Kapitel 8

20 1 0
                                    

Später saßen wir alle gemeinsam im Reiterstübchen und ließen den Abend gemütlich ausklingen. Meine anderen Brüder hatten sich dazu gesellt ebenso wie ein Mädchen, welches ihr Pferd hier eingestallt hatte. Die Gespräche wurden immer lockerer und wir lachten viel. „Wie hältst du das mit den Chaoten bloß aus?", das Mädchen, von dem ich mittlerweile mitbekommen hatte, dass sie Caro hieß, guckte mich mit großen Augen an. Als Antwort lachte ich laut los und meinte, dass man das mit der Zeit lernt. Die Anderen unterhielten sich weiter angeregt aber meine Augen wurden immer schwerer und ich beobachtete das Geschehen stillschweigend. „Sollen wir uns auf den Weg ins Haus machen? Der Tag war anstrengend und es ist auch schon kurz vor elf Uhr", ich erschrak als Chris sich zu mir beugte und mir dies leise ins Ohr flüsterte. Ich nickte nur als Antwort, da ich einfach zu müde war. „Gute Nacht", sagten wir beide zu den Anderen, welche selbiges im Chor nachriefen, als wir bereits auf dem Weg nach draußen waren.

„Ist dir kalt?", versuchte Chris ein Gespräch aufzubauen. Irgendwie redeten wir in letzter Zeit öfter alleine und scheinbar würden wir in Zukunft auch öfter gemeinsam reiten, da Opa wollte, dass wir weiterhin gemeinsam bei ihm Springen würden. Ich nickte nur und hoffte, dass er dies in der Dunkelheit erkennen würde. Ohne ein weiteres Wort legte er mir seinen Arm um die Schultern und zog mich enger an sich. So gingen wir schweigend auf das Haus zu. Als wir davor standen und die Treppen zur Tür herauf gehen wollten, blieb ich stehen und betrachtete das Haus von außen. Es war ein altes Gutshaus, wie man es aus alten Filmen kannte. Es war aus roten Steinen mit vielen großen Fenstern. In der Dunkelheit konnte es beinahe einschüchternd aussehen. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass dieses Haus für die nächsten Jahre mein Zuhause sein würde. Ein neues Kapitel in meinem Leben. Chris merkte wohl, dass ich die Zeit brauchte, um die neue Situation zu realisieren. Er zog mich enger an sich und so standen wir dort beide in unseren Gedanken versunken. Bis ein kalter Wind uns in das hier und jetzt zurück holte und wir uns auf den Weg ins warme Innere machten. Da bereits alle schliefen, schlichen wir uns leise nach oben zu unseren Zimmern. „Gute Nacht und schlaf schön", murmelte ich als ich an der Tür zu meinem Zimmer ankam. Er lächelte mir nur warm zu. In meinem Zimmer schnappte ich mir schnell mein Handtuch und ging in Rekordzeit duschen, um danach endlich schlafen gehen zu können. Als ich in meinem Bett lag, fiel ich schnell in einen traumlosen Schlaf. Der erste richtige Tag hier war anders als ich ihn mir ausgemalt hatte.

Wie gestern riss mich um 5:00 Uhr mein Wecker aus meinem Schlaf. Verschlafen rieb ich mir über die Augen. Ich fühlte mich, als wenn ich keine Sekunde geschlafen hatte in dieser Nacht. Am liebsten hätte ich mich wieder unter der Decke verkrochen und hätte den Tag verschlafen. Nachdem Tim bereits sechs Mal an meiner Tür geklopft hatte und gemeint hatte, dass ich endlich aufstehen solle, brachte ich es übers Herz mein Bett zu verlassen. Genervt riss ich die Zimmertür auf und wollte ins Bad. Soweit kam ich jedoch nicht, da ich beim Verlassen in jemanden hinein lief. „Kannst du nicht aufpassen?", würde ich wütend angeschnauzt. „Pass doch selbst auf wo du hinläufst, Arschloch", antwortete ich angepisst. Ich liebte meine Brüder ehrlich, doch in Momenten wie diesen würde ich sie gerne auf den Mond schießen. Als ich im Bad gewesen war und endlich in der Küche saß und missmutig mein Müsli aß, kamen Paul und Max in die Küche. Die Stimmung war bis aufs Zerreißen angespannt, aber da ich keine Lust hatte, dass die beiden sich an die Gurgel gingen, ignorierte ich sie. Wie bereits gestern machten wir uns zusammen auf den Weg zur Schule. Dort ging ich zu Finja und ihrer Clique. Direkt wurde ich von ihr in eine Umarmung gezogen. Ich musste über diese überraschende Geste lachen und meine schlechte Laune war wie weggeblasen. „Hey, alles klar?", fragte ich in die Runde. „Klar, was hast du jetzt?", fragte mich Juli, ich glaube so hieß sie. Ich überlegte kurz, „ähm ich glaube Geschichte". „Na dann komm mit, ich auch", damit zog sie mich mit in das Gebäude. Wir redeten sehr viel auf dem Weg zu unserem Raum und ich erfuhr, dass sie schon immer hier wohnt, zwei kleine Geschwister hatte und mit Nik, welcher wohl auch zu deren Clique gehörte, zusammen war. Ich mochte sie. Sie war niedlich und hatte eine aufgeweckte Art. Ich glaube, dass man mit ihr sehr viel Spaß haben konnte. Sie fragte mich viel über mein Reiten aus, bis unser Lehrer den Raum betrat und die Gespräche verstummten. In der Pause überredeten Finja und Juli mich am Wochenende etwas mit ihnen und der Clique zu unternehmen. Ich freute mich, denn ich fühlte mich irgendwie akzeptiert von ihnen. Nach der Schule fuhr ich mit dem Bus nach Hause, da Paul und Max länger Schule hatten.

Ich schnappte mir einen Apfel und ging in mein Zimmer, um mich umzuziehen. Ich fischte meine Reithose und einen Pulli aus dem Schrank und zog mich schnell an. Im Stall angekommen, war es vorbei mit der Ruhe. Die Bereiter waren voll beschäftigt, da sie noch genug Pferde zu reiten hatten und abwechselnd, während des Nachmittags den Schulbetrieb übernehmen sollten, da Oma und Opa heute Nachmittag nicht da waren. Auf der Liste stand, dass ich außer Popcorn noch drei weitere Pferde bewegen sollte. Also machte ich mich auf den Weg, um die Sachen zusammen zu sammeln. In der Sattelkammer traf ich auf Luise und Ben. Ich beschloss zuerst Tic Tac zu reiten, er war ein dreijähriger Hannoveraner, welcher nur für die erste Basis hier stand, dann sollte er zurück zu seinen Besitzern. „Oha na dann mal viel Spaß", Ben guckte mich mit hochgezogener Augenbraue an, als er sah, dass ich die Trense von Tic Tac ergriff. Ich guckte ihn nur fragend an, aber er zuckte nur mit den Schultern und verließ die Sattelkammer. Ich machte mich also auf die Suche nach Tic Tac. Als ich an seiner Box ankam, stöhnte ich innerlich genervt auf. Er war ein Schimmel, und dieser betrachtete mich mehr als nur abweisend. Mit angelegten Ohren streckte er mir seinen Kopf entgegen. „Na dann mal auf", versuchte ich mich selbst zu motivieren.


Das Chaos meines LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt