20.2 Archí - Anfang

190 30 15
                                    

Dias spürte Sotiris' panischen Atem auf seiner Haut. Die Flammen züngelten durch die Luft, verbrannten alles auf ihrem Weg. Dias' Armhaare versengten mit einem Schlag, die absonderliche Hitze trocknete seinen Körper aus und ließ ihn gleichzeitig schwitzen. Er schluckte, als er Sotiris' Blick traf, der nur kurz mit der Augenbraue zuckte.

Ein tosendes Brüllen erinnerte beide daran, dass der feuerspeiende, bronzene Stier keinesfalls verschwunden war, sondern noch immer echt und sehr wütend war.

In einer fließenden Bewegung rollte der Junge von Dias herunter und stellte sich dem Untier mit gezogener Klinge, die er glücklicherweise nicht in seinen Kameraden gerammt hatte. „Komm schon!", brüllte er.

Obschon der Schrei nicht an ihn gerichtet war, rappelte sich Dias mit Feuer im Blut auf, den Blick mit dem des Stiers gekreuzt. Er fühlte die Stärke, die durch ihn raste, als hätte Ares ihn persönlich mit seinem Kriegersinn gesegnet. Seine Sinne waren schärfer denn je und Dias wusste, wohin die Bestie als nächstes rasen würde, noch bevor diese überhaupt die Hufe gedreht hatte.

Er sprang dem anstürmenden Stier mühelos aus dem Weg. Sein Schwertarm raste, noch bevor seine Füße wieder sicher standen, mit einem lautlosen Schlag durch die Luft. Er bohrte die Klinge tief in den hinteren Oberschenkel des Untiers. Metall stach durch Metall, doch der Stier stoppte nicht in seiner Bewegung, um vor Schmerzen zu brüllen.

Wie aus dem Nichts kam Elara dazu und rammte ihrerseits dem Tier ihre eigene Klinge zwischen die bronzenen Rippen, doch auch dieser Schlag schien dem Wesen nichts auszumachen.

„Er muss verwundbare Stellen haben!", ertönte die kreischende Stimme von Vaia irgendwo hinter ihnen.

Dias riss seine Klinge zurück und tänzelte ein paar Schritte weg vom Feind. Der Stier schnaubte, schickte eine Salve Funken auf den Stein unter sich. Die Topasaugen funkelten wie frisch poliert.

„Feuer!", schrie Elara warnend, als der Stier das Maul weit aufriss.

Keiner der beiden Jungen hatte die Warnung gebraucht – noch bevor die Flammensäule erneut durch die Luft raste und alles auf ihrem Weg verbrannte, waren beide zur Seite gerannt, wobei sich Dias immer mehr von der feuerspeienden Bestie entfernte. Sotiris hingegen war der schutzlos entblößten Seite des Stiers nähergekommen und obwohl dieser noch damit beschäftigt war, Feuer aus seinem Magen zu pumpen, ließ der Junge sich nicht durch die immense Hitze beirren, die von dem Metallkörper ausging.

Seine Klinge verschwand mit einem schabenden Geräusch zwischen den bronzenen Platten. Kochend heißer Dampf peitschte ihm ins Gesicht und mit einem schmerzvollen Aufschrei fiel er zurück, die Hände übers Gesicht gelegt. Der Junge stolperte und stürzte zu Boden. Im selben Moment brüllte Vaia: „Runter!", als sie einen Pfeil genau auf das weit geöffnete und mittlerweile flammenlose Maul des Stiers abfeuerte.

Dias bekam nur am Rande mit, dass sie ihr Ziel um wenige handbreit verfehlte; sein Augenmerk lag eher auf dem Jungen, der auf dem Stein lag und vor Schmerzen wimmerte. Er warf einen raschen Blick auf den Stier, der sich - glücklicherweise - Elara zuwandte, dann nutzte er seine Chance und rannte. Seine Füße flogen über den Boden. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er bei seinem verletzten Freund angelangt war.

„Steh auf, komm schon", rief er ihm zu. Ohne nachzudenken packte er nach Sotiris' linker Hand und riss ihn mit sich hoch. Sein Schluchzen ging im Klatschen ihrer Füße und dem Brüllen des Stiers unter. Erst als er den Jungen bis zur nächsten Säulenreihe gezerrt hatte, ließ er von dessen Hand ab und wandte sich keuchend um.

Dann sah er die Ausmaße dessen, was geschehen war.

Sotiris' Gesicht war von einem leuchtenden Rot befallen. Er wimmerte, als er mit der freien Hand nach seiner Haut tastete.

LavýrinthosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt