Kapitel 16 - Mit Dem Wissen Wächst Der Zweifel
Lillys Sicht
„Wo bist du gewesen?", wurden wir am nächsten Tag von Mia begrüßt, als Thorin und ich durch das Haupttor in den Berg traten. „Wir haben gestern den ganzen Tag nach dir gesucht"
„Dir auch einen guten Morgen", müde sah ich sie an. Der Weg zurück war anstrengend gewesen und ich sehnte mich nach meinem Bett, denn auch die Nacht war nicht das, was man erholsam nannte.
„Aber wo-", setzte Mia wieder an, doch Sam unterbrach sie.
„Jetzt lass sie doch erst mal ankommen", sagte er ruhig.
Dankbar sah ich ihn an. „Ich werde nachher vorbeikommen", murmelte ich müde. Irgendwann, wenn ich mich ausgeschlafen hatte.
Skeptisch sah Mia mich an. „Das sagst du nicht zum ersten Mal und tauchst dann nicht auf", sagte sie schnippisch.
Sam verdrehte hinter ihr leicht die Augen. „Bis nachher", sagte er bestimmt, ehe er Mia am Arm packte und mit sich zog. Ich konnte hören, wie sie sich lauthals beschwerte.
Thorin neben mir schmunzelte. „Und ich dachte, ich würde Ärger bekommen", sagte er mit einem amüsierten Blitzen in den blauen Augen.
„Ich auch", murmelte ich, als ich Dáin auch schon mit langen Schritten auf uns zukommen sah. „Zu früh gefreut"
Thorin seufzte und nickte. „Sieht ganz so aus", sagte er wenig begeistert, als er nun ebenfalls seinen Vetter sah.
„Soll ich bleiben?", fragte ich, obwohl ich auf die Strafpredigt überhaupt nicht scharf war.
Thorin schüttelte den Kopf. „Nein, bei Durin, das musst du dir wirklich nicht antun. Dáin bat mich um ein ernstes Gespräch. Ich dachte wir wären rechtzeitig zurück"
Stirnrunzelnd sah ich ihn an. „Um was wäre es gegangen?"
„Das erfahre ich jetzt", sagte er nicht gerade begeistert über den wütenden Gesichtsausdruck Dáins.
„Na dann mal viel Spaß", murmelte ich und gab ihm einen schnellen Kuss auf die Wange, ehe ich mich verdünnisierte.
„Sei heute Nachmittag in unseren Gemächern, ich habe etwas für dich", rief Thorin mir noch hinter her, bevor er sich Dáin zuwandte.
Noch etwas? Aber er...? Ich war zu müde, um mir den Kopf zu zerbrechen, das konnte ich auch noch in ein paar Stunden tun, wenn ich geschlafen hatte. Ich war diese Anstrengungen nicht mehr gewöhnt, die ein ganzer Tag auf den Beinen mit sich brachte.***
„Hoch mit dir"
Unsanft wurde ich aus meinem Schlaf gerissen. Ich hörte, wie Schritte um das Bett herum, auf mich zukamen.
Grummelnd drehte ich mich auf die andere Seite, stur die Augen geschlossen haltend, doch bevor ich mich wieder entspannen und weiter schlummern konnte, wurde mir die Decke weggezogen.
„Was zum Teufel denkst du dir dabei", brauste ich auf und sah Thorin vor mir stehen, der die Decke ordentlich zusammenfaltete.
„Auf geht's", sagte er mit solch einer Energie in der Stimme, dass ich fast heulen könnte.
„Was gibt's denn?", fragte ich schlecht gelaunt, setzte mich schwerfällig auf und rieb mir gähnend über die Augen.
„Wir gehen raus auf die Ebene vor dem Berg"
Entgeistert starrte ich ihn an. „Was willst du denn da? Ich habe so schön geschlafen...und jetzt verlangst du von mir, dass ich mich bewegen soll?"
Thorin nickte „Los jetzt, steh auf, schlafen kannst du auch, wenn wir wieder zurückkommen", und mit diesen Worten marschierte er wieder hinaus.
Stöhnend ließ ich mich nach hinten in die Kissen fallen, bevor ich mich schwerfällig aufrappelte und ihm folgte. Warum hatte er noch so viel Energie? Unfair!***
„Also, was tun wir hier?", fragte ich und sah ihn skeptisch an. Wir standen auf der großen, weiten Ebene etwas abseits des Haupttores. Sie schien eine Art Trainings- und Kampffläche zu sein. Mittelalterliches Militär...überall sah man Werge im Zweikampf miteinander und es waren genügend Waffen an der Bergwand aufgestellt um Esgaroth zu überfallen.
