Lass uns Geschichte schreiben

3. Keine Pause

Kurze Zeit später sitzen Marie und ihre Tante in einem wunderhübschen Café, unweit des Bahnhofes. Die Angst von eben ist vergessen, stattdessen hat die Aufregung das Mädchen wieder fest im Griff. Aufgeregt plappernd klärt sie ihre Tante über die Ereignisse der vergangenen Wochen seit ihrem letzten Treffen auf. Diese lauscht geduldig schmunzelnd dem wasserfallartig auf sie einströmenden Bericht. Es ist das erste Mal, dass ihre Nichte sie in der Stadt besucht und sie freut sich, das Kind um sich zu haben. Zwei aufregende Wochen stehen  bevor, Rosie hat schon einiges für ihre Nichte und ihre Tochter Nanette geplant. Doch zunächst muss Marie sich beruhigen, sonst rauschen die Pläne nur zum einen Ohr hinein und zum anderen wieder hinaus, befürchtet die junge Frau.

Als Maries Wortschwall endlich abebbt ist ihr Kakao schon fast kalt und ihr Butterkuchen so gut wie unberührt. Doch sie beschwert sich nicht. Jetzt ist sie an der Reihe zuzuhören und Schokolade zu trinken. Die Aufregung hat langsam nachgelassen und sie genießt es, mit ihrer Tante ungestört Zeit zu verbringen. Gespannt spitzt sie die Ohren, als ihre Tante anfängt zu erzählen. 

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Abschnitt von Ambendie

Mit großen Augen sieht Marie sich in der Wohnung ihrer Tante um.

„Du schläfst mit Nanette in einem Zimmer", sagt Rosie lächelnd und führt sie in den Raum. Auf dem Boden aus hellem Laminat ist ein großer, runder Teppich von hellgrüner Farbe ausgelegt, der beinahe den gesamten Platz ausfüllt. Darauf steht in einer Ecke ein Bett, an einer Wand erstreckt sich ein großer Kleiderschrank. Es gibt ein Regal mit Büchern und ein weiteres, gefüllt mit jede Menge Krimskrams. Zusätzlich einen unordentlich wirkenden Schreibtisch, auf dem alles Mögliche wild durcheinander liegt. In einer Wand ist ein großes Fenster eingelassen, höher als Marie. Doch etwas in der Mitte des Raumes zieht das Mädchen in seinen Bann. Eine Matratze liegt auf dem Boden, darauf eine mit bunter Bettwäsche bezogene Decke und ein Kissen. Marie stößt einen fröhlichen Jauchzer aus und schmeißt sich sofort auf ihren neuen Schlafplatz. Grinsend kuschelt sie sich in das weiche Bettzeug. Ihre Tante lacht.

„Hier wird es mir gefallen", beschließt Marie zufrieden.

„Ich muss gleich Nanette abholen", sagt ihre Tante plötzlich. „Kommst du mit?" Sofort springt das Mädchen auf. Sie hat ihre Cousine erst einmal gesehen und ist trotz des Altersunterschieds von knapp 4 Jahren gespannt darauf, sie näher kennenzulernen. Ihre Mutter hat Nanette als nettes, hilfsbereites Mädchen beschrieben, auch wenn sie wohl manchmal ein bisschen chaotisch ist und weniger für die Schule tut, als sie sollte. Seltsam, bis auf den Tisch wirkt ihr Zimmer ziemlich aufgeräumt und sauber... Aber Marie ist das ohnehin egal, solang sie jemanden zum Spielen hat. Und so folgt sie ihrer Tante begeistert ins Auto. Zu ihrem Leidwesen wurde sogar extra der alte Kindersitz für wieder raus gekramt.

„Wo ist Nanette gerade eigentlich?", fragt Marie nach einer Weile des Schweigens.

„Sie nimmt Nachhilfe in Mathe", antwortet ihre Tante. Ihre Nichte ist zufrieden mit dieser Auskunft und widmet sich wieder der an ihr vorbeifliegenden Landschaft, die sie aus dem Fenster heraus sieht. Die Stadt erscheint ihr riesig. Überall wuseln Menschen und Autos über die Straßen, gelegentlich rast ein Radfahrer an ihnen vorbei.

„Ich bin gut in Mathe", erklärt Marie unvermittelt, nicht ohne Stolz in der Stimme. „Ich kann sogar schon ein bisschen Bruchrechnen!"

„Oh? Kommt das erst nicht nächstes Jahr dran?"

Selbstbewusst erklärt Marie: „Ja, aber mir war langweilig und ich durfte mir etwas aussuchen, das ich jetzt schon lernen wollte"

„Das klingt so, als würde dir das richtig Spaß machen", meint ihre Tante mit dem Anflug eines Lächelns. 

Marie kommt nicht dazu, zu antworten. Schon fährt Rosie auf den Parkplatz neben einem großen grauen Gebäude und stellt den Wagen ab. Schnell löst auch das Mädchen ihren Anschnallgurt und springt aus dem Auto. Nanette wartet schon gelassen auf die beiden.