Kapitel 2 ♛ ‚Hi Moralengelchen.'

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: More Than You Know - Axwell ft. Ingrosso

NINA
„Luna? Ruf mich bitte an, ja?", sprach ich erneut auf die Mailbox meiner besten Freundin und verließ seufzend, und nur in ein Handtuch gehüllt, das Badezimmer. Erst als ich mir heute Abend mit einer ausgiebigen und vor allem heißen Dusche wieder etwas Zeit für mich genommen hatte, hatte ich wieder so wirklich realisiert, dass Luna nicht in der Schule gewesen war. Und auch wenn sie auf meine Nachrichten nur mit einem kurzen ‚Es geht mir gut.' geantwortet hatte, waren die Sorgen in mir unaufhaltsam aufgeschwappt, ohne dass ich überhaupt die Chance bekam sie im Keim zu ersticken. Bestimmt lag sie zuhause in ihrem Bett und weinte sich aufgrund von Liebeskummer die Augen aus...

Und ich hatte nichts Besseres zu tun als  Chemieaufgaben zu lösen, nebenbei irgendein Fertiggericht zu essen und den TV einzuschalten.

Ich stieß erneut etwas angespannt die Luft aus und ließ die Schultern kreisen, nachdem ich mein Handy auf der hellbraunen Kommode in meinem schlichten Zimmer abgelegt hatte. Ich wollte mir nicht ausmalen, was sie gerade durchmachte nur wegen diesem Arschloch.

Weiterhin in meinen Gedanken versunken begann ich damit meine Haare zu föhnen und meinen Körper zu pflegen wie es nach einer Dusche plus Rasur angemessen war.

Nebenbei summte ich irgendeine Melodie, die ich auf meinem Nachhauseweg wohl irgendwo aufgeschnappt hatte, und genoss einfach die Zeit, die ich für mich hatte. Ich fühlte mich zu jung für all das, was mir im Nacken saß. Aber im Endeffekt hatte ich auch kaum eine Wahl. Es war sowieso mein eigenes Verschulden und meine eigenen Entscheidungen, die mich in diese Lebenslage manövriert hatten.

Ich seufzte erneut und im nächsten Moment flog die Tür zu meinem Zimmer auch schon so abrupt auf, dass eines der wenigen Bilder an meiner Tapete - ein einfaches Bild einer roten Rose - von der Wand in meinen Mülleimer fiel.

„Nina Baby!", trällerte mein Mitbewohner fröhlich und, wie immer wenn ich ihn sah, total gut gelaunt und überdreht, ehe er sich einfach auf mein Bett schmiss und einfach wahllos die Schubladen meines Nachttisches öffnete. „Ich muss mir mal deinen Laptop borgen. Dani hat meinen heute morgen wohl mitgehen lassen, nachdem ihr Dozent seinen Kaffee über ihren geschüttet hat."

„Okay...", murmelte ich nur wie immer ziemlich überwältigt von seiner Ausstrahlung - die geradezu mein Zimmer überflutet hatte und mich fast erstickte - und nahm behutsam mein Blumenbild aus dem Papierkorb. Schon wenige Tage nachdem ich in eine WG mit dem schwulen Eric Andrade und der Dramaqueen Daniela Sánchez gezogen war, hatte ich mir einen gesprungenen Bilderrahmen eingehandelt und darauf meinen Mülleimer erstmal mit Watte und Schaumstoff ausgestattet. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen hängte ich den unbeschädigten roten Rahmen also zurück an die Wand, um mir darauf den Lippenstift auf meiner Kommode daneben zu schnappen und zu öffnen: So tiefrot, sinnlich und leidenschaftlich wie meine Lieblingsblume. Ich wusste nicht, was mich so an Rosen faszinierte, aber sie besaßen eben diese Anmut und Schönheit von der ich nur träumen konnte. Könnte ich mir etwas aussuchen, als das ich gerne wiedergeboren werden würde, wäre es definitiv die Königin der Blumen.

Eric war dagegen für mich voll und ganz das Ebenbild einer Sonnenblume. Immer für einen Spaß zu haben, warmherzig und...ja es ging einfach die Sonne auf wenn man ihn sah. Das könnte allerdings auch an seiner kleinen Affäre mit einem gewissen Michel liegen, den er seit ein paar Monaten datete. Wenn man mich fragte, traute ich diesem Kerl nicht wirklich zu Erics bessere Hälfte zu sein. Eric war irgendwie verblendet und naiv - Michel nicht. Er wirkte eher berechnend und arrangiert. Das sagte mir zumindest mein Gefühl. Ich bekam einfach einen Knoten im Bauch, wenn ich ihm begegnete. Irgendwas stimmte an seiner Ausstrahlung nicht, ich konnte ihn keiner Blume zuordnen und das störte mich einfach ungemein. Bei Daniela konnte sich das Bild ändern, aber ihren wechselnden Gefühlen hatte ich doch eine prägnante Art verleihen können, wobei ich allerdings auch sagen musste, dass sie relativ gleich wie ich dachte, weswegen es fast nie dazukam, dass ich Angst haben müsste bei der feurigen Mexikanerin die falschen Worte auf der Zunge zu haben.

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