Wir liefen und liefen und meine Wut kochte. „Was fällt ihm eigentlich ein, so mit mir zu reden", dachte ich. Ich musste mir überlegen, wie ich Marie warnen kann. Die weiße Wölfin rannte auf den Wald am Fuße des steilen Felsen, auf denen das Schloss thronte, zu. „Ich dachte, ein Waldspaziergang wird dir guttun. Dieser Wald ist ziemlich sicher, jedoch solltest du nicht mehr als 100m von mir weg gehen. Weiter reicht mein Lichtschild nicht", erklärte sie mir und legte sich vor dem Waldrand ins Gras. „Kommst du nicht mit?", fragte ich sie. „Nicht ganz 100m entfernt ist ein See, ich gehe mal davon aus du willst lieber alleine schwimmen gehen", sagte sie und lächelte. Ich verstand, was sie meinte, schließlich hatte ich keine Badesachen dabei.
Aus Spaß zählte ich die Schritte. Ungefähr bei 20 Schritten hörte ich einen wunderschönen Gesang. Eine Frau sang, aber es klang noch sehr weit weg. Neugierig lief ich auf die Stimme zu, vergessen war der See. Das Lied wurde immer lauter und schöner und die Bäume lichteten sich. Um die Sängerin nicht zu verschrecken, stellte ich mich hinter einen großen Baum. Ich hatte den See erreicht und am Ufer unter einem Wasserfall stand eine Frau. Sie sang das wunderschöne Lied. Ihre makellose Haut war zart grün. Efeu wand sich von ihrem Bein hinauf um ihren Bauch, hoch zu ihren vollen Brüsten, um diese zu verdecken. Ich blickte genauer hin. Der Efeu war Teil ihrer Haut eine Art Tattoo. Ich hatte noch nie eine schönere Frau gesehen. Ihre dunkelgrünen Haare gingen ihr bis zum Bauchnabel. Sie hatte ein schönes Gesicht. Die Augenfarbe blieb mir verborgen. Auch ihre Ohren waren anders als bei normalen Frauen. Sie waren wie bei Elfen spitz und schmaler.
Vorsichtig trat ich näher ich wollte sie ansprechen, doch ein Ast brach unter meinen Füßen. Sie blickte erschreckt auf und verschmolz mit dem Baum der ihr am nächsten war. Schnell wuchs an ihm eine Efeu Ranke hinauf. Sie hatte sich in Efeu verwandelt. Ich trat an den Baum und strich über die Blätter. „Ich wollte dich nicht erschrecken es tut mir leid. Du hast wunderschön gesungen. Wenn es für dich in Ordnung ist, versuche ich morgen früh wieder zu komme", sagte ich und stutzte. Ich wollte sie wirklich wieder sehen. Mit gemischten Gefühlen lief ich zurück zu Luisjana.
„Na warst doch nicht schwimmen?", fragte sie mit ihrem Singsang. „Nein ich wollte sie nicht länger stören", sagte ich. „Sie?", fragte Luisjana und legte den Kopf schief. Ich berichtete ihr, was ich gesehen hatte. „Du hast eine Florana gesehen. Ich glaube, ihr würde sie als Waldnymphen beschreiben. Scheue Frauen, die sich in Pflanzen verwandeln, wenn sie sich erschrecken. Jemandem beim Baden zu beobachten ist aber nicht sehr höflich", mahnte sie mich. Ich nickte nur. Zusammen machten wir uns auf den Rückenweg.
Die Sonne war schon untergegangen, als wir im Schloss ankamen. Marie würde ich noch beweisen, dass Calen nichts Gutes im Schilde führt. Müde warf ich mich ins Bett und schlief ein. Ich war wieder an dem See, diesmal war die Frau angezogen, sie trug ein Kleid aus Efeu und lief lächelnd auf mich zu. Ihre Augen waren von einem schönen hellen Grau, das von schönen langen Wimpern umrahmt wurde. „Ich bin in deinen Traum eingedrungen, ich hoffe das ist in Ordnung?", fragte sie mit einer Stimme, die man schon fast als Singen bezeichnen könnte. Ich brachte kein Wort raus und nickte nur. „Ich bin Zana. Du hast mich gestern erschreckt", meinte sie und nahm meine Hand. Ihre Haut fühlte sich kühl an und weich wie frisch eingecremt. Ich drückte ihre Hand. Ein Kribbeln machte sich in meinem Bauch breit. Zana lächelte mich an. „Du hattest mir eine Frage gestellt. Die ich gern mit Ja beantworte. Bitte komm morgen wieder zum See", sang sie und lächelte mich an. Ihre Lippen waren von einer anderen Farbe als ihre Haut. Das helle Grün mischte sich mit einem Grau. Ich bekam den Drang meine Lippen auf ihre zu legen, entschied mich dann aber doch dagegen. „Was ist nur los mit mir! „schoss es mir durch den Kopf. „Ich muss jetzt gehen", meinte Zana und für einen Bruchteil einer Sekunde trafen sich unsere Lippen, bevor sie sich auflöste und ich aus dem Schlaf schreckte. Ich hatte den Geruch des Sees und den Geschmack von Seewasser auf den Lippen.
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Lass uns Geschichte schreiben
FantasyMarie besucht zum ersten Mal ihre Tante und ihre Cousine Nanette. Was als harmloser zweiwöchiger Urlaub geplant war, nimmt schnell eine neue Wendung, die das Mädchen so nicht erwartet hat. Konfrontiert mit einer neuen Welt und einer verantwortungsv...