8. Ein alter Bekannter

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Aus trüben Augen verfolgte er das Geschehen aus dem Schatten. „Verliebtes Huhn? Ausgerechnet du hast das gesagt, liebste Nanette. Ausgerechnet du, dessen Herz diesen Anblick kaum zu ertragen kann." Er rutschte lächelnd den moosigen Stamm hinunter und lauschte deren Gespräch. Er konnte es fühlen. Die unendliche Tiefe in ihrer Seele. Sie fühlte sich verlassen an, in dem einst so warmen Land, denn obwohl sie sich freiwillig dazu entschieden hatte, so zweifelte sie oft, ob es nicht doch die falsche Entscheidung gewesen ist. Und sie verachtete sich dafür, so sehr, dass sie es zu verdrängen versuchte. Er liebte dieses Gefühl, so sehr, wie jeder andere es verachtete. Es machte ihn glücklich. Denn wenn er nicht das haben konnte, was er sich so sehr sehnte, sollten es die anderen auch nicht haben. Das wäre nur fair. Und dennoch wollte er das so nicht. Er wollte sie nicht heimlich beobachten müssen. Er wollte nicht wissen, dass sie heimlich deswegen weinte. Er wollte nicht zerrissen sein. Er wollte nicht zwischen Gerechtigkeit und Begierde balancieren. Er war schließlich zu allem fähig, auch ihrer Königin alles zu nehmen... Er war das Verderben vor ewig langer Zeit und er brachte den Tod über die unzähligen Wesen in den glorreichen Jahren. Er war Karma. Sie mochten glauben, dass dies ein schöner Traum wäre. Eine Utopie aus vergessenen Sagen und Mythen, doch nur die Wahrheit hat die Macht, diesen Glauben zu brechen. Er würde ihnen die Augen öffnen und die Realität vor Augen führen. Ob er sie wohl auseinander bringen könnte? So wie er von ihm getrennt wurde?

„Calen, Warte! Du machst das noch total falsch!", rief ihm der schwarzhaarige zu und schleuderte einen kräftigen Luftstoß in seine Richtig, vorauf Calen tollpatschig hinflog. Sein Gesicht wurde dadurch verdreckt, doch sein Grinsen strahlte nicht weniger Freude aus. „Das ist nicht fair, du hast viel mehr Übung als ich." Sein Gegenüber lachte. „Ich bin ja auch älter, aber dafür übe ich jetzt auch mit dir." Er reichte Calen netterweise die Hand um ihn auf die Beine zu ziehen. Zusammen praktizierten sie die Magie, die ihre Vorfahren schon seit Anbeginn anwendeten. Sie brachten die Natur zum blühen und versorgten die Tiere. Naiv und zuversichtlich waren sie, als sie die Welt mit glänzenden Augen wahrnahmen. Doch die Magie war ein mächtiges Erbe, die nicht nur Gutes mit sich brachte. Auch die Schattenwesen hatten sich von dieser verleiten lassen.

Als der Himmel abdunkelte und die Nacht auf sie hereinbrach, wurden die Schatten mächtiger und umzingelten die beiden Jungs. Sie nahm Form an, unförmig, aber förmlich zugleich. Immer wieder änderten sie ihre Gestalt, allesamt bestial. Wie die Nacht den Tag überwältigte, so überwältigten die Schattenwesen auch sie und versuchte sie zu verschlingen. "Calen bleib hinter mir. Wir kommen hier schon raus." Versuchte er den Jungen zu ermutigen, doch es schien schwerer zu sein als gedacht, denn die Wesen verschlangen seine Lichtzauber. „Reinen Schatten kann nur durch reines Licht bewältigt werden und dies könnt ihr nicht bieten..", flüsterte eine bedrohliche Stimme aus der Dunkelheit. Näher rückten ihre Gegner und weiter rückten die Beiden zusammen, bis sie nicht mehr fliehen konnten. Um einen wesentlich stärkeren Zauber zu sprechen, ließ der Schwarzhaarige Calens Hand los und flüsterte seine letzten Worte. „Calen!" hörten sie die vertrauten Stimmen von draußen. Ein kleiner Lichtspalt öffnete sich und Calen wurde ihm innerhalb von Sekunden entzogen. Allein blieb der Ältere im Schatten zurück. Von außen könnte er Calens Stimme hören, wie er um Hilfe bettelte. Aber es war zu spät. Sein Körper wurde gefangen und als die Mächte seinen Körper übernahmen, verlor er sein Sein an die Dämonen. Was er nicht wusste, war seine Rolle in dieser Opfergabe für den Frieden.

Emotionen können manipuliert werden, hat ihm einst sein Vater beigebracht.

Wie ein schwarzer Schleier legte sich seine Magie über ihn. Seine krausen schwarzen Haare wehten im Wind. Glänzende rote Augen leuchteten in der Dunkelheit auf und die einst so menschliche Form wandelte sich in ein Dämon.

„... Königin Candala, der Königin, auf die seit allen Zeiten gewartet wird und die die beide Welten verbindet, in beiden gleichermaßen zuhause ist."

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