„Ich will, dass du lernst dich zu verteidigen", sagte Thorin ernst.
Protestierend verschränkte ich die Arme. „Ich kann mich verteidigen"
„Das weiß ich", erklärte mir Thorin beschwichtigend. „Aber die beiden aus Dáins Armee haben dich erwischt und damals im Düsterwald hattest du es ebenfalls schwer. Ich will, dass du dich auch ohne deine Fähigkeiten verteidigen kannst."
Verwirrt sah ich ihn an. „Willst du mir jetzt zeigen wie ich richtig zuschlage?"
„Oh das kannst du, das weiß ich", schmunzelte Thorin und zog aus seinem Gürtel ein Schwert „Ich habe es extra für dich anfertigen lassen. Es ist nicht zu schwer und liegt gut in der Hand"
„Bist du dir sicher?", fragte ich und betrachtete die schön verarbeitete Klinge und das Heft. Thorin schmunzelte und nickte, bevor er es mir übergab. Er hatte Recht. Es war wirklich nicht schwer, ich konnte es ohne Schwierigkeiten heben. Ich fuhr mit den Fingern über die golden eingearbeiteten Flammen am Knauf, die sich bis in die Klinge zogen.
„Man sieht, dass du es in Auftrag gegeben hast", murmelte ich und hob den Blick von der schönen Klinge. „Es ist wunderschön"
„Noch, warte ab bis wir damit trainieren"
„Trainieren?", fragte ich und mein Lächeln erstarb.
„Na glaubst du ich lasse meiner Geliebten ein Schwert machen, ohne dass sie weiß, wie sie es benutzen muss?"
Ich öffnete den Mund, wusste aber nichts zu sagen und so schloss ich ihn wieder. „Hat es einen Namen?", fragte ich schließlich
Thorin schüttelte den Kopf. „Du kannst ihm einen geben"
Ich starrte die schlanke Klinge an und betrachtete das glänzende Metall. „Das ist schwerer als man denkt", murmelte ich und drehte die Klinge so, dass sich das Sonnenlicht an ihrer Kante brach. Es hatte noch keinen einzigen Kratzer und die Oberfläche war spiegelglatt.
„Du hast ja noch Zeit", Thorin sah mich milde an. „Ich hoffe zwar, dass du es nie benutzen musst, doch du wirst lernen mit der Klinge umzugehen"
Er kam auf mich zu. „Welche Seite ist deine starke?", fragte er und musterte mich prüfend.
„Rechts"
Er nickte und stellte sich hinter mich, nahm meine Hand und schloss sie sanft um den Knauf. „Die Länge sollte gut zu deiner Größe passen", sagte er. „Stell den linken Fuß nach vorne und halte hier die Spannung", er legte beide Hände an meine Hüfte, während sein Atem angenehm warm an meinen Nacken schlug.
Ich musste leicht grinsen. „Du weißt schon, dass ich mich gerade weniger auf das konzentriere was du sagst, als das was du tust"
Thorin räusperte sich streng, doch als ich kurz über die Schulter sah, blickte er mich liebevoll an. Er schob meinen Schwertarm in die richtige Position und trat einen Schritt zurück, um meine Haltung zu begutachten.
„Sieht soweit gut aus", murmelte er. „Wie fühlt es sich an?"
„Als wäre ich dem nicht gewachsen", gab ich ehrlich zu, immerhin musste ich mit dieser feinen Klinge parieren.
„Das kommt noch", sagte Thorin zuversichtlich und zog sein eigenes Schwert.
„Was? Ich soll mit dir üben?" Ich betrachtete Orcrist und dann meine Klinge, die im Gegensatz zu dieser eleganten, jedoch riesigen Schneide schon fast zierlich wirkte.
Thorin nickte. „Ich bin auch aus der Übung gekommen, nach so langer Zeit im Bett"'
„Sicher, und da bin ich natürlich gleich der richtige Gegner", murmelte ich sarkastisch. „Du machst mich nach Strich und Faden fertig"
Thorin seufzte resigniert auf. „Dann hast du ja einen Ansporn dich anzustrengen"
Am liebsten hätte ich ihm die Zunge herausgestreckt, doch ich kniff die Augen zusammen und nickte. „Also gut!"
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Eine Reise Durch Mittelerde
FanfictionDie Schlacht ist vorüber, aber das Leben im Berg geht weiter. Die Zwerge haben viel Arbeit damit den Berg wieder bewohnbar zu machen. Auch Bard baut mit einem Anteil des Schatzes Thal wieder auf, die Elben ziehen sich in ihr Reich zurück und der Fri...