XV. Aufgeben

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Jahr 4028/Tag 121

Ethan schläft jetzt nicht mehr im Bereich der B's, obwohl das eigentlich nicht so vorgesehen ist. Er kann nicht. Er schläft jetzt neben Elain, weil er alleine nicht einschlafen kann. Die Bilder von Eric's Tod, von dem Mann mit der Spritze, von den Reagenzgläsern mit den Babys suchen ihn heim, machen ihm Todesangst. Ethan wird niemals mehr ein normaler Junge sein können, das Leuchten in seinen Augen wurde durch Furcht ersetzt.

Elain versucht ihm so gut es geht beizustehen, aber auch ihr Lebensbild hat einen Riss bekommen. Was der kleine Ethan gesehen hat, zerstört alles, was sie je über ihre Welt zu Wissen geglaubt hat. Sie denkt an Evie. Sie war so entschlossen. Sie war auch nicht immer einfach, aber sie ist hier unten verrückt geworden. Elain versucht mittlerweile nicht mehr, am Unterricht teilzunehmen. Sie fragt sich oft, warum alles so schrecklich schief läuft. Alles, was die Kinder unten am Leben hält, ist die Freude auf ihr Leben als Erwachsene, auf den Himmel. Vielleicht gibt es da oben gar keinen Himmel, sondern nur eine grausame Welt. Voller Tod.

Das Goldkettchen an seinem Arm fühlt sich schwer an, als er Elain's Schlafraum betritt. Er sieht es angeekelt an. Darauf steht sein Name, der offensichtlich teuer war, weil er nicht mit E beginnt. August öffnet leise die Tür. Ethan schläft bereits, während Elain die projizierten Sterne hinter den Sumamethalfenstern ansieht. Sie sieht irgendwie mutig aus, stellt er fest und schämt sich sofort für diesen Gedanken. Für solche Dinge darf in seinem Kopf kein Platz sein. Vor allem jetzt nicht.

"Hey, kann ich mal kurz mit dir reden? Wegen dem Kleinen?"

August flüstert, um seinen Liberino nicht zu wecken. Das Kind für das er die Verantwortung trägt. Was für ein Witz.

"Klar. Was möchtest du?"

"Ich weiß, dass klingt absolut bescheuert, aber, ich möchte das der Kleine ein anderes Leben hat. Keins wie das hier. Kein Leben voller Angst."

Elain lächelt schwach.

"Und was hat du vor? Wir können hier nicht weg. Verstehst du nicht? Sie züchten Menschen ohne Eltern und dann töten sie sie. Ich glaube nicht, dass in der Welt irgendwo Platz für uns ist. Sieh mich an! Ich bin ein Fehler. Ich bin nicht wertvoll. Nenn mich egoistisch, aber sie töten uns sowieso. Es hat keinen Sinn."

"Das weißt du nicht!"

Sein Ton ist scharf, er kniet sich hin um mit Elain auf Augenhöhe sprechen zu können.

"Es muss einen Weg geben. Vielleicht hast du dich aufgegeben, aber ich tue es nicht. Ich war manchmal ein Arschloch, das gebe ich zu, aber der Kleine hat mir die Augen geöffnet. Und du"

Er packt ihre Schultern so fest, das sie zusammenzuckt.

"Das ist nicht die Elain, wie ich, wie wir alle sie kennengelernt haben. Die Elain, die ich kenne, tut alles und gibt niemals auf. Wie viele tote Babys hast du in den Armen gehalten und wie viele hast du gerettet? Bitte Elain! Wenn du aufgibst dann tue ich es auch!"


Elijah streckt sich auf der blauen Bank aus. Sein Plan hat nicht funktioniert. Er weiß immer noch nicht was die Erwachsenen machen, der Knirps ist ja komplett irre. Und Eric hat er sowieso nie gemocht. Aber der Winzling kam über den Babyschacht wieder nach unten. Elijah hat einen neuen Plan.

Blue Curtains/District 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt