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Jetzt bin ich also nicht nur ein Dieb und Drogenkonsument, sondern auch noch Dealer.
Naja, ich weiß ja nicht, was genau in dem Paket ist, aber auf dem Zettel steht eine Adresse, die mich direkt in die Stadt führt.
Die Stadt, in der ich früher gewohnt habe..

Na super, soll ich da jetzt einfach so hinstolzieren, einem Fremden das Paket in die Hand drücken und bin dann wieder frei?
Ich kann mir kaum vorstellen, dass es so einfach ist. Immerhin hätte dieser Typ es ja dann auch selbst ausliefern können.

"Montag", grummle ich, als ich an dem Morgen aufwache. Es sind ein paar Tage vergangen seit dem ich dieses Paket bei mir habe und noch ist nichts merkwürdiges geschehen.
Es scheint wohl wirklich einfach nur eine Lieferung zu sein. Natürlich könnte sich in dem Paket etwas illegales befinden, aber ich kann mir in meiner Situation gerade echt nicht ausmalen, weshalb er unbedingt mich dazu erpressen muss, es auszuliefern. "Wahrscheinlich ist er einfach nur zu feige", flüstere ich, während ich mir weiterhin Gedanken um das Ganze mache, denn ganz so Wohl ist mir dabei trotzdem noch nicht.

Auf den Zettel, den ich dazu bekommen habe, steht eine Adresse. Ich habe mich bereits schlau gemacht, wie ich da hinkommen könnte. Da ich tagsüber losfahre, sage ich meinem Vater, ich würde alte Freunde besuchen gehen.
Mein Vater ist natürlich vorerst skeptisch. Denn er weiß genau, dass ich mich früher, als wir noch in der Stadt wohnten, meistens nur mit anderen Leuten getroffen habe, die auch gewalttätig oder drogenabhängig waren.
Ich sehe ihm seine Sorgen an.
"Es sind wirklich nur alte Freunde", betone ich nochmals. Es tut mir irgendwie weh, meinen Vater in letzter Zeit so oft anlügen zu müssen.

Und dann ist es soweit. Ich sitze in der Bahn und fahre in Richtung Stadt. Meine alte Heimat sozusagen, doch ich hätte mir gewünscht, wenn ich irgendwann mal wieder hierher zurück kommen würde, dann aus einem schöneren Grund. Ich habe ja mit dem Gedanken gespielt wieder herzuziehen, sobald ich ausziehe. Aber nein. Der Grund weshalb ich wieder herkomme, ist weil ich erpresst werde und das weil ich gestohlen habe. Und wieso habe ich gestohlen? Um mir meine Drogen zu finanzieren. Besser hätte es echt nicht kommen können.

Ich steige am Hauptbahnhof aus und verlasse den Bahnhof. Da bin ich nun. Schnell rasen durchgängig Autos an mir vorbei und von überall hört man Leute durcheinander reden.
Ich habe das Großstadtleben und den Trubel echt vermisst. Anders als in einem Dorf ist hier immer was los und das gefällt mir.
Doch zu aller erst einmal muss ich mich zu Recht finden, denn die Adresse, die ich hier habe, kenne ich überhaupt nicht.

Nachdem ich ein wenig durch die Hauptstraße gelaufen bin und mich nach Leuten umgesehen habe, die einigermaßen sympathisch aussehen, sodass ich sie ansprechen könnte, fällt mir eine Person ganz besonders auf. Ein Junge, etwa in meinem Alter, der aus der entgegengesetzten Richtung an mir vorbeiläuft. Ich habe keine Ahnung, ob ich ihn nun sympathisch finde oder einfach nur auf ihm zugehen möchte, weil ich ihn irgendwie süß finde. Aber wenn er mich schon anmacht, ist das dann nicht auch irgendwie eine Art von Sympathie? Ich sage einfach mal Ja!
"Hey", rufe ich ihm also zu und er schaut sogar kurz zu mir zurück, scheint sich allerdings unsicher zu sein, ob ich ihn ansprechen wollte.
Ich gehe auf ihn zu.
"Entschuldigung, kennen wir uns?", fragt er unsicher.
"Nein, ich wollte dich nur etwas fragen".
"In Ordnung, was willst du wissen?"
"Kennst du diese Adresse?"
Ich zeige ihm den Zettel, auf dem die Adresse steht. Ob ich ihm auch noch sagen soll, dass ich ihn süß finde? Das wäre jetzt wahrscheinlich etwas zu willkürlich.
"Ich kenne sie nicht, tut mir leid, aber ich kann kurz nachschauen".
Er hebt seine rechte Hand an, in der er sein Handy schon die ganze Zeit gehalten hat.
Erst jetzt fällt mir auch ein, dass ich einfach im Internet hätte schauen können, wie ich zu dieser Adresse gelange.
Er entsperrt sein Handy und anscheinend hatte er noch eine App offen. Er schließt sie und öffnet die Karten App. Aber ich habe diese App erkannt. Es war eine Dating App für schwule Jungs. Was ein Glück, jetzt kann ich mir eigentlich sicher sein, dass ich ihn sorglos ansprechen kann.
Er weißt mir den Weg, wie ich zu dieser Adresse komme.
"Danke", ich zögere kurz, "könntest du mir eventuell deine Nummer geben? Nur für alle Fälle, falls ich den Weg vergesse".
"Äh, ja klar".

The Lodge 2 | bxb (abg.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt