(Amy)
Ich schaute zu wie kleine Schneeflocken durch die Luft wirbelten und sanft auf dem gefrorenen Boden liegen blieben. Der Zug war vor gut einer Stunde in einem der äußeren Bezirke von Neu Denver gehalten und Logan hatte mich ohne mir zu sagen was unser Ziel war aus dem Zug gezogen. Dieser ganze Trip war für mich eine Reise ins Unbekannte, auch wenn ein Teil in mir wusste, dass ich Logan vertrauen konnte. Nun saß ich hier draußen auf einer Parkbank in dem gepflegtesten Park den ich je zu Gesicht bekommen hatte und sah zu wie der Schneefall zunahm und Kinder aufgeregt mit Schnee spielten. Logan hatte mich alleine gelassen, weil er kurz telefonieren musste und er nicht wollte, dass irgendwer auch nur einen Hinweis auf mich bekam. Mein Auftauchen sollte ein Geheimnis bleiben. Ich konnte es immer noch nicht glauben das der Rat daran Schuld sein sollte, dass ich im Outback gelandet war, ohne Erinnerungen. Gleichzeitig konnte ich aber ihren Hintergedanken nachvollziehen. Jeder würde erwarten, dass ein Prinz eine aus dem Adel heiratete. Selbst jetzt könnte ich es verstehen, wenn Logan sich noch umentschied. Ich wusste ich würde keine gute Königin abgeben. Was wusste ich schon von Politik und Etikette? Wie war ich überhaupt bei der Auswahl gelandet? War ich damals wirklich so anders gewesen, dass ich bei so einer Show mitmachen würde? Leicht schüttelte ich den Kopf und zog mit meinen Füßen kreise im Schnee. Ich würde Logan so gern Löcher in den Bauch fragen, aber der Arzt hatte darauf bestanden, dass ich mich von alleine erinnerte.
Plötzlich legten sich von hinten zwei Hände über meine Augen und ich spürte warmen Atem an meinem Ohr. „Wer bin ich", fragte eine vertraute Stimme und ich fing automatisch an zu lächeln. „Lass das Logan", schimpfte ich gespielt und zog seine Hände weg. Er grinste mich an und seine eisblauen Augen leuchteten mich an. Er ließ sich neben mir auf die Bank nieder und zog mich wie selbstverständlich in seine Arme. „Hast du mich vermisst?" Verlegen nickte ich und vergrub das Gesicht an seiner Schulter. Der raue Stoff seines grauen Wintermantels kratzte an meinen Gesicht, aber ich beschwerte mich nicht. „Ist das Telefonat gut verlaufen", fragte ich leise und sah zu ihm auf. Seine Miene verdunkelte sich für einen Moment und er schüttelte langsam den Kopf. Dann sah er zu mir runter und lächelte mich halbherzig an. „Mach dir keine sorgen, Amy. Ich werde das schon irgendwie regeln." „Du kannst mir das ruhig erzählen", brummte ich aber er schüttelte erneut den Kopf. „Es ist wirklich nichts wichtiges womit ich dich belasten muss." Sanft schob er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und ließ die Hand dann auf meiner kühlen Wange liegen. „Das hier ist unsere Zeit. Nur du und ich. Ich will, dass sie unbelastet und sorgenlos ist." Ich konnte ihn verstehen, aber wenn ich mich irgendwann erinnerte, ihn wirklich heiraten würde, dann ginge es mich doch auch was an, oder? Nachdenklich nagte ich an meiner Lippe und schaute in den Himmel. Die Schneeflocken waren mittlerweile größer geworden und man konnte kaum noch fünf Meter weit sehen. Bald würde ein richtiger Schneesturm aufziehen und bis dahin sollten wir eine Unterkunft gesucht haben. Als hätte Logan meinen Gedanken erraten stand er auf und zog mich mit sich auf die Beine. „Ich hab von meiner Tante Olivia die Schlüssel zu ihrem alten Haus abgeholt. Wir sollten aufbrechen bevor die Straßen unbegehbar sind."
(Logan)
Wir brauchten durch den starken Schneefall fast eine Stunde bis zum Haus von Liv. Das kleine, Reetdachhaus lag außerhalb des Stadtbezirks an einen großen See. Der Vorgarten war gepflegt und der Weg zur Haustür war mit fast einen Meter hohen Schnee bedeckt. Amilia hatte die Hände tief in ihren Taschen vergraben und ich wusste, dass sie fror. Es war zwar auch kalt im Outback gewesen, aber hier herrschte noch ein anderes Klima. Die Winter waren härter und die Schneestürme dauerten manchmal Tagelang. Ich schloss die Haustür auf und zog das frierende Mädchen ins warme. Scheinbar hatte Tante Olivia für uns schon alles vorgeheizt und auch das Licht eingeschaltet gelassen. Als ich einen kurzen Blick in die Küche warf sah dass bereits auch eingekauft wurde. „Logan?" Ich drehte mich zu Amilia um. Ihre Wangen waren gerötet von der Kälte und sie zitterte immer noch. Besorgt betrachtete ich sie. Was war wenn sie krank wurde? Ich hatte sie bestimmt eine Stunde lang in der Kälte sitzen lassen und ihr Mantel war zwar nicht dick genug, dass er sie vor dem eisigen Wind hätte schützen können. „Setz dich doch schon mal ins Wohnzimmer", sagte ich und versuchte locker zu klingen, obwohl mich einiges beschäftigte. Es war nicht nur die Tatsache, dass ich nicht wollte das Amilia krank wurde oder sie wieder zur Zielscheibe wurde. Was mich am meisten beschäftigte war der Rat, welcher wieder irgendetwas plante. Elias war der Meinung sie hätten es erneut auf Amilia abgesehen, aber das glaubte ich nicht wirklich. Es steckte mehr dahinter und ich würde herausfinden was sie planten.
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Erinnerungen aus Scherben
FantasíaNichts ist für ewig. Das musste Logan schmerzhaft feststellen, als die Anhänger des Rats ihm Amilia nahmen. Trotz Suchaufruf fehlte von ihr jegliche Spur. Es war als wäre sie vom Boden verschluckt worden. Logan wollte nicht aufgeben sie zu suchen, a...