Kapitel Fünfzehn

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Info: Der folgende Schauplatz ist nicht real. 

Joyce 

Ich freute mich wirklich auf den Ausflug, den Kian für uns geplant hatte. Einfach weg aus Vegas.. Weg von allem. Jenevieve hatte meine freien Tage genehmigt, meine Sachen waren gepackt und es konnte eigentlich losgehen. Eigentlich..

Nach diesen nervenaufreibenden Abend mit Stanley und seinen dämlichen Ideen, hatte ich recht lange nachgedacht und beschlossen etwas gegen seine Hirnlosigkeit zu unternehmen und den Zeitpunkt unserer Abreise um einen Tag zu verschieben. Ich wusste ganz genau, dass ich mit meinen Worten bei ihm überhaupt nichts erreichen würde. Dieser alte Mann hörte einzig und allein auf eine Person und es widerstrebte jeden meiner Regeln, die ich selbst über die Jahre aufgestellt hatte, diesen Schritt zu unternehmen. Ich hatte mir geschworen diese verfluchte Frau nie wieder zu sehen oder zu sprechen. Und doch stand ich vor dem großen abgeriegelten Gebäude, mitten in der Wüste.

Mein Magen krampfte sich immer mehr zusammen, je länger ich die hohen Sicherheitszäune anstarrte.

Das geschädigte und verletzte kleine Mädchen in mir schrie, ich sollte sofort abhauen. Sie erinnerte mich daran, was mir diese Frau damals angetan hatte, wie oft sie mich enttäuscht hatte. Doch mein jetziges Ich wollte diesen Blödsinn endlich stoppen. Es würde mir vermutlich eine lange Therapie ersparen.

Bevor ich losgefahren war, hatte ich im Gefängnis angerufen und meinen Besuch angemeldet. Dabei stellte sich heraus, dass ich Glück hatte, denn diese Frau hatte gerade erst ihr Besuchsrecht wiederbekommen. Anscheinend hatte sie wieder mal Mist gebaut und wurde in Einzelhaft gesteckt.

Jedenfalls nahm ich ein paar tiefe Atemzüge, ehe ich durch das Sicherheitstor geführt wurde. Je schneller ich es hinter mich brachte, umso schneller war ich wieder bei Kian.

Während ich gleich am Eingang durchgecheckt und durch die Gänge in den Frauentrakt geführt wurde, wiederholte ich mir ständig in Gedanken, das was ich mir die Fahrt über zurechtgelegt hatte. Mein Plan war, nur das nötigste zu sagen, sie dazu zu bringen Stanley zur Vernunft zu bringen - wenigstens ansatzweise – und dann würde ich wieder verschwinden. So wenig Augenkontakt, wie nur möglich und keine Abschweifungen in die Vergangenheit. Ich musste Sachlich und distanziert bleiben. Das nahm ich mir fest vor.

Zwischen den ganzen Gittern und Sicherheitsmaßnahmen hatte ich mich noch nie wohlgefühlt. Ich verstand einfach nicht, wieso sich unsere Eltern diesen Mist immer wieder freiwillig antaten. So dumm zu sein ein zweites, sogar ein drittes mal hier drin zu landen, war für mich wirklich ein Rätsel. Zwar war ich hier nur eine Besucherin, doch sogar dabei hatte ich das Gefühl jeglicher Freiheit beraubt zu werden.

Meine Hände begannen zu zittern, als ich vor der Tür zum Besucherraum stand und mein Fluchtinstinkt wurde immer stärker. Doch ich zwang mich dazu es jetzt durchzuziehen.

Als der Wärter die Tür öffnete, hörte ich bereits die vielen Gespräche, das lachen der anderen, die sich im Raum befanden. Dieser war übersät mit orangenen Overalls und einigen Gesichtern, denen ich nachts und alleine lieber nicht begegnen wollte.

Ich sah ich weiter in diesen kahlen und kalten Räumlichkeiten um, bis ich sie entdeckte. Das Gefühl gleich erstickt zu werden überkam mich und ich merkte, wie zittrig meine Beine wurden. Es fiel mir schwer einen Schritt nach dem anderen zu machen, während ich ihre abgemagerte und gealterte Statur betrachtete. Die Zeit hier drin hatte sie um einiges altern lassen. Ihre früher blonden Haare waren beinahe vollkommen ergraut und die Falten in ihren blassen Gesicht schienen sich vermehrt zu haben.

Sie sah so anders aus, als ich sie in Erinnerung hatte. Hätte sie mich nicht mit ihren großen Augen angesehen, hätte ich sie überhaupt nicht erkannt. Dabei hatte sie mich auf die Welt gebracht.

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