Kapitel 10 - Jay (ü)

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Schau weg, schau weg, schau weg. Sei kein unverschämtes Arschloch und lass dieses Mädchen in Ruhe essen!

Mit viel Konzentration schaffe ich es, meinen Blick von dem glücklichen Gesicht, welches Lia bietet, während sie ein Stück Pizza nach dem anderen verschlingt, abzuwenden. Im Fernsehen läuft gerade Orange Is The New Black, doch irgendwie interessiere ich mich gerade wirklich nicht für die Serie.

Alles, was meine Aufmerksamkeit gerade bekommt, ist Lia.

Und die Pizza vor mir.

Plötzlich kommt mir wieder das Treffen mit der Polizei morgen in den Sinn – die wollen ja, dass ich da morgen mit Lia aufkreuze.

„Lia?" frage ich, und Lia schaut mich fragend an, während sie ihr letztes Pizzastück isst. „Die Polizei hat sich gestern noch bei mir gemeldet. Sie möchten, dass wir beide morgen, beziehungsweise heute bei ihnen vorbeikommen."

Lias Schultern versteifen sich, und automatisch lege ich ihr meine Hand in den Nacken. Sie nickt, und entspannt sich wieder etwas.

„Es wird schon alles gutgehen. Schliesslich haben wir zwei Zeugen, mit mir sind es drei." Lia nickt abermals, dann lehnt sie plötzlich ihren Kopf auf meinen Oberarm. Ich lege meinen Arm um ihre dünnen Schultern und ziehe sie sanft an mich ran, und so bleiben wir eine Weile liegen.

Komisch, wie schnell sich alles ändern kann.

Gestern als ich wachgeworden bin wusste ich noch nicht mal, dass ich Lia wiedersehen werde, und jetzt? Jetzt sitzen wir aneinander gekuschelt auf dem Sofa, haben gerade Pizza gegessen und schauen uns irgendeine Serie an, auf die sich keiner von uns konzentriert.

„Jay?" flüstert Lia mit müder Stimme.

„Hmm?" antworte ich ihr, und Lia schaut zu mir hoch.

„Falls ich in diesen Klamotten hier einschlafe – zieh mir bitte einfach ein langes Oberteil über. Ich habe hässliche Unterwäsche an, du wirst widerstehen können."

Überrumpelt schaue ich Lia an, dann umspielt ein Lächeln meine Lippen. Bei diesem Körper könnte Lia noch so hässliche Unterwäsche tragen, nichts würde helfen. Doch ich nehme ihre Bitte an und nicke.

Müde lächelnd lässt Lia ihren Kopf wieder auf meinen Arm fallen, und ich drücke ihr einen leichten Kuss auf die Scheitel.

„Schön, dass du wieder da bist, Lia" flüstere ich, doch alles was ich noch von ihr wahrnehme, ist ein regelmässiges Atemgeräusch.

Noch eine Weile lasse ich sie an mich gelehnt schlafen, doch dann werde ich ebenfalls müde. Vorsichtig stehe ich auf und schiebe meine Arme unter Lias Kniekehlen und ihren Rücken, dann hebe ich sie sanft hoch. Sofort fällt ihr Kopf gegen meine Brust, und während ich sie in ihr Zimmer trage, schläft sie in aller Ruhe weiter.

Grinsend schüttle ich den Kopf, doch ich kann es ihr nicht verübeln – es ist zehn nach drei. Wir sollten schon lange schlafen.

In ihrem Zimmer angekommen platziere ich sie halbsitzend auf ihrem Bett, damit ich ihr das Kleid leichter ausziehen kann, ohne sie zu wecken. Ich schlucke schwer, schliesslich ziehe ich nicht jede Nacht ein schlafendes Mädchen auf ihre Bitte hin fast ganz aus. Doch Lia hat mich gebeten, und ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass sie in dem Kleid da bequem schlafen kann, also tue ich es einfach.

Zuerst laufe ich zu ihrem Kleiderschrank und fische ein langes Oberteil heraus. Es riecht unglaublich gut nach ihr, also vergrabe ich zuerst einige Sekunden lang meine Nase in dem Kleidungsstück. Dann fällt mir die friedlich schlafende Lia wieder auf, und ich laufe zu ihr.

And suddenly, you returnedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt