Jahr 4028/ Tag 108-109
Elain hat das arme Mädchen mittlerweile schlafen gelegt. Ihr Name ist Ell!e. Sie tut ihr unendlich leid, denn kaum hatte Elain sie auf ihr Bett gehoben, begann Ell!e unkontrolliert um sich zu schlagen.
Das dunkle Mädchen, das sich nie ohne ihren Rollstuhl fortbewegen konnte, zerquetscht ihr Kissen mit den Armen. Aber sie kann ihrer Wut und Trauer keinen Ausdruck verleihen, die Gefühle sind zu stark. Und zum ersten Mal seit langer Zeit beginnt Elain vor Ungerechtigkeit zu weinen.
Auch Elijah schläft in dieser Nacht schlecht. Er kann es sich nicht erklären, so etwas passiert ihm äußerst selten. Ohne Rücksicht darauf, irgendjemanden aufzuwecken, steht er auf und holt sich eine Schlaftablette.
"Oh! Mein! Gott!"
Ist das Erste, was Evie am nächsten Morgen hört.
"Halt die Klappe!"
Ist das Erste, das Elijah am nächsten Morgen sagt.
"Oh! Mein! Gott!"
Ist Emmas Antwort.
Elia steigt aus dem Bett um nachzusehen, was los ist. Sier hat allerdings schon eine Vorahnung, schließlich ist die einzige Freude hier, blaues Gewand in seinem Schacht zu finden. Sier zieht sich die braune Hose und das cremefarbene Shirt an, das schon für sien bereitliegt. Dann geht Elia barfuß in den Aufenthaltsraum.
"Ich fasse es nicht!"
Emma hält ein blaues Kleid in ihrer Hand. Es ist wunderschön. Endlich, endlich ist ihr Tag gekommen. Hat ja auch lange genug gedauert. Die Schrift ist auch schon auf dem Info-Bildschirm erschienen. Es ist die Gleiche wie immer.
‚Willkommen, EMMA! Du bist ERWACHsEN!'
Darunter ist der Countdown. Sie hat noch zwei Minuten und elf Sekunden, bis sie den Ort der Kinder für immer verlässt. Der Abschied fällt ihr nicht besonders schwer. Ein paar der Kinder wird sie vermissen, natürlich, und auch ihr Modell des Sonnensystems. Aber, wie alle Anderen, hofft auch Emma, das sie ihre Ziehgeschwister eines Tages wiedersehen wird. Es wird Zeit sich umzuziehen.
Im Zimmer der Neos sind auch heute nicht nur Babys. Elain ist bereits seit Stunden wach. Sich in ihren Rollstuhl zu setzen, war heute fast nicht möglich. Sie sieht kaum etwas, ihre Augen sind fürchterlich rot und die Haut darum ist bläulich verfärbt und stark angeschwollen. Außerdem bahnen sich Kopfschmerzen an. Aber Elain muss es ignorieren, denn für jemanden wie sie, ist eigentlich keine medizinische Versorgung vorgesehen. Unbewusst fasst sie mit ihrer Hand zu der Narbe neben dem linken Auge. Ab und zu tut sie noch weh, aber das Mädchen hat gelernt, damit umzugehen.
Sie schaukelt die kleine Erin in ihren Armen. Sie ist so entzückend.
"Mach dir um mich keine Sorgen, ich weiß, ich sehe etwas zerzaust aus, aber das wird schon wieder. Weißt du, ich lasse die großen Buben mich nur schlagen, weil ich sowieso gewinne. Okay, das war gelogen. Aber keine Angst, ich beschütze dich. Ich werde auf dich aufpassen, das verspreche ich dir."
Emilio-Giorgio schlendert in den Gemeinschaftsraum. Er wird sich von Emma verabschieden, denn er mochte sie, also, irgendwie schon. Seine Schwester steht bereits im Abschiedskomitee.
"Pff." Er stellt sich abseits der Formation hin und steckt seine Hände in die Hosentaschen.
Emma zittert vor Aufregung. Oh! Mein! Gott! Endlich! Zischend öffnen sich die blauen Doppeltüren des Aufzugs. Sie kann ihr Glück kaum fassen. Sie wird den Himmel sehen. In Wirklichkeit. Er wird wunderschön sein. Sie weiß es einfach. Sie küsst ihren Liberino Keanu, der reiche Eltern hat, sanft auf die Stirn. Ihn wird sie ganz bestimmt vermissen. Und dann winkt sie und macht sich auf, zu den Erwachsenen, zu denen sie jetzt gehört.
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Blue Curtains/District 5
Mystery / ThrillerSie warten darauf erwachsen zu werden, denn dann sehen sie zum ersten Mal den Himmel. Aber keiner ahnt, dass bei den Erwachsenen etwas anderes läuft. Etwas ganz anderes. Und dann müssen sie plötzlich um ihr Leben rennen, denn die Wahrheit könnte ihr...