•Kapitel 23•

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Hätte Jordan mir nicht ins Gewissen geredet, wäre ich am 1. Weihnachtsfeiertag niemals spät abends noch nach Hause gefahren.



Ich hatte bereits mein perfektes Weihnachten gehabt, und hatte eigentlich nicht vor, mir dieses zu ruinieren.


Denn das würde es bestimmt, wenn nicht durch das Schwiegerbiest, dann mit Sicherheit durch irgendetwas anderes. Doch ich hatte den Fehler begangen, mir von Jordan ins Gewissen reden zu lassen und überzeugend wie er war, stand ich nun im dunklen Flur.


Meine Laune hielt sich ziemlich in Grenzen, ich wäre viel lieber noch bei Jordan gewesen und hätte Zeit mit ihm verbracht.


Aber jetzt war ich schon einmal hier und ich wollte nicht Jordans enttäuschten Blick sehen, wenn ich heute Nacht doch noch bei ihm aufkreuzen würde. Wenigstens hatte ich dann meine soziale Tat der Woche hinter mir. Die könnte mein Karma nämlich auch gut gebrauchen.



Ich nahm nochmal einen tiefen Atemzug und schlich leise die Treppe hoch.


Ich wusste nicht warum mich ein unwohles, nervöses Gefühl überkam, schließlich würde ich jetzt niemanden mehr treffen. Außer vielleicht Leona, welche selbst um diese Uhrzeit - mein Handy verriet mir, dass es bereits halb zwölf war - noch ihren Spaß hatte. Doch selbst wenn ich einen von ihnen getroffen hätte, sollte das eigentlich kein unwohles Gefühl in mir hervorrufen. Schließlich waren sie, auch wenn ich es nicht so sah, doch abgesehen von Jordan, das, was einer Familie am nächsten kam.


Daher konnte ich mir einfach nicht erklären, woher dieses unbehagliche Gefühl und die Anspannung, die mich auf der Treppe überkommen hatten, plötzlich kamen. Ich überlegte kurz, ob es irgendeinen Grund geben könnte, doch war ich die letzten Tage, die ich ausschließlich mit Jordan verbracht hatte, wunschlos glücklich gewesen.



Ich versuchte also mein bestes, um das Gefühl abzuschütteln, während ich ins Bad ging, mein Gesicht wusch und mich bettfertig machte. Doch auch während ich meine Haare zu einem Zopf flocht, was zum Vorteil hatte, dass ich Morgen mit großer Wahrscheinlichkeit traumhafte Locken, oder zumindest akzeptable, hätte, verflog das Gefühl nicht.


Ich beschloss, dass ich so auf keinen Fall einschlafen könnte, und überlegte angestrengt, woran das Gefühl denn noch liegen könnte.


Um das Problem zu lösen, musste man bekannter Weise erstmal die Ursache herausfinden.



Ich durchforstete das Urwald ähnliche Gestrüpp meiner Gedanken und kam zu dem Schluss, dass mein Unwohlsein auch einfach unbewusste Sorge um Leona sein könnte. Wobei ich doch stark hoffte, dass es nichts gab, um dass ich mir Sorgen machen musste.


Auch wenn ich eigentlich genau wusste, dass alles, was Leona in den letzten Wochen getan hatte, mehr als Besorgnis erregend war.


Und ich immer noch dir einzige war, die ihre Veränderung- sowohl äußerlich, als auch innerlich - zu bemerken schien.


Und hatte ich anfangs noch versucht ihr wirklich zu helfen, hatte ich mittlerweile schon aufgegeben. Man musste auch wissen, wann es genug war und wann derjenige keine Hilfe wollte oder brauchte.


Und Leona wollte eindeutig keine Hilfe, also sollte ich mich und sie immer weiter unglücklich machen? Doch wie es aussah, würde ich nicht eher schlafen können, bis ich nach Leona geschaut und mein Gewissen beruhigt hatte. Ich hoffte nur, dass sie schon selig schlief, da ich wirklich nicht vorhatte Augenkrebs zu bekommen, wenn sie mir einem Freund zusammen Spaß hatte.



Als ich also möglichst leise den Flur entlang ging, malte ich mir bereits die schrecklichsten Szenarien aus. Leona und ein Footballer definitiv nicht jugendfrei ineinander verschlungen.

Ein Labyrinth aus SchweigenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt