Blue Curtains/District 5

XVII. Die Zeit läuft weg

Jahr 4028/Tag 123

An diesem Morgen fanden fünf Kinder Blaue Kleidung in ihrem Fach. So etwas war noch nie passiert. War das ein Fehler? Ein Streich? Absicht? Niemand wusste es.

Eleonore Five. Ein hübsches, nettes Mädchen. D-Kind. Erst seit einem Jahr. Sie war noch so jung. In ihrem Fach war ein wunderschönes Blaues Kleid. Der Schein trügte jedoch. Das Kleid war nicht wunderschön. Es war ihr Ticket in die Ungewissheit. Und sie konnte sich nicht dagegen wehren. Es würde passieren. Sie würde sterben, sie spürte es. Sie wollte nicht sterben. Sie sollte nicht sterben. Sie war so jung...

Elias Five. Er war schon seit fünf Jahren bei den D's. Niemand wusste warum er seinen Exit nich nicht gehabt hatte. Mittlerweile hoffte jeder von ihnen den exit nie zu haben. Es würde ihr Ende bedeuten. Oder ein Leben im System. Ein System, dass die Schwächsten eliminierte. Die, die anders waren eliminierte. Die, die nicht in das Bild der Regierung im District 0 passten. Doch das wusste niemand. Außer denen die schon draußen waren. Im System. Und bald auch er.

Elle Five. Sie war schüchtern. Sprach nie ein Wort mit jemandem. Niemand wusste warum. Nur sie. Sie konnte gar nicht sprechen. Immer wenn sie wollte, kann kein Ton raus. Niemand würde es je erfahren. Sie konnte es niemandem sagen. Sie wollte es nie jemandem sagen. Sie wäre sonst genauso unnormal gewesen wie Elain odet Ell!e. Das wollte sie nicht. Stattdessen fiel sie nie auf. Auch nicht bei Ihrem Exit. Sie ging einfach. Und niemand bemerkte es.

Elain war alarmiert. So viele Exits hatte es noch nie in so kurzer Zeit gegeben. Aber seit Elijah seinen Exit gehabt hatte, war alles aus den Fugen geraten. Und noch etwas war komisch. Es hatte keine Neos mehr gegeben, obwohl sie eigentlich nach jedem Exit eines bekommen sollten.

Die Kinder spürten, dass etwas anders war und Elain hatte alle Hände voll zu tun damit, alle zu beruhigen. Zum Glück half Eleya mit so gut sie konnte und auch Ethan half, obwohl der selbst noch so klein war. Elw1n folgte Elain auf Schritt und Tritt und sah ihr zu, was das Mädchen im Rollstuhl nicht störte, denn sie mochte Elw1n, auch wenn er etwas anders war.

Auch wenn Elain versuchte Ruhe zu verbreiten und so zu tun, als ob alles normal war, konnte August vor Angst kaum noch atmen. So viele Exits. Bald würde er dran sein. Was würde er tun, wenn es soweit war? Was würde Ethan tun?

Elw1n hatte Elain mit ihrem Rollstuhl gerade in den Raum der A-Kinder geschoben, als er ein lautes Krachen hörte. Elw1n zuckte zusammen und warf sich auf den Boden. Elain sah sich um. Auch sie hatte sich erschreckt und jetzt versuchte sie herauszufinden, woher dieses Geräusch gekommen war. Da, da war es nochmal. Laut. Scheppernd.

Elain rollte sich selbst in den Raum der Neos. Da, neben der Babyklappe war eine Delle in der Wand. Wo kam die her?

Schließlich gab es einen gewaltigen Krach und eine Dreckwolke zwang Elain die Augen zu schließen. Als sie sie wieder öffnete, war der Raum der Neos schmutzig. Überall lag schwarze, gefrorene Erde. Die Babys begannen zu schreien. Es wurde kalt. Aber eine Wandplatte lag vor Elain auf dem Boden. Und in der entstandenen Öffnung war...

"Elijah!?"

Er war schmutzig, in seinem Gesicht sah Elain Blut. Und er...weinte. Das hatte Elain noch nie gesehen, nicht nur sie, niemand hatte Elijah je weinen gesehen.

"Elain. Wir müssen hier weg! Nimm die Kinder, wir müssen weg!"

"Langsam, Elijah, es ist alles gut!"

Jetzt begann Elijah zu schluchzen. Tränen tropften auf den Boden.

"Nein! Das ist es nicht! Bitte, nimm alle Kinder und dann müssen wir laufen!"

Elijah spürte wie jemand seine Hand nahm. Ethan. Immer noch schüttelten Schluchzer ihn. Er hatte gar nicht gemerkt, wie der Kleine hergekommen war. Der rothaarige, kleine Bub sah Elijah an und sagte,

"Ich hab die anderen gerufen. Wir können gehen. Draußen ist es kalt, stimmt's?"

Elijah atmete tief durch.

"Ja, es ist sehr kalt."

"Dann machen wir Feuer."

Ethan stemmte die Hände in die Hüften und sah entschlossen zu Elain, die wie versteinert in ihrem Rollstuhl saß.