✓|01. Von Innen Zerfressen

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⊱ψ•Percy•ψ⊰

Kein Wort kam über unsere Lippen, als wir alle um das prasselnde Lagerfeuer herumsaßen, die Stille genießend und dabei zusahen, wie die kleinen Funken in den wolkenlosen Nachthimmel hinaufstoben und in der schwarzen Dunkelheit unter den Sternen verschwanden. Zeus schien zur Abwechslung einmal bei bester Laune zu sein, so schön war es seit langem nicht mehr gewesen.

Ein seichter Windhauch zog zwischen uns hindurch, zerstrubbelte meine ohnehin schon zerstörte Frisur - sofern man es als solche bezeichnen konnte - und verursachte eine unangenehme Gänsehaut auf meinen Armen. Meine Nackenhaare stellten sich auf, mein ganzer Körper spannte sich an, als käme ein weiteres Unglück auf uns zu, doch das konnte einfach nicht sein.

Es war vorbei, das alles war endlich vorbei...

Es muss die Idylle sein, redete ich mir ein, ich bin es nicht gewöhnt, einen ruhigen Abend mit meinen Freunden zu verbringen, ohne das uns ein Monster versucht umzubringen.

Ich legte den Kopf nach hinten, versuchte die unschönen Gedanken zu verbannen und betrachtete Mond und Sterne, die dort oben am Himmel tanzten. Annabeth hatte die Augen geschlossen und beide Arme um meinen Torso geschlungen, während ich ihre blonden Locken um meine Finger wickelte, den Duft ihrer Haare tief einatmend.

Nur wenige saßen um das Campfeuer, starrten in die heiße Glut, als müsste jede Sekunde eine Empusa daraus hervor springen und 'Hab euch erwischt!' kreischen, was, wenn ich recht überlege, mit ziemlicher Sicherheit die Reaktion dieser widerlichen Biester gewesen wäre. Kelli im besonderen hätte sicherlich ihren Spaß gehabt.

Die Stimmung war erdrückend, während jeder die Stille zum einen zu genießen schien, so wollte ein jeder sie brechen, fand jedoch einfach nicht die richtigen Worte dafür.

Der Krieg gegen Gaia lag nun einige Wochen zurück und wir alle versuchten es zu verdrängen, doch Trauer und Wut vermischten sich zu einer brodelnden Masse tief in unseren Mägen und warteten bloß darauf, ausgespuckt zu werden.

Viel zu viele hatten wir verloren...

Ich sah in die fahlen Gesichter meiner Freunde, in ihre Augen, in denen sich neben den züngelnden Flammen noch die Verbitterung spiegelte. Wieso hatten sie es geschafft und ihre Liebsten nicht? Der Schmerz fraß sie von Innen heraus auf, zerrte an ihren Knochen, umhüllte ihre Herzen, bis sie schließlich vertrocknet und verbraucht zurückblieben, leblos und unnütz.

Ich hätte ebenfalls mehr tun können, mehr tun müssen, vielleicht, vielleicht wäre Leo dann noch hier, vielleicht hätte ich ihn und so viele andere vor dem Schicksal bewahren können, das sie erleiden mussten.

Es war nicht fair.
Doch das war es nie gewesen.

Annabeth regte sich, sie schlug die Augen auf und lächelte zu mir empor. Bei ihrem Anblick wurde mir sogleich heiß und kalt. Das Sturmgrau funkelte mir entgegen, verschlug mir die Sprache.
Sanft legte sie beide Hände an meine Wangen, ihre zarten Fingerspitzen reichten bis an meinen Nacken und strichen bedächtig durch mein dichtes, rabenschwarzes Haar, während sie mich langsam zu sich hinunter zog, um ihre Lippen mit meinen zu verschließen.

Der Geschmack ihrer Lippen berauschte meine Sinne, als hätten die Stoll-Brüder meine Hütte in Brand gesteckt, als würden hundert kleine Schmetterlinge in meinem Magen mit ihren Flügeln schlagen und als würde ein gigantisches Feuerwerk in mir explodieren.

Auch nach all der Zeit, hatte dieses Gefühl nicht abgenommen, noch immer war es wie beim ersten Mal...

Ihre langen Locken kitzelten mich und sie löste sich, einen triumphierenden Ausdruck im Gesicht, als hätte sie mit dem Kuss genau das erreicht, was sie erwartet hatte - ich war vollkommen überwältigt.

✓|𝐇𝐮𝐫𝐫𝐢𝐜𝐚𝐧𝐞 - HP/PJ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt