November - I

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Tom stand vor dem Bett seiner Mutter, auf dem er ihre Kleider sortiert und zusammengefaltet gestapelt hatte und überlegte, ob er einfach alle Sachen spenden sollte oder ob sich der Verkauf mancher Sachen vielleicht lohnen würde. Er hatte inzwischen bereits die meisten Schränke ausgeräumt und alle Möbel mit dem Handy fotografiert, um sie über die Kleinanzeigen zu verkaufen. Vor kaum zwei Wochen, nach seinem fatalistischen Zusammenstoß mit Ari, hatte er die Wohnung gekündigt. Seit dem hatte er nichts mehr von ihr gehört. An ihrer Stelle, hätte er sich jedenfalls auch nicht gemeldet. Er fragte sich, ob seine Mutter Conny und diese wiederum ihrer Tochter von seinem Ausbruch erzählt hatten. Noch am selben Tag hatte Tom erwogen Ari zur Rede zu stellen, die Idee dann aber doch verworfen. Er war viel zu angepisst und hatte gleichzeitig Angst davor, nicht nur seine Wut, die ihm beinahe heilsam erschien, sondern auch sämtliche anderen Vorsätze, wie die Finger von ihr zu lassen, direkt wieder über Bord zu werfen. Nachdem was geschehen war, traute er sich durchaus zu sofort wieder über sie herzufallen, wenn er ihr in die blauen Augen sah und sie ihm entsprechende Signale sandte, dass es okay wäre.

Insofern war er froh, ihr seitdem nicht noch mal über den Weg gelaufen zu sein. Vermutlich mied Ari aber auch bewusst selber das Krankenhaus oder zumindest das Gebäude, in dem seine Mutter untergebracht war. Auch Conny verhielt sich spürbar zurückhaltend und Essen hatte sie auch keines mehr für ihn dabei, wenn sie sich im Krankenzimmer seiner Mutter begegneten. Er konnte es Ari nicht verübeln. Wenn sie nach der Szene weiterhin für ihn mitgekocht hätte, hatte Thomas ernsthaft an ihrem Verstand gezweifelt. Trotzdem nervte es ihn irgendwie, dass Ari sich nicht mal entschuldigt hatte. Wusste sie vielleicht doch nichts von dem Streit mit seiner Mutter? Am Ende erwartete sie vielleicht sogar selbst irgendeine Reaktion von ihm, und eine Erklärung, warum er sie wortlos und derart mies auf dem Flur hatte davon rennen lassen. Wieso hatte er sie nicht aufgehalten? Du weißt ganz genau wieso!

Zumindest schnitt auch seine Mutter die Themen Uni und Ari nicht mehr an, betrachtete ihn aber ständig mit diesem traurigen, zermürbenden Ausdruck. Wenn er in den letzten 2 Wochen bei ihr gewesen war, hatte er ihr meist einfach nur irgendetwas vorgelesen. Er hatte nichts zu erzählen. Und es schien nur Themen zu geben, über die er nicht nachdenken und schon gar nicht reden wollte. Gegen eines davon konnte er sich jedoch nicht sperren. Seine Mutter bestand darauf ihre Beerdigung mit ihm vorzubereiten.

Tom hatte Kopfschmerzen und rieb sich die Schläfen. Diese Situation war das stressigste was er seit langem erlebt hatte und er sehnte sich nach einem Ventil. Doch es war erst Dienstag und daher noch eine lange Zeit bis Freitag. Bis er endlich wieder kämpfen würde. Und dieses Mal würde er auf sich Acht geben, um jede Verletzung zu vermeiden.

Er sah auf die Uhr und stellte mit Erstaunen fest, dass es schon früher Nachmittag war. Er war an diesem Tag noch nicht bei seiner Mutter gewesen. Mit einem letzten Blick auf die ganzen Sachen, seufzte er, wandte sich ab, um sich umzuziehen und endlich zum Krankenhaus zu gehen.


Am Zimmer seiner Mutter angekommen hielt er inne. Die Tür war nur angelehnt und er hörte die leise Stimmen von Conny, die mit seiner Mutter plauderte. Er wollte gerade den Raum betreten, da fiel Aris Name. Tom blieb auf der Stelle stehen und wurde ungewollt hellhörig.

„... ich freu mich, dass sie seit einigen Tagen wieder mehr raus geht. Sie war in letzter Zeit auffällig niedergeschlagen, aber ich glaube nicht, dass es was mit ihrer Recherche und dem allem für Tom dich zu tun hatte. Es war irgendwie... komisch. Naja, aber heute war sie ziemlich gut drauf und hat erzählt, dass sie sich wohl später mit irgendeinem jungen Mann trifft. Tom wird es wohl nicht sein, oder hat er was erzählt?"

„Oh tatsächlich? Nein... Tom hat nichts gesagt. Aber ich bin mir auch nicht sicher, ob er das tun würde."

„Hm, ich glaube nicht, dass er es ist. Dann wäre sie wahrscheinlich nicht so entspannt gewesen."

No Limits - No Rules - No FearWo Geschichten leben. Entdecke jetzt