Kapitel 2

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Felix Hoffmann war der Schwarm aller Mädchen. Ich war im letzten Jahr mit ihm gemeinsam auf viele Turniere gemeinsam gefahren, doch bis zum heutigen Tag konnten wir uns nicht ausstehen. Als er mich sah, sah er mir nur genervt in die Augen. Schnell sah ich weg und machte mir zum Aufwärmen einen heißen Kakao, mit welchem ich mich in die andere Ecke des Raumes setzte. Ich nahm mein Handy in die Hand, aber hatte wie beinahe immer im Stall kein Netz. Dadurch dass mein Handy jedoch 17:58 Uhr anzeigte müsste sich mein ältester Bruder Tim mit Chris hier einfinden, da es ein festes Ritual war nach dem Reiten kurz hier vorbei zu schauen. Ich erschrak als ich sah wie Felix auf mich zu kam. „Na ich habe gehört ihr zieht nächste Woche weg? Das ist aber schade", dieser Satz triefte nur so vor Ironie. Gerade als ich etwas Bissiges erwidern wollte, schwang die Tür auf. Chris und mein Bruder betraten das Stübchen laut lachend. Sie kamen auf mich zu und Chris ließ sich neben mir nieder und legte seinen Arm um meine Schultern, während mein Bruder sich gegenüber niederließ. Felix verließ genervt und ohne ein weiteres Wort das Stübchen. Wir drei unterhielten uns über den Umzug, wobei ich das Gefühl hatte sie verschwiegen mir etwas. Bis plötzlich die Gespräche durch das laute Öffnen der Tür unterbrochen wurden. Hanna stand in der Tür und hatte Tränen in den Augen. Schnell sprang ich auf und lief auf sie zu. Ich wusste, dass sie von dem Umzug gehört hatte und deswegen dort stand wie ein begossener Pudel. Als sie sich beruhigt hatte, gesellten wir uns wieder zu den beiden Jungs. So ließen wir den Abend gemütlich ausklingen, bis wir uns letztlich auf den Weg nach Hause machten und ich um halb eins geschafft in mein Bett fiel und einschlief bevor mein Kopf mein Kissen berührte.

Am nächsten Morgen wurde ich von Paul geweckt, was ausnahmsweise mal freundlich ausfiel. Es hatte zwar sehr viele Vorteile drei ältere Brüder zu haben, aber es hat auch sehr viele Nachteile, da die drei sich oft gegen mich verschwören. „Steh auf du Schlafmütze, es gibt Frühstück", mit diesem Satz hatte er mich direkt und die Müdigkeit war wie weggeblasen. Im Schlafanzug sprang ich die Treppen runter und lief freudestrahlend in die Küche. Dort traf ich auf meine Eltern, Max und Tim, welche bereits am Tisch saßen. Als auch Paul und ich uns zu ihnen setzen, begannen wir zu frühstücken. Meine Mum hatte sogar Rührei und Speck gemacht, und es gab frische Brötchen. Das gemeinsame Frühstück am Sonntag war ein Familienritual, da wir durch die Pferde nicht häufig zusammen an einem Tisch zum Essen saßen. „Und wie sieht eure Tagesplanung heute aus?" fragte Papa uns. „Um zwölf Uhr ist wieder freispringen heute, wollt ihr da nicht hin?", machte meine Mum uns den Vorschlag, woraufhin ich begeistert nickte und bis auf Tim auch meine Brüder. „Ich wollte erst heute Abend in Stall fahren. Chris und ich müssen noch etwas regeln", erwiderte er bloß. „Was müsst ihr denn immer erledigen?", murmelte ich vor mir hin, erhielt jedoch keine Antwort. Da es bereits kurz nach elf war, räumten wir den Tisch ab und machten uns dann fertig. Um halb saßen wir mit Mum im Auto, da sie ihre beiden Pferde auch freispringen lassen wollte. Meine Motivation sang gewaltig als ich das Auto von den Hoffmanns auf dem Hof stehen sah. Mum beschloss erst in die Halle zu gehen, da dort die Liste aushing. Meine Brüder und ich sahen nach den Pferden und machten uns dann ebenfalls auf den Weg Richtung Halle. Da ich etwas an der Box vergessen hatte, machten sich meine Brüder auf den Weg und ich würde nachkommen. Als ich bei meinem Pony an der Box angekommen war und mich nach meiner Mütze bückte, um sie aufzuheben, wurde ich plötzlich am Arm gepackt und gegen die Box gedrückt. Vor mir stand der Mädchenschwarm Felix Hoffmann, welcher mich von oben bis unten betrachtete. Ich versuchte mich von ihm zu befreien aber er bewegte sich kein Zentimeter. „Was willst du?", brachte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Dich, du bist die einzige, die mich ständig abweist. Das macht dich interessant". „Du spinnst doch und jetzt lass mich los!", langsam wurde ich wütend, was erlaubte er sich? „Greta? Wo bleibst du denn wieder?", das war Paul. „Das nächste Mal kommst du mir nicht so leicht davon, Greta, dass schwöre ich dir", mit diesen Wörtern schubste er mich gegen die Boxenwand und verschwand. Ich ging in die Richtung, aus der Pauls Stimme eben zuhören gewesen war. „Was wollte Felix denn von dir? Ich dachte ihr könnt euch nicht ausstehen?", fragte er, als er Felix sah, der hinter mir noch zu sehen war. „Ach nichts", versuchte ich ihm aufzuweichen. Er beäugte mich zwar skeptisch aber fragte nicht weiter nach, wofür ich ihm unglaublich dankbar war. „Hanna ist auch da"; versuchte er auf dem Weg zur Halle das Thema zu wechseln aber ich nickte nur als Antwort, da sie mir das heute Morgen schon geschrieben hatte. An der Halle sah ich, dass die Liste sehr lang war und mein Pony das Letzte auf der Liste war. Das würde ein langer Nachmittag werden. „Du kannst die Schimmelstute von gestern fertig machen, wenn du nichts zu tun hast", Peter, mein Trainer, wusste wie man die Leute auf Trab hielt. Da ich nach der Begegnung keine Lust auf Gespräche hatte, machte ich mich mit einem Nicken auf den Weg zu dem Schimmel. Hanna kam mir hinterhergelaufen, da ihr Pony ebenfalls recht weit hinten auf der Liste stand. So machten wir den Schimmel schnell gemeinsam fertig und ich longierte ihn kurz in der kleinen Halle, damit er warm werden konnte, bevor wir uns auf den Weg zu Peter in die große Halle machten. „Dann mal los Großer", und ich machte die Longe von der Longe ab und er bockte erst einmal los. Im Endeffekt hat er es jedoch sehr gut gemeistert und ich musste zugeben, dass er eindeutig mehr Potenzial hatte als ich es jemals geglaubt hätte. „Er besitzt den optimalen Mut, um irgendwann mal ganz groß raus zu kommen", schwärmte ich. Peter erwiderte nur „Ja er ist das optimale Buschpferd, wenn man ihn erst einmal auf seiner Seite hat. Das perfekte Pferd für dich". Vielseitigkeit war schon von klein auf an meine Sparte gewesen. Mit vier hatte Tim mich mit seinem damaligen Pony über die ersten Geländesprünge geführt und ab da hat mein Herz für diesen Sport gebrannt.

Als irgendwann alle Ponys und Pferde über die Sprünge waren, machten wir uns alle ans Abbauen. Dabei bekam ich von Felix die Stange gegen mein Schienbein, dass würde einen schönen blauen Fleck geben. Als er mir dann auch noch ein Bein stellte, wurde mir die Sache zu blöd und ich verließ mit einem Schnauben die Halle. Als ich bei meinem Pony in der Box saß, gesellte sich Hanna zu mir. Wir saßen dort still schweigend nebeneinander. Etwas was ich an unserer Freundschaft sehr schätzte, wir wissen wann wir den Anderen zum reden bringen sollten und wann Schweigen besser ist.


Das Chaos meines LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt