzen Warterei checkte ich das Internet ab und fand eine Fotogalerie, in der sich Bilder befanden, die gestern Abend beim Empfang auf der Party gemacht wurden. Das Bild von Marco und mir fand ich ehrlich gesagt echt schön. Durch meine High-Heels wirkte ich nicht mehr ganz so klein neben ihm, außerdem hatte er seinen linken Arm um meine Hüfte gelegt und ich meine rechte Hand auf seinen Rücken. Da es mir so gut gefiel, lud ich es mir herunter und benutzte es als Hintergrund.

Endlich zu Hause angekommen, fiel ich nur noch ins Bett und schlief sofort ein.

Zwei Tage später fuhr ich Erik und Marco mit gepackten Koffern, in Eriks Auto, da in meinem nur Platz für zwei ist, zum Flughafen. Für die beiden begann nun die Vorbereitung auf Brasilien. Marco hat am Samstag Geburtstag, aber da ich nicht zu ihm kann, feiern wir seinen Geburtstag am 6.6 nach, wenn der DFB in  Mainz gegen Armenien den letzten Test bestritt.

Am Flughafen angekommen begleitete ich die Jungs noch bis zum Ticketschalter. "Machs gut Kleine, bau keinen scheiß ja, ich will, wenn ich zurück komme, dass das Loft noch steht!", grinste Erik, nahm mich in den Arm und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Mal sehen was sich machen lässt. Pass du mir auf meinen Freund auf, ja?", gab ich zurück. "Mal sehen was sich machen lässt", äffte er mich nach, "Wir sehen uns in Mainz. Bis dann!" "Tschüüüss, viel Erfolg!" Während Erik sich schon mal zur Sicherheitskontrolle begab, musste ich mich von Marco verabschieden. Er umarmte mich fest und sagte: "Du wirst mir schrecklich fehlen Schatz. Pass gut auf dich auf, ja?" "Du mir auch...Klar, mach ich." Er löste sich von mir, legte seine Hände auf meine Wangen und beugte sich leicht zu mir herunter, während ich ihm entgegen kam und mich, die Hände an seinen Hüften liegend, auf die Zehenspitzen stellte. Dann küssten wir uns. Lange, liebevoll, intensiv. "Ich liebe dich Jamie", hauchte er an meine Lippen. "Ich liebe dich auch Marco", erwiderte ich und legte meine Lippen erneut auf seine. "Bis bald." "Bis bald." Ich blieb noch so lange stehen, bis ich Marco nicht mehr sehen konnte, dann ging ich zurück zum Auto und fuhr nach Hause.

Freundschaft oder Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt