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Erschöpft blickte ich meinem Vater entgegen, der mit mir auf dem Schlosshof stand und mit mir trainierte. Sehr strengte ich mich nicht an. Meine Eiszapfen waren stumpf und zersplitterten bloß an der Zielscheibe.

Verzweifelt atmete mein Vater ein und kam auf mich zu. »Was ist denn los, Yuki?«, fragte er und schaute mich besorgt an. »Ich bin nur müde«, sagte ich, obwohl dies mehr oder weniger gelogen war.

Ich war zwar müde, was aber mehr daran lag, dass ich kaum schlief. Seit ich erfahren hatte, dass ich schwanger war, konnte ich kaum schlafen. Ebenso machte es mich verrückt, dass Ritos noch immer nicht hier angekommen war. Er sollte auf dem Weg sein, doch wann würde er auftauchen. Vielleicht war er bereits hier, doch spannte er mich extra auf die Folter. Er wollte mich leiden sehen.

Und dass ich sterben musste, machte das alles nicht besser. Ich tötete mein Kind mit mir. Ein Kind, welches ich niemals zu Gesicht bekommen würde. Das Kind, welches ebenso Zerberus Kind war. Ich ließ mich wissentlich töten und ließ unser Kind mit mir sterben.

»Das sieht aber anders aus«, meinte er. »Es ist alles gut, Vater«, wimmelte ich ihn ab und schritt an ihm vorbei. »Ich gehe mich etwas ausruhen«, sagte ich noch, bevor ich ins Schloss verschwand und meinen Vater stehen ließ.

Müde strich ich mir über mein Gesicht und schritt die Gänge entlang. Bewusst steuerte ich Agnias Gemächer an, in denen ich sie sofort fand. Überrascht sah sie auf und lächelte mich freundlich an, als ich die Tür hinter mir schloss.

»Was tust du denn hier?«, fragte sie und richtete sich von ihrem Stuhl auf. Sie war gerade noch über einigen Büchern gebeugt und hatte sich irgendwas notiert. »Suchst du noch nach Auswegen?«, fragte ich, ohne auf ihre Frage einzugehen. Seufzend nickte sie, doch die Enttäuschung in ihren Augen, gab mich sofort eine Antwort.

»Bist du sicher? Es muss einen Ausweg geben. Ich darf nicht sterben.« Verzweifelt ließ ich mich auf ihrem Bett nieder und legte meine Hand auf meinen Bauch. Ihre Augen legten sich auf meinen Bauch, ehe sie sich weiteten. »Bist du?«, fragte sie heiser und schaute zu meinen Augen auf. Schwach nickte ich. »Es wird ein weißes Kind«, hauchte ich traurig.

Langsam ging sie vor mir auf die Knie und legte ihre Hände auf meinen Bauch. »Das war noch niemals so«, krächzte sie. »Ich töte es mit mir, Agnia! Ich töte mein Kind.« Verzweifelt rollte eine Träne über meine Wange. Ebenso rollte meiner Tante eine Träne über ihre Wange, während sie meinen Blick, mit dem gleichen Gefühl erwiderte.

»Wo ist er?«, fragte ich und versuchte von meinem Kind abzulenken. »Wo genau kann ich dir nicht sagen. Doch fühle ich, dass er näher kommt. Deshalb konnte ich ihn damals spüren, als er es das erste Mal versuchte. Es ist eine Verbindung zwischen Schüler und Lehrer«, erklärte sie und setzte sich neben mich.

»Schüler und Lehrer?«

Leicht nickte sie. »Als ich damals bei den Druiden lernte, war er mein Lehrer. In deiner Erinnerung habe ich ihn Schatten Fürst genannt und er mich reines Feuer. Mein Name bedeutet reines Feuer, weshalb er mich so nennt, genauso ist es auch bei ihm. Doch beschreibt sein Name auch seine Gestalt. Sein Körper kann sich manifestieren, doch eigentlich besteht er bloß aus Rauch. Unter den Druiden ist er sehr hoch gestellt, sowas wie ein Fürst. Deshalb trägt er auch den Namen Schatten Fürst, gleichzeitig ist dies aber auch die Bedeutung seines Namens. Unter den Druiden ist es auch ein Ritual, dass Schüler und Lehrer sich mit der Bedeutung des Namens ansprechen.«

Schweigend sah ich meine Tante an, ehe ich meinen Blick von ihr abwand. »Du hast von ihm gelernt?«, fragte ich heiser, was sie nickend bestätigte. »Ich besaß großes Talent und wäre ich länger bei ihnen geblieben, wäre ich nun wirklich mächtig. Ritos und ich besaßen eine wirklich enge Beziehung, doch nachdem verkündet wurde, dass er die Aufgabe besitzen würde dich zu töten, ging diese in die Brüche.«

Yuki - Das Mädchen aus dem Schnee  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt