•Kapitel 16•

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Ich konnte nicht sagen, warum mir die Entscheidung, wohin uns unser heutiges Date führen würde, so schwer fiel. Vermutlich lag es daran, dass alle Dates, die er bis jetzt geplant hatte, auch wenn es erst zwei gewesen waren, sich magisch und einzigartig angefühlt hatte. Und ich wollte das auch für dieses Date, dieses magische Gefühl. Und das war verdammt schwer.


Andererseits lag es gewiss auch daran, dass ich in Gedanken immer wieder bei meinen Freunden war. Und dem Treffen, gegen das ich mich entschieden hatte. Es war nicht so, dass ich keine Lust gehabt hätte oder gar befürchtete, dass es langweilig geworden wäre, denn mit ihnen war es immer lustig und einfach, jedoch hatte sich mein Herz nach Jordan gesehnt. Ich hatte auf mein Herz gehört und hatte jetzt aber Angst, dass ich meine Entscheidung im Nachhinein bereuen würde.


Dass das Date ein totaler Flop werden würde und Jordan verkünden würde, dass er genug von mir hatte. Eigentlich wusste ich, dass er so etwas nicht machen würde, ich war mir sicher, dass ich nicht die einzige war, die die Anziehung und die Spannung zwischen uns spürte.


Aber trotzdem konnte ich nichts gegen meine Zweifel und meine Unsicherheit tun. Ich wusste auch, dass Zweifel menschlich waren, doch ich hasste dieses Gefühl einfach nur. Es verunsicherte mich und ruinierte letztendlich immer nur alles, brachte einen dazu Dinge zu tun, oder auch nicht zu tun, die man später bereute.


Was mich aber beruhigte war, dass ich mich auf Jordan verlassen konnte, zumindest hoffte ich das, und ich mit ihm über meine Zweifel reden könnte, ohne das er mich verurteilte.



Und deswegen war mir der folgende Schritt direkt etwas leichter gefallen, auch wenn es mich trotzdem einiges an Überwindung gekostet hatte, mich selbst zu überzeugen, diese Seite von mir selbst zu präsentieren. Eine Seite für die ich mich eigentlich nicht zu schämen brauchte, auf die ich eigentlich sogar stolz sein könnte, die ich aber trotzdem nie jemand gezeugt hatte.


Nicht Kandra, nicht Shey. Niemandem.


Und das würde sich jetzt ändern - auch wenn ich mich so fühlte, als würde ich am Rand einer Klippe stehen und müsste jeden Moment abspringen.



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Jordan war mehr als überrascht, als ich verkündete, dass er sein Auto am südlichen Rand vom Battle Creek parken sollte.


Die wenigsten Leute verirrten sich hier hin, es gab fast nichts außer Feldern und einem angrenzenden Waldgebiet. Und doch waren wir genau richtig, als ich ihn in Richtung eines großen, alt aussehenden Gebäudes lotste.


Von außen ließ nichts darauf schließen, um was es sich bei dem Gebäude handelte. Und dafür war ich auch dankbar, es wäre sonst eine indirekte Bloßstellung gewesen.


Ich schaute mit einem nervösen aber zufriedenen Lächeln zur Fassade empor, sie war hell beige angestrichen und ich wusste, dass die Räume durch die vielen großen Fenster offen und hell wirkten. Alles war lebendig und fröhlich, man spürte nichts von der Traurigkeit, die hintergründig in den Schatten lauerte. Denn auch wenn ich glücklich zu dem Gebäude hoch blickte, blickten viele der Kinder traurig hinab, nach draußen, dahin wo sie nicht hin konnten.



Mrs. Batchett versuchte den Kindern alles zu bieten, doch das, was sich alle Kinder von Herzen wünschten konnte sie ihnen nicht ermöglichen.


Ich selbst hatte eine lange Zeit lang auf einer der Fensterbänke gesessen und sehnsüchtig in die Ferne geschaut. In der Ferne, wo ich mein altes Leben zurücklassen hatte müssen.


Meine Eltern, auch wenn ich wusste, dass ich Arthur mehr als dankbar dafür sein konnte, dass er mich damals in Mrs. Batchetts Waisenhaus gebracht hatte. Auch wenn ich Marianne und ihn damals schrecklich vermisst hatte und tagelang sauer gewesen war und nicht aus meinem Zimmer gekommen war.

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