Kapitel 5 - Lia (ü)

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Unsanft schiebt Jason mich vor sich her, vorbei am Lift. Da Benito uns hören könnte, falls er überhaupt noch im Haus ist, bleiben wir still.

Jay dackelt wiederwillig hinter Jason her, doch ich merke, dass er ihm am liebsten eine reinhauen würde. Irgendwie verstehe ich ihn – ich würde es auch gerne tun. In meinem Kopf herrscht blanke Panik sobald ich nur an Benito denke.

Diese durchdringlichen Augen, mit denen er mich direkt angestarrt hat, während seine Hand unter meinem Top war. Dieses verächtliche Grinsen, dass jedem einen Schauer über den Rücken jagt. Nachdem Jay jedoch auf ihn losgegangen ist frage ich mich, wie der Typ überhaupt noch stehen kann.

Stillschweigend steigen wir die Treppen hinauf, doch auf der Hälfe zwischen der zweiten und dritten Etage ertönen plötzlich laute Schläge.

„Los komm schon, zeig mir deine Schwester! Ich weiss, dass sie da drin ist! Ich mach dich kalt, ich schwör es dir!"

Das ist zweifellos Benito, und er scheint mittlerweile nicht mehr der nette Bekannte von mir zu sein. Ich hoffe mal, Lars da drinnen geht's gut, doch ich mache mir darüber nicht allzu grosse Sorgen.

Er hat sich noch nie was von solchen Typen wie Benito sagen lassen, sie lassen ihn eigentlich ziemlich kalt.

Wahrscheinlich war er eben am Telefon nur so in Aufruhr, weil Benito sich als ein Bekannter von mir ausgegeben hat.

Woher weiss er eigentlich, wo ich wohne?

Jason drückt mich mit einem Arm an die Wand, während er sich vor mich stellt. Jay steht neben mir und signalisiert mir mit einem Blick, dass alles gut werden wird. Die aufsteigende Panik in mir legt sich wieder etwas, und ich versuche mich einfach voll und ganz auf Jay zu konzentrieren.

Langsam rücken wir alle weiter vor, bis wir auf der dritten Etage stehen.

Vor uns hat Benito uns den Rücken zugekehrt, während er weiter auf meinen Bruder einredet und immer wieder damit droht, die Türe einzutreten. Plötzlich tritt er zwei Schritte zurück, dann schreit er: „Ich mach das jetzt!" und läuft los.

Ehe ich mich versehe, hat Jason ihn am Arm erwischt, ihm diesen auf den Rücken gedreht, und ihn bäuchlings an die Wand gedrückt.

„Das wirst du nicht, Benito. Lars, du kannst rauskommen."

Tatsächlich höre ich, wie Lars von innen aufschliesst und dann aus der Wohnung tritt. Kurz schaut er uns alle an, dann entdeckt er mich und vergisst alles andere.

Er ist mit ein paar Schritten bei mir und zieht mich fest in seine Arme, und ich drohe fast zu ersticken. „Geht's dir gut?" flüstert er in mein Ohr, und ich nicke. „Ja, mir geht's gut. Was ist mit dir?"

Jetzt spüre ich, wie Lars nickt, und ich bin augenblicklich etwas beruhigter. Lars lässt mich wieder los und grinst mich an, der endgültige Beweis dafür, dass ihm nichts fehlt. Dann entdeckt er Jay, der hinter mir steht und wohl gerade nicht so weiss, was er mit sich anfangen soll.

Lars geht auf ihn zu und hält seine Hand hoch, und als Jay sich mit ihm abklatscht, erinnert es mich sofort an früher.

Bei jedem erfolgreichen Kampf gegen die Strassenjungs haben wir uns immer gegenseitig abgeklatscht, es war Routine.

Seit zwei Jahren habe ich mich nie mehr mit jemandem abgeklatscht.

„Du hast was gut bei mir" sagt Lars zu Jay, doch dieser schüttelt nur den Kopf. „Mach dir keinen Stress, es ist alles gut. Ich hätte jede Person beschützt, das ist für mich selbstverständlich."

And suddenly, you returnedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt