Kapitel 10

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Am nächsten Morgen wachte ich bei Tim im Zimmer auf. Er musste mich gestern in sein Bett getragen haben. Ich streckte mich bevor ich müde aufstand. Mein Morgen lief ähnlich ab wie in den letzten Tagen, ich machte mich fertig, packte meine Sachen, frühstückte und fuhr dann mit Max und Paul zur Schule. Diese war bis zur zweiten Pause recht langweilig. In der Pause lief ich mit Juli und Finja durch die Gänge, als mich ein Mädchen anrempelte. Sie hatte gefühlt eine Packung Schminke im Gesicht und sah ziemlich gefaket aus. „Kannst du nicht aufpassen?", giftete sie mich an. „Pass doch selbst auf, wo du hin läufst", erwiderte ich mit hochgezogener Augenbraue. Ich hasste Menschen, die meinen sie seien besser als andere. „Pass mal auf, so redest du nicht mit mir", dabei kam sie mir immer näher. „Sonst was?", fiel ich ihr ins Wort. „Das willst du nicht wissen!". Ich lachte bloß und lief den Gang weiter in die Richtung, in die wir gehen wollten. Hinter mir hörte ich Juli und Finja nur lachen. „Sie ist einfach so eine Bitch und seit Liam sie hat abblitzen lassen, wird es immer schlimmer", machten sich die beiden über sie lustig. „Wer ist Liam?", mischte ich mich nach einiger Zeit ein. „Ein Schüle aus der 12. Er sieht einfach nur hübsch aus aber lässt jede abblitzen", erzählte Juli grinsend. „Aha", war meine schlichte Antwort. Solche Typen interessierten mich zurzeit nicht. Ich hatte genug im Kopf mit meinem Sport. Ich bot den beiden noch an, dass sie mich heute besuchen könnten, da ich außer Popcorn nur noch ein Pferd von Opa reiten musste und einmal Unterricht bei den Kleinen geben musste, da er heute Nachmittag ein Treffen mit den umliegenden Züchtern hatte. Sie freuten sich und sagten beide zu. Wir beschlossen, dass sie einfach im Laufe des Nachmittags vorbei kommen würden und mir sonst im Stall Gesellschaft leisten würden. Der restliche Schultag verlief nur schleppend, und als wir in den letzten beiden Stunden auch noch Mathe, mein absolutes Hassfach hatten, schaltete ich endgültig ab. Nach dem Klingeln der erlösenden Schulklingel, packte ich schnell meine Sachen zusammen und machte mich auf den Parkplatz. Dort wartete ich auf Paul, da Max schon früher Schluss gehabt hatte. Er kam mit einem anderen Jungen auf mich zu. „Das ist Mika, wir sollen einen Vortrag halten zusammen", stellte Paul mir den Jungen neben sich vor. „Hey ich bin Greta". „Hey Mika", lachte er. Er wirkte sympathisch. Auf dem Weg zum Hof führten wir ein bisschen Smalltalk und es war lustig mit den beiden. Als wir ankamen, verabschiedete ich mich von den beiden und machte mich auf den Weg in mein Zimmer, um mich umzuziehen. In der Küche setzte ich mich zum Essen dazu, welches Oma jeden Tag für das Team kochte. Heute gab es Spätzle mit Gulasch. Nachdem ich satt war und wir gemeinsam den Tisch abgeräumt hatten, machte ich mich auf den Weg zu Popcorn. Ich nahm ihr Halfter von der Box und machte mich auf den Weg zu den Winterkoppeln, wo sie zusammen mit den anderen Ponys über den Winter stand. Am Zaun rief ich sie, aber sie spitzte nur die Ohren und wendete sich dann wieder dem Heu zu. Also stapfte ich über die Koppel. Nach der Hälfte spitzte sie erneut ihre Ohren, sah mich kurz an und kam dann auf mich zugerannt und ließ es sich nicht nehmen Bocksprünge einzubauen. Ich schüttelte über ihr Verhalten nur den Kopf. Sie würde eben nie normal sein. Mit ihr im Schlepptau machte ich mich auf den Weg zurück zum Stall. Ich putzte sie in aller Ruhe. Währenddessen kamen auch Paul und Tim zu den Putzplätzen mit ihren Pferden. Wir beschlossen gemeinsam in die große Halle zu gehen. Dort ritten zu diesem Zeitpunkt auch ein paar der Einsteller. Nachdem wir fertig waren, gingen wir also in die Halle. „Tür frei, bitte", hörte ich Paul nur freundlich rufen. „Was wollt ihr denn hier? Nie hat man hier seine Ruhe vor diesen Möchtegernreitern", ertönte es überaus freundlich aus der Halle. Das liebte ich an diesem Sport, die Menschen, die meinen sie wären besser bzw. etwas Besseres als andere. Augenrollend betrat ich also die Halle. Wir gurteten nach und schwangen uns dann auf die Rücken der Pferde. Ich betrachtete das Mädchen, welches uns eben so freundlich begrüßt hatte. Sie saß auf einem etwa 1,80m großen Fuchs, welcher scheinbar ein Dressurpferd war. Sie ritt nicht unbedingt schlecht aber für meinen Geschmack ein wenig zu sehr mit Kraft. Die zwei sahen nicht sehr harmonisch aus, sie hatte Mühe ihn zusammen zu halten und hielt ihn dadurch mit der Hand sehr doll fest. Ich ritt etwa 20 Minuten Schritt bevor ich locker antrabte und damit begann Popcorn aufzuwärmen. Irgendetwas fühlte sich seltsam an, weshalb ich Paul und Tim fragte, ob sie einmal gucken könnten. „Sie lahmt vorne rechts ein bisschen", sagte Tim, als er uns eine Runde lang beobachtet hatte. Ich hielt an und stieg ab. Popcorn hatte es jedes Jahr zu Beginn des Jahres, dass sie einmal lahm war. Wir machten uns auf den Weg zurück zu den Putzplätzen, wo ich ihr das Bein kühlte, nachdem ich sie abgesattelt hatte und ihre Trense weggehängt hatte. Aus meinem Schrank nahm ich noch eine Kühlgamasche, welche ich ihr ans Bein machte. Somit stellte ich zunächst einmal in die Box. Mit einem Blick auf die Liste stellte ich fest, dass ich das Pferd, welches Opa mir zugeteilt hatte, nicht zuordnen konnte. Goldfire, aber in meinen Gedanken konnte ich den Namen keinem Pferd zuordnen. Ich machte mich auf die Suche nach jemandem, der mir sagen konnte, um welches Pferd es sich handelt. Bei den Einstellern in der Stallgasse traf ich auf Hans. Hans zeigte mir die Box von Goldfire. „Ich habe ihn eben erst von der Koppel geholt. Da hat dein Opa aber Vertrauen in dich. Goldi ist sein liebstes Pferd momentan. Er setzt große Hoffnungen auf ihn", damit ließ Hans mich vor der Box des relativ kleinem Fuchses stehen. Skeptisch beäugte ich die Nachwuchshoffnung von Opa. Er war zwar schick aber recht klein und unscheinbar. Neugierig steckte er mir seine Nase entgegen.

Als ich mich in den Sattel gleiten ließ, wusste ich warum er Opas Nachwuchshoffnung war. Schon der Schritt war raumgreifend und ausdrucksstark. Der Kleine wusste sich zu präsentieren. Der erste Trabtritt nach der Aufwärmphase warf mich kurz aus dem Sattel, da ich mit dem Schwung nicht gerechnet hatte. Tolle Gänge hatte er. Das Gefühl, welches er einem beim Reiten gab, war unbeschreiblich. So fein und sensibel, ein richtiges Mädchenpferd. Aus dem Augenwinkel sah ich wie sich Tim und Chris zunächst auf der Tribüne niederließen und mich beobachteten. Kurze Zeit später stießen Finja und Juli zu ihnen dazu. Die beiden Jungen beobachteten mich mit Argusaugen, während ich wie ein Honigkuchenpferd den Fuchs durch die Halle tanzen ließ. Nebenbei unterhielten sie sich mit Juli und Finja und erklärten ihnen vermutlich die Grundlagen des Reitens. Als ich fertig war, warf ich Goldi seine Abschwitzdecke über und hielt bei meinen Freunden an der Bande. Noch immer strahlte ich übers ganze Gesicht von diesem Gefühl, welches de Fuchs mir beim Reiten vermittelte. „Top Pferd", Tim streckte mir seinen Daumen entgegen und zog anerkennend die Augenbraue hoch. Chris stimmte seinem besten Freund zu und die Mädels sagten lieber nichts dazu, außer dass es auch für Nichtswisser, wie sie sich betitelten, sehr harmonisch aussah. Gemeinsam machten wir den Fuchs fertig und ich stellte ihn noch einige Minuten unter das Solarium. Ich wollte mich gegen die Wand, die hinter mir war anlehnen, als ich gegen etwas Weiches stieß und erschrocken einen Satz nach vorne machte. Gleichzeitig wurde ich jedoch zurück gezogen an den harten Oberkörper. „Ich brauche das gerade irgendwie", das war die Stimme von Chris und ich ließ mich entspannt in seinen Armen fallen. Es war beruhigend hier so mit ihm zu stehen. Im Hintergrund hörte man die Pferde ihr Abendbrot fressen.


Das Chaos meines LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt