17. Zerwürfnisse

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Die kalten humiden Wände umschlossen den Kerkerraum, in dem Calen nun schon seit Stunden bewusstlos und angekettet lag. Kein Licht konnte in den Raum eindringen und frische Luft, welches aus dem Gang entwich, war auch nur wenig vorhanden. Dafür waren die Öffnungen in der Wand einfach zu klein. Durch die sehr schmalen Spalten lugten die unheimlich Blicke der Schatten, die ein Auge auf Calen behielten und sicher gingen, dass es ihm so schlecht ging wie möglich. Schmerz durchzog seine Nerven, als er sich auf dem Boden wälzte und verzweifelt Luft holte. Er hatte sich zusammengerollt und seine Faust über seinem Herz zusammengeballt, mit der Hoffnung den Schmerz lindern zu können. Doch es half nicht, eher würde er seinen Muskel zerdrücken. Seine Schläfen lehnte er an den kühlen Boden, doch auch dies verschlimmerte das Ziehen in seinem Kopf, und er tat sich schwer, seinen Schädel nicht auf den Boden zu schlagen. Kläffende Wunden zogen sich über seinen freien Oberkörper, während er seine Beine bereits nicht mehr spüren noch bewegen konnte. Sein psychisches Selbst war jedoch in den Zauber der Schatten gefangen und drohte zu zerbersten und zu sterben. Er wollte verzweifelt schreien und um Vergebung bitten, doch seine Stimme hatte schon seit langem den Geist aufgegeben. Nur noch winzige Bruchstücke hätte man hören können, wenige Gedankenfetzen erahnen und einzelne Silben erkennen, wenn man nur Millimeter vor seinem Gesicht gelegen hätte. Der einst gut aussehende Junge war nun leichenblass, fast gräulich, und seine einst leuchtenden blauen Augen waren zu Schlitzen verengt. Leid zierte seinen Gesichtsausdruck und rote Schrammen zierten seinen muskulösen aber stark vernarbten Rücken. Eine Blutlache hatte sich unter ihn gesammelt und füllte den Raum mit dem Geruch von Eisen. "Za...fir, hilf... mir." Er erschlaffte.

Hunderte Meter über ihm saß Zafir im Nordturm von Erendir, ein Raum ebenfalls ohne richtige Fenster. Eine blaue Flamme erhellte den Kamin und etliche verlorene Seelen schwirrten durch die Gegend rum. Ästhetisch war es allemal, aber warm war es keinesfalls. Er konnte froh sein, dass sein Bett ihm ein kleines Bisschen Komfort bereitete, aber auch dies konnte er kaum in Anspruch nehmen, da Mammon ihn als seine rechte Hand oftmals um Rat bat und er ihm immer zur Seite stand. Zusätzlich musste er auch noch die Truppen trainieren und in den Kampf führen. Müde fuhr er mit der Hand über seine Augen und stützte sich mit der anderen an der groben Wand. Ein nagendes Gefühl bereitete ihm Sorgen, welches ihn an früher erinnerte und ihm ankündigte, dass es seinem Bruder schlecht ging. Wie sehr er seine Vorahnung auch ablegen wollte, so konnte er es nicht. Calen war und blieb sein Bruder und das könnte er nicht leugnen. Schweren Schrittes verließ er sein Zimmer, welches einem Gefängnis ähnlich genug war, und zwang sich in den Kerkerbereich. Er mochte den vermoderten Geruch nicht, aber dafür erhellte sich seine Miene umso mehr, als ihn der süße Duft von Blut entgegenkam. Für den Geruch konnte das Schloss aber selber nichts, denn es wurde nicht auf dem Berg gebaut, sondern in den Berg hinein, weit hinter dem Wald, wo der Lichterwald in den Finsterwald überging. Dies konnte er von seinem Fenster aus noch erkennen, wenn das Licht ein wenig über den Koloss hinweg streifte. Verbittert kniff er die Augenbrauen zusammen und passierte den Wächter, um in den tiefsten Verließ zu gelangen. Der Geruch von Metall umschwirrte ihn. "Za...fir..." Der Dämon sah zum Nerven gespannt aus, als er unterhalb dem Fuß des Berges angelangt war und das Häufchen Elend erblickte. "Calen!" Verwirrung staute sich in den Jungen an, als er den Zauber sprach und den Kerker betrat. Mit scharrenden Schritten näherte er sich seinem im Koma liegenden Bruder und hob seine Hände erneut für einen Zauber. Seine Runen leuchteten für den Heilzauber auf. "Curam en zalaam la yara mortalis na ike shi naayak." Somit hatte er seinem Bruder ein Paar Infektionen erspart, doch viel mehr konnte er leider nicht für ihn tun. Der Fluch, der nun auf ihm lastete, würde ihn auf langer Dauer zerstören, dafür hatte Mammon gesorgt. Doch was Zafir sich fragte, war eher, wie sich Calen dies eingebrockt hatte und wie Mammon ihn in seine Fangen bekommen hat. Für seine Dienste wollte der Dämon antworten und diese Antworten würde er vom Schattenbringer fordern.

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