Kapitel 29 | Nate, ich liebe dich

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Kapitel 29

Es war, als wäre ich eine Leiche. Wenn ich den Spiegel blickte, dann war da nur diese magere Gestalt, mit der bleichen Haut und den eingefallen Wangen zu sehen. Eigentlich hatte ich sehr gute Veranlagungen zu gebräunter Haut, doch in letzter Zeit hatte ich mich so einseitig ernährt und kaum das Haus verlassen, dass der schon beinahe graue Ton meiner Haut normal war. Das einzig hervorstechende in meinem Gesicht waren meine roten und verquollenen Augen, die mich wie ein drogensüchtiges, kleines Etwas aussehen ließen.

Ich wusste, dass diese Selbstmitleid Tour nichts brachte und ich so nur mich selbst kaputt machte, aber für einen klitzekleinen Moment hatte es gut getan, mich dem Herzschmerz einfach nur hinzugeben. Ich hatte den Typen verloren, der mein Herz rasen ließ und den ich, trotz meines doch eher jungen Alters, am liebsten als die Liebe meines Lebens bezeichnen würde. Doch um noch eines oben drauf zu setzen hatte ich meine beste Freundin vergrault, belogen und hintergangen. Am liebsten wollte ich ihr die ganze Schuld zu schieben, aber ich wusste genau, dass ich genauso meinen Teil zu der jetzigen Situation beigetragen hatte.

Einzig Nate verdiente es nicht, jetzt so zu leiden. Er hatte nie lügen wollen, er wollte von Anfang an zu uns beiden stehen und er hatte Emma auch nie irgendwelche Hoffnungen gemacht. Kurz gesagt, er hatte sich kein einziges Mal falsch verhalten.

Tief seufzte ich und versuchte runter zu kommen und mich in einen Zustand zu versetzen, indem es mir möglich war, klar zu denken. Ich wollte nichts weiter, als mich in Nates Arme zu stürzen und all das wieder gut zu machen, was ich ihm angetan hatte. Aber mir war bewusst, dass das unmöglich war. Nachdem was ich getan hatte, konnte ich nur allzu gut nachvollziehen, dass Nate nichts mehr mit mir zu tun haben wollte.

Wütend über meine eigenen Gedanken stand ich energisch auf. Wie konnte ich nur so dumm sein und ihn gehen lassen? Wie konnte ich nur? Wenn ich nicht so ein schreckliches, verabscheuenswürdiges Wesen gewesen wäre, dann hätte ich ihn auch nie verloren Dann hätte ich Emma nicht verloren! Mit zitternden Fingern tastete ich nach meinem Handy und schaltete es zum ersten Mal nach Tagen wieder ein. Ein wenig schockiert blickte ich auf die über tausend Nachrichten und die verpassten Anrufe, die auf mich gewartet hatten.

Als ich WhatsApp öffnete, stürzte dieses sogleich ab, weshalb ich es ein weiteres Mal tat. Der Chat von Nate war ganz oben. Zaghaft öffnete ich ihn.

Schreib so etwas nicht, Cas bitte. Ich liebe dich und wir können mit Emma darüber reden, davon bin ich überzeugt!

Cas!

Ich liebe dich

Bitte antworte mir

Wo bist du? Ich mache mir Sorgen!

Ich schwöre dir, bei allem was mir heilig ist, wenn du mich weiter ignorierst, dann erfährt Emma mehr als dir lieb ist.

Cas!

Ich liebe dich, was ich daran so schwer zu verstehen?

Liebst du mich denn nicht auch?

Jede einzelne Nachricht trieb mir die Tränen in die Augen. Wie konnte er nur jemals daran zweifeln, dass ich ihn liebte? Und wie konnte ich so dumm sein, ihn einfach so aufzugeben?

Nein, damit würde jetzt Schluss sein. Ich würde für ihn kämpfen, denn ich konnte nicht erwarten, dass er mir weiter hinterherlief. Vielleicht war ein erstes Mal ich an der Reihe ihm hinterher zu laufen. Und genau das würde ich jetzt auch tun.

Nate. Ich liebe dich

Mehr Worte brachte ich nicht über mich, alles Weitere musste ich ihm von Angesicht zu Angesicht sagen. Die Einzige Frage war nur, wo er jetzt war. Viele Möglichkeiten gab es nicht, und da er die Nachricht noch nicht gelesen hatte, entschied ich mich dazu, als Erstes das Strandhaus aufzusuchen.

Früher hatte er dort viel Zeit verbracht und so war es nicht unwahrscheinlich, dass er sich auch in diesem Moment dort aufhielt. Mit einem „Bin unterwegs" verabschiedete ich mich von meiner Mutter. Ich war nicht wirklich vorbereitet, hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte, wenn ich ihm gegenüber stehen würde. Ich wusste nur, dass ich ihn um Verzeihung bitten wollte.

So schnell ich konnte, rannte ich die Straßen entlang, der nächste Bus würde erst in einer halben Stunde fahren und solange wollte ich nicht warten. Nicht, wenn es um Nate ging.

Keuchend und verschwitzt hatte ich das Strandhaus erreicht, doch auf mein Klingeln war keine Antwort erfolgt. Mindestens fünf Minuten hatte ich noch vor der Tür gestanden und gewartet, mehrfach geklingelt, für den Fall, dass er mich nicht gehört hatte. Doch nichts war passiert, die Tür, die er schon so oft für mich geöffnet hatte, war verschlossen.

Innerlich sackte ich in mich zusammen, alles zog an mir vorbei. Ich wollte nicht zu ihm nach Hause gehen, wir waren nie dort, weil er sich mit seinen Eltern nicht so gut verstand. Zumindest hatte er das gesagt. Wenn ich jetzt so daran dachte, hatten wir selten über seine Familie gesprochen. Wir hatten grundsätzlich selten über ihn gesprochen. Unsere Beziehung hatte sich einzig und allein um mich gedreht.

Als mir erneut bewusst wurde, wie unglaublich egoistisch ich war, konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Wieso nur war er nicht hier? Ich wollte doch lediglich alles wieder gut machen. Um ihn kämpfen.

Aber ich wollte nicht in seine Privatsphäre eindringen, ihn bei sich zuhause stören. Nachdem ich innerlich zusammen gebrochen war, ließ ich mich nun endkräftig an der Hauswand hinunter. Vielleicht war das ja ein Zeichen Gottes. Vielleicht wollte er ja gar nicht, dass Nate und ich wieder zusammenkamen, vielleicht war dies das Zeichen, dass wir nicht füreinander bestimmt waren.

Ich schlug mich. Schon wieder solche Hirnrissigen Gedanken. Mit Sicherheit wollte Gott nur, dass ich Nate bewies, was ich für ihn fühlte, denn einzig und allein reden reichte manchmal nicht aus. Manchmal war etwas mehr als Beweis erforderlich und mein Beweis war es, Emma für ihn aufzugeben. Wenn sie meine Liebe zu ihm nicht akzeptieren konnte, dann würden wir vielleicht ein wenig Abstand voneinander nehmen müssen.

Gerade als ich mich erhob, vernahm ich zwei laute, sich streitende Stimmen am Ende der Straße.

„Wieso sollte ich dir jetzt verzeihen?"

„Ich sagte doch, dass es mir Leid tut. Aber bitte geh zu ihr. Sie leidet schrecklich. Sie will dich, sie liebt dich." „Glaubst du etwa, mir geht es anders? Aber sie hat sich gegen mich entschieden und ich will nicht, dass sie sich auch noch gegen dich entscheiden muss. Das würde sie nicht ertragen"

Ein leises Fluchen. „Du bist so ein Hohlkopf. Würde ich wirklich vor dir stehen, wenn mir nicht bewusst geworden wäre, was für eine Egoistin ich bin? Ich habe das zu verantworten, weil ich gedacht habe, besser zu wissen, was gut für euch beide ist. Dass ich mich geirrt habe, erkannte ich erst, als Cassandra mich anschrie und dabei schluchzte. Bitte, ich will einfach nur, dass du ihr eine letzte Chance gibst. Eine einzige und ich schwöre dir, dass ich mich niemals wieder zwischen euch stellen werde. Niemals, nur bitte vergib ihr!"

„Cas, was machst du hier?" Auf einmal stand Nate vor mir.

♤♤♤

▪ Aha

▪ da gibt es wohl demnächst ein Gespräch

▪ Endlich haben Cassandra und Emma es eingesehen

▪ seid nicht so sauer auf Emma, wie hat ihre Fehler eingesehen und versucht sich zu entschuldigen

L U I S E

Summer Is OverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt