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»Yuki? Stehst du auf? Lord Corvin, wird bald eintreffen!«, rief Freya und klopfte an meine Zimmertür. »Komme«, erwiderte ich und richtete mich auf. Müde strich ich mir meine weißen Strähnen aus dem Gesicht und schaute mich in meinem Zimmer um. Schlicht weiß, wie meine Haare. 

Da ich eigentlich, nach den anderen, blind sei, würde eine farbenfrohe Einrichtung nicht viel bringen. Das schlichte Weiß gefiel mir, aber vielleicht hätten einige rote Akzente reingepasst, doch war es auch so okay.

Schnell schwang ich meine Beine, über die Bettkante und stand auf. Mein Kleiderschrank besaß ebenso wenige farbenfrohe Kleider. Schlichte schwarze oder weiße Kleider waren darin enthalten, sowie meine weißen Schürzen. Zwei verschiedene Paare von Schuhen. Meine leichten Absatzschuhe, die ich zur Arbeit trug und schwarze Stiefel, für draußen. 

Ich nahm mir eins meiner schwarzen Kleider und band mir die weiße Schürze um, schlüpfte in meine Schuhe und griff nach dem Verband, welcher in einer Kiste im Schrank war. Einen Moment schaute ich mich im Spiegel an, betrachtete mein Aussehen. 

Schneeweiße Haare und blutrote Augen. Meine Haut so bleich, dass ich oft für krank gehalten wurde. Die Lippen in einem blassen Rosa. Leicht schüttelte ich meinen Kopf und band mir den Verband über die Augen, bevor ich meine Haare noch etwas richtete. 

»Yukiiii!«, quietschte Runa aufgeregt und stieß die Tür zu meinem Zimmer auf. »Bist du fertig?«, fragte sie und kicherte leise. »So aufbrausend wie eh und je«, kicherte ich und ging auf sie zu. Über die Jahre hatte ich gelernt, mich auf meine Instinkte zu verlassen. Mein Gehör hatte sich sehr verbessert, sowie mein Geruchssinn. Außerdem hatte ich eine Vorahnung, wo sich eine Person befand. Ich spürte ihre Anwesenheit, wenn man es so sagen konnte. 

»Lord Corvin kommt heute wieder«, sagte sie aufgeregt und hakte sich bei mir unter. »Ich freue mich, wenn er wieder im Haus ist«, erwiderte ich und lächelte sanft. »Wieso denn so ruhig, Flöckchen!«, ertönte die lachende Stimme von Caecilius. »Lius!«, lachte ich und schlang meine Arme um den großen Mann. 

Er war einer der Angestellten und kümmerte sich meistens, mit Nael einem anderen Angestellten, um die Pferde. Oftmals gingen sie auch mit Lord Corvin auf die Jagd. 

»Du hast mich aber sehr vermisst. Es war doch nur eine Nacht, in der wir uns nicht sahen. Oder soll ich bei dir im Zimmer schlafen?«, lachte er und hob mich hoch, um mich im Kreis zu drehen. Laut kicherte ich auf und strahlte über mein ganzes Gesicht. »Und weißt du, wer mit dem Lord wiederkommt?«, fragte er, als er mich absetzte. »Nael!«, rief Runa und hakte sich wieder bei mir ein. 

Ein genervtes Schnauben kam von Links und sofort wanden wir uns zu der Person. »Wenn ihr rumalbern könnt, könnt ihr auch arbeiten. Die Küche muss noch gewischt werden und der Tisch muss auch noch hergerichtet werden. Jemand sollte auch noch Feuerholz holen und die Pferde müssen auch noch versorgt werden!«, murrte Ren, eine junge Frau, die ebenfalls hier angestellt war. 

Lord Corvin meinte zwar zu mir, ich müsse nicht so viel arbeiten. Doch wollte ich es. Ich wollte mich für alles bedanken. Für das, was er mir gab. Ein Zuhause, Essen, Familie. 

»Jawohl Ren!«, sagte Caecilius, während er sehr wahrscheinlich salutierte. »Luis, benimm dich«, fauchte ich und trat nach ihm. »Stehts zu Ihren Diensten, Flöckchen«, sagte er und gab mir einen Kuss auf die Wange. »Heute wieder besonders kalt«, grinste er und gab mir auf die andere Wange einen Kuss. »Ja, ja.« Brummend schob ich ihn weg und lief einen Schritt vor. 

»Ich gehe zu den Pferden. Sie sind auf der Wiese oder?«, fragte ich und bekam einen zustimmenden Laut von Ren. Schnell hastete ich wieder nach oben und zog mir meine Stiefel an, sowie meinen schwarzen Umhang. 

Yuki - Das Mädchen aus dem Schnee  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt