Freundschaft oder Liebe?

Teil 16

"Ich...ich sollte jetzt schlafen gehen", wisperte ich, als ich Marcos warmen Atem schon auf meiner Haut spürte. Schlagartig zog er seinen Kopf zurück und fuhr sich nervös durchs Haar: "Ja...dann ähm, schlaf gut! Und danke nochmal." Ich schenkte ihm ein kurzes Lächeln, sagte "Gute Nacht" und verschwand in mein Zimmer.

Fuck man was war das bitte? Fast hätte ich meinen besten Freund geküsst. Oder er mich?

<<Eriks Sicht>>

"Marco wir müssen jetzt echt los!", rief ich durchs Loft. Marco hatte total verpennt, aber wenn wir jetzt nicht losfahren, kommen wir zu spät zum Training. Gerade so schafften wir es noch pünktlich und hasteten zu den Kabinen.

Wenig später auf dem Platz war Marco komplett unkonzentriert. Irgendwas belastete ihn, ich wusste nur nicht was - noch nicht. In einer kurzen Pause nahm ich ihn beiseite: "Marco, man, was ist los mit dir? Du bist überhaupt nicht bei der Sache. Ist es noch wegen Stella?" "Nein...es ist nicht wegen Stella, es ist weil - ich hab mich mit Jamie ausgesprochen." "Das ist doch gut?" "Ja natürlich ist das gut. Aber nicht, dass ich sie fast geküsst habe und sie darauf hin abgehauen ist verdammt!", sagte Marco lauter als gedacht, "Ich bin so ein scheiß Idiot man, ich wollte, dass es zwischen uns so wie früher wird und jetzt? Sie wird mir doch nur noch aus dem Weg gehen!"

Ich dachte ja sowieso schon immer, dass zwischen den beiden einmal mehr als nur Freundschaft sein wird. "Nein, das glaub ich nicht. Ich werd später mal mit ihr reden. Das wird wieder Marco, mach dich nicht selbst verrückt. Aber sag mal...warum hast du versucht sie zu küssen?" "Weil...ich weiß nicht, ich war einfach überglücklich, dass sie mir verziehen hat und...naja, es war einfach die Situation - ich hab keine Ahnung." Er redete sich um Kopf und Kragen, deshalb fragte ich einfach gerade raus: "Du hast dich in sie verliebt oder?"

Bevor er antworten konnte, hörten wir, wie Kloppo unsere Namen schrie, das Training ging weiter.

Als ich nach dem Training aus der Kabine kam, musste ich feststellen, dass Marco ohne mich gefahren ist. Klasse, ich hoffe jemand kann mich mitnehmen. Außerdem schuldet er mir noch eine Antwort.

Etwa 20 Minuten später kam ich im Loft an, Mats war so frei und hat mich mitgenommen. Marco war allerdings nicht hier, sein Auto war nicht da. Naja, eigentlich passt das ganz gut, so kann ich erst mit Jamie reden, also klopfte ich an ihre Zimmertür. Keine Reaktion, also öffnete ich einfach. Sie saß mit dem Rücken zu mir auf ihrem Bett und hatte Kopfhörer auf, kein Wunder, dass sie mich nicht gehört hat. Ich ging auf sie zu und tippte ihr auf die Schulter, woraufhin ein kurzer Schrei zu hören war. "Oh mein Gott, Erik, mach das nie wieder, hörst du!", rief Jamie, als sie sich die Kopfhörer abnahm. "Tut mir leid, aber du hättest mich sowieso nicht gehört, da blieb mir ja nichts anderes übrig", grinste ich und setzte mich zu ihr. "Hör mal, ich muss mit dir reden." Ihr Lächeln verschwand: "Ja...ich auch mit dir. Marco?" "Marco", bestätigte ich und fuhr fort, "Er hat mir von eurem Beinahe-Kuss erzählt. Und jetzt hat er Angst, dass du ihm aus dem Weg gehst, obwohl ihr euch erst wieder vertragen habt." "Das will ich gar nicht, aber ich weiß auch nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich meine...er ist doch mein bester Freund, oder nicht?" In ihren blauen Augen sah ich die Verzweiflung und ihre Stimme klang gebrochen. "Weißt du...er wird immer deiner bester Freund sein. Aber naja, sei mir nicht böse, findest du nicht, da ist mehr zwischen euch? Ihr zofft euch wegen Beziehungen, sobald diese vorbei sind, ist wieder alles gut."

<<Jamies Sicht>>

Erik sprach genau das aus, worüber ich mir schon länger den Kopf zerbreche. War es mittlerweile mehr, als NUR diese Freundschaft? Hatte ich tiefere Gefühle für Marco? Oder er für mich? Könnte eine Beziehung zwischen uns überhaupt funktionieren? So viele Fragen, auf die ich keine Antwort hatte.

Später am Abend, als Marco auch wieder da war und ich ihm auf Eriks Rat hin versichert hatte, dass zwischen uns alles gut ist, hockten wir drei auf der Couch und schauten uns einen Film an.

Marco wollte unbedingt ein Bild auf Instagram posten, also machten wir ein Selfie, auf dem die Jungs die Zunge rausstreckten und ich ein Duckface machte.

"✌♥ #bestewg" schrieb Marco dazu und markierte Erik und mich. Ich hatte kein Problem damit, denn Marco postet öfter gemeinsame Bilder von uns. Wirklich negative Kommentare gab es auch nicht, die ein oder andere war schon neidisch, aber die meisten hatten mich einfach als seine beste Freundin und Mitbewohnerin akzeptiert, weshalb ich mein Profil auch öffentlich habe.

Als ich am nächsten Tag erschöpft von der Arbeit kam, brannte im Wohnzimmer noch Licht.