Würde ich mich je an dieses Leben gewöhnen? Dauernd wurden mir irgendwelche Fragen gestellt, die ich nicht beantworten konnte. Außerdem war die Feindseligkeit von Agnia nur noch mehr gewachsen. Was es natürlich nicht besser machte, wenn ich beinahe die ganze Zeit meine Augenbinde trug und so ihre Aura spüren konnte.
Was ich nicht schlimm fand, dass Faris mir auf Schritt und Tritt folgte. Schließlich war er mein bester Freund. Trotzdem war es ungewohnt, da ich einen solchen Schutz nicht gewohnt war. Meine Schwestern verbrachten so viel Zeit mit mir, wie sie nur konnten, denn auch sie hatten ihre Aufgaben und Pflichten. Meine Eltern waren nun in Angelegenheiten für das Königreich verwickelt, da nun ich wieder da war und somit eine zweite Thronfolgerin den Thron beanspruchte. Dadurch mussten viele Dinge noch geklärt werden. Zwar würde ich auch auf den Thron verzichten, da ich mich nicht wohl in dieser Rolle fühlte, doch konnte ich diese Rolle nicht einfach so ablegen.
Zerberus war vor wenigen Tagen widerwillig abgereist, was auch mir unglaublich schwer gefallen war. Dennoch verstanden wir beide, dass er sich nun wieder seinem Rudel widmen musste. Daryn lebte natürlich nun hier und beanspruchte Solea sehr, weshalb sie noch weniger Zeit für mich hatte. Ich konnte es ihr aber nicht verübeln, schließlich war er ihr Verlobter und sie liebte ihn. Außerdem würden beide früher oder später heiraten.
Ich befand mich momentan in den Gemächern des Lehrmeisters Sir Macaire. Der alte Mann saß mir gegenüber und blätterte in einem ledergebundenen Buch. Seine grauen Haare waren unglaublich lang und sein Bart, den er nach Faris niemals rasiert hatte, ging ihm beinahe bis zur Hüfte. Beim Laufen, lief er eher gekrümmt und musste sich auf einen Stock abstützen. Dennoch machte ihn seine ganze Gestalt umso weiser.
Faris saß neben mir und hatte seinen Kopf gelangweilt abgestützt und schien beinahe einzuschlafen. Immer wieder rutschte sein Kopf ab, wo bei er dann komische Geräusche von sich gab und aufschreckte, bevor er wieder halb einschlief.
Interessiert musterte ich die Gemächer, die mit zig Büchern, Schriftrollen und anderen alten Dingen vollgestopft waren, da Sir Macaire nicht vorhatte zu sprechen. Jedenfalls hatte er bis jetzt noch nichts gesagt, nicht einmal begrüßt hatte er uns, obwohl er derjenige gewesen war, der mich hierher rufen ließ.
Im Hintergrund hörte ich, wie Sir Macaire erneut umblätterte und dann eine Feder über Papier kratzte, als er sich erneut etwas notierte. Am anderen Ende des Raumes befand sich eine Stange, auf der eine Schleiereule saß und schlief. Ihr Kopf war in ihrem Gefieder vergraben, wodurch ich nur einen Federball erkennen konnte.
Unsicher darüber, ob ich es wirklich tun sollte, sah ich zu Faris, der nun mit verschränkten Armen auf dem Tisch schlief und leise vor sich hin murmelte.
Leise schob ich meinen Stuhl zurück und richtete mich auf. Meine weißen Haare waren zu einem Zopf hoch gebunden und an einer Seite meines Kopfes war eine geflochtene Strähne, die in meinen Zopf verlief. Hiko hatte mir diese Frisur gemacht, nachdem sie mich aufgeregt gefragt hatte, ob sie etwas mit meinen Haaren machen durfte, da ich sie nur langweilig offen trug, nach ihr.
Das Kleid, das ich trug, ging bis zum Boden und war sehr locker, unterhalb der Hüfte, geschnitten. Es war, wie fast jedes meiner Kleider, weiß. Meine Schuhe waren wieder mit Absatz und in der selben hellen Farbe. Die Augenbinde hatte ich wie immer um mein Handgelenk gewickelt und das Armband, welches mir Runa schenkte, trug ich noch immer.
Vorsichtig glitten meine Finger über die Bücher und Schriftrollen. Vor einem Buch, welches ziemlich alt aussah, blieb ich stehen und schlug es auf. Die Seiten waren vergilbt und die Wörter, die darin geschrieben waren, konnte ich zwar lesen, doch wusste ich nicht, wieso ich es konnte. Ich kannte diese Sprache nicht. Es waren auch nicht wirklich Wörter, wie ich sie gewohnt war, sondern ähnelten sie mehr Zeichen.
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Yuki - Das Mädchen aus dem Schnee
FantasyEin Königreich, zwei Länder. Das rote und das weiße Land. Eine Seite von Kälte gezeugt, während die andere vor Wärme nur blüht. Dieses Königreich beherrscht, von König und Königin. Doch bald schon, wird eine neue Königin herrschen. Die Prinzessin...