Kapitel 4 - Jay (ü)

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Ich glaube, ich spinne, als ich sehe, wie ein Mann sich gegen einen Mädchenkörper drückt.

Das Mädchen scheint sich zu wehren, und schnell ist der Fall für mich klar, als ich die Hand auf ihrem Mund entdecke.

Ohne grossartig nachzudenken laufe ich auf den Mann zu und versetze ihm einen derartigen Stoss in die Seite, dass er zur Seite taumelt. Bevor ich das Mädchen anschaue, hetze ich dem Mann direkt nach und fange an, mich mit ihm zu prügeln. Da ich dreimal die Woche trainiere, bin ich klar im Vorteil, und schnell gibt der Mann nach.

Plötzlich höre ich, wie jemand meinen Namen flüstert, und jetzt drehe ich mich doch zu dem Mädchen um.

Lia sitzt zitternd und weinend am Boden, während sie mich und den Mann mit grossen Augen ansieht.

„Scheisse, Lia. Geht's dir gut?" frage ich sie, und lasse den Mann einfach liegen. Ich gehe vor ihr in die Hocke und drücke ihr Kinn mit meinem Daumen hoch, damit ich mir ihr Gesicht mal genauer anschauen kann.

Sie scheint keine Verletzungen davongetragen zu haben, jedenfalls nicht im Gesicht.

„Du bist es also wirklich" flüstere ich und schlucke schwer. „Soll ich die Polizei rufen?"

Wild fängt Lia an, den Kopf zu schütteln, und ihr Kinn entgleitet mir. „Nein, nein, keine Polizei. Bitte nicht, der Mann hat seine Strafe soeben bekommen. Ich will einfach nur von hier weg."

Obwohl ich den Mann gerne im Polizeiauto gesehen hätte, verstehe ich Lias Entscheidung auch. Ausserdem bin ich auch nicht gerade heiss darauf, mit der Kripo was zu tun zu haben. Also nicke ich und richte mich auf. Dann halte ich Lia meine Hand hin, und nach kurzem Zögern nimmt sie sie. Ich ziehe sie auf die Beine und halte sie an den Armen fest, bis sie nicht mehr wankt und fest auf beiden Beinen steht.

„Geht das?" frage ich Lia trotzdem vorsichtshalber, und halbherzig grinsend nickt sie. „So instabil bin ich nun auch nicht" gibt sie zurück, und beruhigt lächle ich. Es scheint ihr besser als gedacht zu gehen.

„Wo willst du hin?" frage ich sie, und ehe Lia antworten kann, meldet sich ihr Magen. „Ich kenne ein gutes Restaurant. Lass uns da was essen gehen." Skeptisch begutachtet Lia mich, und ich erkenne das Misstrauen in ihren Augen.

Zu Recht, schliesslich habe ich sie damals grundlos gehen lassen. Warum also sollte ich es nicht wieder tun können?

„Jay, du musst das nicht tun okay? Mir geht's gut, ich komme alleine klar. Ich bin dir wirklich, wirklich dankbar dafür, dass du mich eben gerettet hast, aber du kannst gehen, wenn du willst."

Sowas habe ich schon erwartet. Ich weiss, dass ich Lias Vertrauen nicht einfach bekomme, wenn ich es schon mal benutzt habe. „Lia, ich würde gerne mit dir essen gehen. Ich habe nicht vor, plötzlich abzuhauen oder sowas, und ehm, du wurdest eben beinahe vergewaltigt. Ich glaube nicht, dass du alleine so gut klarkommst, wie du gerade behauptest."

Betreten schaut Lia mich an, dann wendet sie stur den Blick ab. „Na gut, ein Mal. Aber glaub mir eines: So schnell lasse ich dich nicht zurück in mein Leben." Etwas unbeholfen seufze ich, dann packe ich Lia am Arm und ziehe sie mit mir.

„Hey, was soll denn das jetzt?" murmelt diese verwirrt, und grinsend drehe ich mich zu ihr um. „Nun ja, so kannst du deine Meinung nicht mehr ändern."

Wütend blitzt Lia mich mit ihren grünen Augen an, die mich an Nico erinnern. Dann gibt sie jedoch nach, windet sich aus meinem Griff und hakt sich bei mir ein. Etwas überfordert mit der Situation lasse ich sie einfach machen, und kümmere mich darum, dass wir bald was zu essen bekommen.

And suddenly, you returnedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt