4.

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Octavia
Ich musste schlucken, als ich in seine Augen sah. Diesmal bin ich mir sicher, dass er es ernst meint, seine Augen funkeln nur so vor Mordlust.
,,I-ich, ich kann das erklären!", versuche ich mich zu rechtfertigen. Dieses Arschloch wollte mich vergewaltigen, ohne Grund habe ich ihm sicherlich nicht die Nase gebrochen.
,,Du willst dich erklären?! Du? Ausgerechnet du! Du, die mir seit Tag eins nur Probleme bereitet! Aber nein! Heute nicht Darling, heute mal nicht ."
Er kommt näher, immer näher.
Die Panik steigt in mir auf.
,,Er, er wollte mich vergewaltigen, wirklich, hier sieh!", ich hebe mein Shirt hoch um ihm die roten Flecken an meinem Becken zu zeigen.
Er bleibt für einen kleinen Augenblick stehen, doch sofort schellt sein Kopf in meine Richtung.
,,Und? In ein paar Tagen wirst du eh vergewaltigt, wenn du für mich arbeiten musst, also ist es mir egal."
Wie kann er nur so herzlos sein?!
Plötzlich klatschte es laut.
Doch anders als erwartet, flog nicht mein Kopf, sondern seiner zur Seite.
Moment mal, sein Kopf?
Oh nein, jetzt habe ich mir mein eigenes Grab gegraben!
Es waren ja nicht mal drei Sekunden, und seine Faust traf mich so hart, dass alles schwarz wurde.

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Langsam versuchte ich meine Augen zu öffnen.
Mein Körper schmerzt höllisch! Hat er etwa weiter auf mich eingeschlagen?! Als ich mich nun endlich aufgerichtet habe, sah ich zu meinem Glück, dass er doch nicht weiter auf mich eingeschlagen hat, sondern wohl nur der Aufprall mit dem Boden Schuld ist.
Es sind nun bestimmt schon fünf Minuten vergangen und die Schmerzen sind fast komplett verschwunden. Der Anblick meines Gesichtes braucht dennoch wohl noch einige Wochen, bis er wie zuvor ist.

Die Tür wurde aufgerissen und er kam mit blutendem Gesicht stolpernd rein.
Meine Augen sind aufgerissen, was haben sie nur mit ihm gemacht?!
,,Guck mich nicht so an!", schrie er mich an, doch ich rannte einfach nur geradewegs ins Badezimmer zu.
Wo ist der scheiß Verbandskasten und der Eimer?! Da! Ich füllte den Eimer mit warmen Wasser auf und nahm mir ein Tuch.  Ok beruhig dich, du hilfst ihm nur, damit später alles einfacher wird, ok?

Ich lief auf das Bett zu, wo er sich hingelegt hat und auf die Decke starrte.
Vorsichtig setzte ich mich neben ihm hin und nehme sein Gesicht in meine Hände. Langsam und vorsichtig, darauf bedacht ihm nicht weh zu tun, säubere ich sein Gesicht. Mit einem verwirrten Blick sah er mir in die Augen.
,,Lass das! Ich brauche deine Hilfe nicht!"
,,Doch, das tust du. Und jetzt sei ruhig." Kann er nicht einfach still sein und sich helfen lassen?
,,Ich sagte geh!", knurrte er.
Schön dann mach es selber! Idiota (Idiot, Schwachkopf)!
Wütend stand ich auf und setzte mich aufs Sofa.
Er zischte leise auf, aber gehört habe ich es trotzdem. Ich wollte gerade schadenfroh lächeln, dass er wegen einer Platzwunde rum heult, als ich die zwei Stichwunden auf seinem Rücken sah.
Geschockt sprang ich auf und lief zu ihm.
,,Wehe du widersprichst mir, Freundchen!" Meckerte ich, und zog ihm sein Hemd aus, nahm den Lappen, Nadel und Faden und positionierte mich hinter ihm.
Als ich fertig mit seinem Rücken war, wollte ich sein Gesicht weiter versorgen, als er mir den Lappen entriss und ,,ich mach das selber" brummte.
,,Guck mich an!" Motzte ich, doch er reagierte nicht.
,,Guck mich an, habe ich gesagt!" Und dieses Mal tat er es wirklich.
,,Ich sag dir eins! Und zwar, dass du es sicherlich nicht alleine kannst und jetzt gib mir den Lappen, turulato (Trottel)!"
Er sah mir für einige Sekunden in die Augen und drückte mir den Lappen in die Hand.
Ich fing damit an das Blut aus seinem Gesicht zu wischen, dabei war mir bewusst, dass seine Wunden am Rücken höhere Priorität haben.
Innerlich ging ich nochmal den Plan durch, der mir, seit ich denken kann eingeredet wurde.
Das wichtigste: Atlas ist ein perverses Stück Scheiße.
Unauffällig näherte ich mein Gesicht an seins und sah dabei auf seine Lippen.
Sofort bemerkte ich wie er tiefer einatmete.
„Ich glaube du musst dein Hemd ausziehen..." flüsterte ich ihm zu und sah in seine Augen.
Ohne seinen Blick von meinem abzuwenden öffnete der sein Hemd und streifte es von seine Schultern. Ich wusch den Lappen nochmal im Eimer mit dem lauwarmen Wasser und positionierte mich auf dem Bett hinter ihn.
Meine linke Hand legte ich auf seine Schulter und ließ sie langsam runter gleiten.
„Ich weiß was du da tust." raunte er mir plötzlich zu. Ich ließ auf meine Antwort warten und drückte auf die erste Stichwunde, um den Blutverlust einzuschätzen. Als ich den Lappen von der Wunde entfernte, beobachtete ich genau wie viel Blut rausströmte.
„Ach, tust du das?" antwortete ich auf seine Aussage von zuvor.
„Die Stichwunden sind nicht so tief, ich vermute 3cm." davon wird er nicht sterben, aber ihm sollte zeitnah sehr schwindelig werden.
„Wo-, woher weißt du das?"
Ein Gehirn hat er also doch?
„Ist das so wichtig?"
Er fing an die Punkte zu verbinden, früher als gedacht. Er ist nicht wirklich dafür bekannt die hellste Birne zu sein.
„Du solltest lieber einen Arzt rufen, die Wunden müssen verschlossen werden."
„Ach, muss ich das?" an seiner Stimmlage merkte ich sofort, dass er kurz davor ist das Bewusstsein zu verlieren.
„Ich mein das ernst. Du verlierst jeden Augenblick das Bewusstsein."
„Der Arzt ist beschäftigt."
Ich stand vom Bett auf und lief zur Türe und klopfte stark dagegen. Augenblicklich öffnete sie sich und ein Dienstmädchen erschien.
„Ich brauche augenblicklich Zucker, am besten Traubenzucker, Alkohol und eine Cola." mit einem Nicken entfernte sie sich und ich ging wieder zu meinem Pflegefall.
„Du solltest mir dankbar sein, weißt du? Ich wurde wortwörtlich windelweich geprügelt und habe nicht einmal Eis für meine Schwellungen bekommen."
„Meinst du? Du kannst froh sein in meinem Bett zu schlafen. Du hast mir auch keinen Grund gegeben, um dich gut zu behandeln."
„Welche Gründe sollte ich dir denn geben?" mot leicht geneigtem Kopf betrachtete ich ihn. Seine Augenlieder hingen schlaff auf seine Augen.
„Du weißt was ein Mann von einer Frau will." bevor ich atmen konnte kann das Dienstmädchen herein und stellte die Sachen auf das Bett.
„Ok Großer, du musst jetzt ganz viel trinken, verstanden?" ich öffnete die Cola und gab noch mehr Zucker rein. Mit angewidertem Blick nahm er die Flasche entgegen und fang an zu trinken, ich hingegen öffnete die Flasche Whisky und nahm einen großen Schluck.
„Leg dich auf deinen Rücken, ich werde dir die Wunden nähen. Vorab: es wird weh tun, ich bin nicht gerade leichthändig." mit einem Nicken und halb leerer Flasche, die er verschloss und auf den Boden abstellte, legte er sich auf seinen Bauch. Ich suchte Nadel und Faden aus den Verbandskasten, nahm noch einen Schluck, bevor ich ein Stück mit Watte darin tränkte. Ich stieg setzte mich auf seinen Rücken, dabei war mir bewusst, was für einen Effekt meine nackten Oberschenkel auf seiner Haut haben würde. Egal wie sehr ich mich vor mir selber ekelte, ich musste zu ihm durchdringen. Das wird von mir verlangt.
Ich drückte die in Alkohol getränkte Watte auf seine Wunde, als die Watte seine Haut berührte spannten sich seine Kiefermuskeln an. Bei dem Anblick musste ich schadenfreudig lächeln, egal was für eine hohe Schmerztoleranz man auch haben darf, Alkohol auf einer Wunde brennt wirklich immer wie Sau.
Während ich den Alkohol seine Sache tun lies, fädelte ich den Faden in die Nadel. Ich lehnte mich weiter nach unten und wollte gerade damit anfangen seine Wunde zu nähen,
„Ich mache jetzt gleich den ersten Stich." warnte ich ihn vor. Die Nadel glitt leicht durch seine Haut. Ich hatte gerade den zweiten Stich gemacht, da fing er an zu reden.
„Machst du das bei jedem Mann?" fragte er mich,
„Wunden nähen, meinst du?" stellte ich mich dumm. Ich wusste ganz genau was er eigentlich ansprach. Ich mache das ganze nicht freiwillig, aber die Umstände zwingen mich leider dazu, sie haben mich sogar dafür vorbereitet.
„Du siehst nicht wirklich wie der unschuldige Typ aus, hör auf weiter auf dumm zu tun. Was erhoffst du dir? Dass du mich um den Finger wickelst und ich dich gehen lasse?" er klang genervt und auch verärgert. Er ist doch nicht so leichtgläubig wie uns immer berichtet wurde. Wurden uns vielleicht falsche Informationen übermittelt? Das kann nicht sein! Wir haben Fotos, er geht jeden Abend ins Bordell, es spricht nichts dagegen, dass er nach seinem Libido handelt. Ich muss meine Strategie aber leider ändern.
„Du meinst, dass ich deinem Gesicht nahe komme, dass ich mich trotz meiner kurzen Hose auf deinen Rücke setzte, dass ich leicht mein Becken auf deinem Rücken hin und her bewege?" provokativ drückte ich mein Unterleib fester gegen seinen Rücken.
„Du hast ein schönes Gesicht. Frauen aus ärmeren Gegenden lieben Männer mit schönen Gesichtern. Die haben meistens mehr Geld als die anderen." um die Bedeutung meiner Wörter hervorzuheben, flüsterte ich sie in sei Ohr. Inzwischen hatte ich die erste Stichwunde genäht und wollte gerade mit der zweiten anfangen.
„Du bist also eine Prostituierte. Erklärt, warum du so gut verarzten kannst und dein dreckiges Mundwerk."
„Männer wie du lieben mein dreckiges Mundwerk."
„Ich bezweifle, dass du je mit Männern wie mir zusammen warst, Liebes." Gott, ist der Mistkerl arrogant. Aber es scheint davon abzulenken, dass ich mich so gut verteidigen kann.
„Aber du lügst mir zu viel. Keine Prostituierte kann sich so verteidigen weil du, die meisten sind den ganzen Tag auf harten Drogen. Wenn du glaubst, dass du mich verführen kannst, bevor ich herausgefunden habe, wer du bist, dann hast du dich geirrt." Fuck. Wir haben ihn falsch eingeschätzt. Vielleicht wird es doch schwerer an den Alten heranzukommen wie gedacht.
„Du hast mich durchblickt. Touché. Hör zu, ich weiß wie das aussieht, aber ich muss zu meiner Mutter. Ich bin in einer Gegend aufgewachsen, die hast du noch nie zu Gesicht bekommen. Da wo ich herkomme, haben Mädchen nicht das Privileg von mehreren Bodyguards beschützt zu werden. Entweder man wird ein Opfer oder man kämpft. Ich habe mich dazu entschieden zu kämpfen. Mein Vater hat uns verlassen, meine Mutter ist eine drogenabhängige Hure. Daher mein dreckiges Mundwerk. Solange wie ich denken kann, musste ich abhauen, mich verteidigen, um nicht vergewaltigt zu werden. Zuhause warteten die Freier meiner Mutter, die mich misshandeln wollten und auf der Straße erwartete mich im Grunde das Gleiche. Ich kenne dich nicht, weder deinen Namen noch sonst was, aber ich bin so schlau um zu erkennen, dass du ganz oben im Kartell stehst. Nimm es mir nicht übel, wenn ich überleben möchte und zurück zu meiner Mutter, damit sie etwas zu essen bekommt." Während ich ihm einen Bruchteil meiner Geschichte erzählte war die andere Wunde auch zugenäht, aber ich rührte mich nicht. Hoffte er würde anbeißen. Ich hoffte nur darauf, dass er mich bei sich behält, damit ich an seinen Vater komme.
Nach einer langen Pause sprach er, ich dachte schon fast, dass er bewusstlos geworden ist.
„Hast du es geschafft dich zu verteidigen?" Mit dieser Frage hatte ich nicht wirklich gerechnet aber sie war zu meinem Vorteil.
„Ich hatte Glück. Sie haben meinem Körper wehgetan, aber meine Ehre, meine Unschuld haben sie noch nicht genommen." ich versuchte traurig zu klingen, mit der Absicht, dass ich ihm Leid tue.
„Willst du dann endlich von mir runter?" antwortete er jedoch plötzlich genervt. Mein Gesicht lief rot an, es kommt nicht oft vor, dass ich mich schäme, aber der Bastard ist echt härter als gedacht.
„Ähm, sofort, ich muss die Wunden nur noch sterilisieren und verbinden." Mit rotem Gesicht tat ich es schnell und steig von ihm und setzte mich beschämt neben ihn.
Ich räusperte ich mich bevor ich noch einmal sprach.
„Du solltest trotzdem zum Arzt. Könnte sein, dass sich die Wunde entzündet, wenn du keine Antibiotika nimmst."
Er drehte sich auf seinen Rücken und sah mit einem Lächeln zu mir.
„Wie wärs, wenn du jetzt auf mich steigst?"
Geschockt und noch röter sah ich ihn an.
„Willst du mich verar-" wollte ich gerade ansetzten als er mich unterbrach.
„Tu nicht so, das war dein Plan von Anfang an." Mit meinem Ziel im Kopf machte ich tatsächlich den Ansatz auf ihn zu steigen, als die Tür plötzlich geöffnet wurde.

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