18. Kapitel

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Lexa sah uns musternd an und verließ dann wieder das Zimmer. "Weiß sie, dass wir zusammen sind?", fragte ich daraufhin. "Ja, aber sie hat mich gebeten, nichts Verbotenes zu tun und ist misstrauisch der ganzen Sache gegenüber." "Verbotenes? Wie meint sie das?" Ein betretenes Schweigen entstand, dann antwortete Zara: "Sex. Sie ist sehr religiös. Lex akzeptiert Homosexualität und ist eigentlich generell tolerant, aber... naja... du weißt schon." Mit einem Nicken erlöste ich sie von dem unangenehmen Gespräch und kaute an dem selbstgemachten Keks. "Glaubst du auch an irgendetwas?", fragte ich schließlich. "Ja, ich glaube an Gott,", während sie das sagte zog sie eine Kette mit einem Kreuz aus dem Ausschnitt ihres T-Shirts. "Jesus und den heiligen Geist. Aber ich gehöre zu keiner Religion - also ich bin weder katholisch noch evangelisch. Ich glaube einfach an das, was ich durch die drei selbst erlebe und mitbekomme." Ich sah meine Freundin etwas verwirrt an. Diese Sachen über den Glauben verstand ich nicht wirklich, weil ich schon immer in Ethik war und nicht oft etwas mit Gläubigen zu tun hatte. "Wie ist es denn bei dir?", fragte sie dann. "Ich... habe keine Ahnung. Aber auf jeden Fall denke ich, dass irgendetwas oder -jemand das alles auf der Erde regelt und kontrolliert.", als ich meinen Satz beendete, sah ich zuerst zu Zara und dann aus dem Fenster. Da bemerkte ich kleine, zierliche Schneeflocken, die aus den Wolken schwebten. "Es schneit! Der erste Schnee!", bemerkte ich aufgeregt. Auch meine Freundin ließ sich von den kleinen Flocken ablenken und rutschte näher zum Fenster.

Aufgrund der kalten Temperaturen waren wir in die Küche gegangen und machten uns gerade einen warmen Kakao. Währenddessen erzählten wir uns dumme Witze, die uns durch den Kopf gingen:
"Mir fällt gerade noch einer ein!", meinte Zara. "Sitzen zwei Leichen auf dem Baum - eine fällt runter - beide tot." "Oh Gott, ist der schlecht!", lachte ich. Da kam Lexa zu uns. "Worüber lacht ihr?", erkundigte sie sich lächelnd. "Wir erzählen uns schlechte Witze.", erklärte ihre jüngere Schwester. "Darf ich mitmachen? Ich weiß auch einen." "Klar, schieß' los." Sie tat wie gehießen: "Wer sind die nettesten Autofahrer?", wir warfen uns ratlose Blicke zu. "Geisterfahrer. Die sind immer so entgegenkommend.", erklärte sie lachend und wir stiegen ein. Die Milch war mittlerweile warm genug, also füllten wir sie in drei Tassen - wir haben auch an Lexa gedacht - in welchen schon Kakaopulver war. Dankend nahm sie eine Tasse entgegen und setzte sich mit uns an den Tisch. "Also, Selina, was machst du so?", fragte sie. "Ähm... Ich schwimme gerne, lese ab und zu und klettere gerne.", antwortete ich verunsichert. "Und wie habt ihr beide euch kennengelernt?", fuhr sie mit einem forschenden Blick fort. "Bei dem Schulball bin ich über Zaras Fuß gestolpert und dann haben wir uns unterhalten und Nummern ausgetauscht.", erklärte ich. "Und warum soll ich dir vertrauen und zulassen, dass du mit ihr zusammen bist?", hakte sie nach. "Lex! Bitte!", warf meine Freundin mit einem wütendem Unterton ein. Daraufhin hob Lexa schützend und besänftigend zugleich die eingebundenen Hände. "Schon gut, ich wollte mich ja nur bisschen erkundigen." Dann herrschte Stille.

Nachdem wir den Kakao fertiggetrunken hatten, waren wir wieder in Zaras Zimmer gegangen. Wir saßen wieder auf der Couch und überlegten, was wir tun wollten. "Wie wäre es mit einem Film?", schlug meine Freundin vor. "Hmm. Was hast du denn?" "Netflix und ein paar DVDs.", lautete die Antwort. Doch wir fanden nichts, was uns interessierte.

"Wir könnten rausgehen und einen Schneemann oder so bauen.", meinte ich ratlos und da uns nichts besseres einfiel, gingen wir nach unten, um Jacken, Schuhe und Handschuhe anzuziehen. Zara sagte ihrer Schwester Bescheid und daraufhin gingen wir in den Garten. "Wie wär's mit einer Schneefamilie? Mit zwei Müttern und einem Sohn?", fragte meine Partnerin. "Ja, gute Idee.", grinste ich. Während wir große Kugeln zusammenrollten, schneite es ununterbrochen weiter. Ich legte die erste Kugel für die erste Schneefrau ab und half Zara, die zweite Kugel darauf zu heben.

Nach ungefähr einer halben Stunde hatten wir die Familie fertig gebaut und wollten gerade anfangen, Katzen hinzuzufügen, doch da wurde das Schneegestöber so stark, dass mir das Sehen schwerfiel. "Ich glaube, wir sollten reingehen!", rief ich, in der Hoffnung, den Sturm zu übertönen. "Was?", kam es von Zara zurück. Da ich sie nur noch schwer sehen konnte, tastete ich mich zu ihr und zog an ihrem Ärmel in Richtung Haus - also dorthin, wo ich es vermutete. Doch meine Freundin nahm mich am Arm und ging in die entgegengesetzte Richtung. Angestrengt kämpften wir uns durch den Sturm und langsam erkannte ich die Umrisse des Hauses. Schon kurz danach standen wir vor der Haustür, wo meine Freundin klingelte. Es dauerte eine Weile bis Lexa im Türrahmen erschien und uns besorgt ansah. Wir traten ein und zogen die Kleidung für draußen aus. "Ich habe mir Sorgen gemacht!", meinte Zaras große Schwester währenddessen. "Braucht ihr einen Tee? Irgendetwas?", fuhr sie mit besorgtem Blick fort. "Ein Tee wäre schön.", antwortete meine Partnerin. "Kriegst du das alleine hin oder soll ich dir lieber helfen?" "Ach, ich schaff das schon.", stritt Lexa ab.

Ein paar Minuten später war der Tee fertig und noch immer zitternd wärmte ich mich an ihm auf. "Ich... Ähm...", stammelte Lexa. "Ich möchte mich bei euch entschuldigen. Ich hatte kein Recht dazu, euch so wenig darin zu vertrauen, was ihr tut und... fühlt. Es tut mir leid. Als ihr da draußen wart konnte ich nur darüber nachdenken, wie fies ich mich verhalten hatte, und welchen Grund es dafür gab. Aber ich fand keinen. Also nochmal: Entschuldigung." "Ist schon gut.", meinte ihre Schwester, während sie aufstand und Lexa umarmte. "Wenigstens hast du es jetzt eingesehen."

Nur ein paar Stunden später holte mich mein Vater ab, als der Sturm sich gelegt hatte. Ich erzählte ihm von dem Tag und wie Zaras Schwester ihren Blickwinkel geändert hatte. Aber auch von dem Gespräch über den Glauben. Als ich fertig war, kamen wir vor unserem Haus an und betraten es anschließend. Dort begrüßte ich James und verschwand dann in meinem Zimmer, um mich fertig zum Schlafen zu machen.

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