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[Chenle]

Einige Wochen nachdem Jisung wieder gefahren war, fing ich an mich in die Arbeit zu stürzen. Ich war mir nicht sicher woran es lag. Vielleicht vermisste ich ihn doch mehr, als ich mir eingestehen wollte oder es wurde Zeit den Kontakt abzubrechen.

Heute hatte ich mit Abstand am längsten gearbeitet. Es war bereits nach Mitternacht. Müde machte ich den Wasserkocher an und nahm eine Packung Instantnudeln, welche ich öffnete. Ebenfalls legte ich mir Essstäbchen dazu und sah auf mein Handy.

Jisung war besorgt um mich, aber ich konnte einfach nicht mit ihm reden. Auf eine gewissen Art und Weise war ich froh, dass er sich an nichts mehr von unserer Schulzeit erinnern konnte. Es war ja schon für mich schlimm genug, dass ich dauerhaft daran dachte, seitdem ich wusste, wer er war und er wahrscheinlich immer noch Kontakt zu diesen Leuten hatte.

Meine gestresste Laune vermischte sich mit Trauer und Reue. Ich hatte meinen damaligen besten Freund zurückgelassen. Natürlich hatte ich meine Gründe und er hat mich schlussendlich wie den letzten Dreck behandelt, aber vermissen tat ich ihn trotzdem.

Einzelne Tränen verließen meine Augen, welche ich schnell wegwischte. Ich atmete tief ein und aus, um mich irgendwie zu beruhigen, was diesmal schwerer war als die letzten Tage.

Nayeon erwähnte mittlerweile täglich, dass ich einfach nur überarbeitet war und wenigstens wieder am Wochenende frei machen sollte. Allerdings wollte ich weniger nachdenken und dafür war die Arbeit einfach perfekt.

Ich füllte das etwas abgekühlte Wasser bei den Instantnudeln bei und setzte mich damit an den Tisch. 

Mein Handy blinkte auf und der Name von Jisung tauchte auf. Seufzend nahm ich mein Hand in die Hand und rief ihn an, wie er es sich wünschte.

"Chenle!", hörte ich ihn durch mein Handy, "wie geht's dir?"

"Gut, mach dir bitte keine Sorgen", sagte ich, wobei man meine Erschöpfung hören konnte.

"Lüg' mich nicht an. Ich will doch nur das beste für dich."

"Ich bin alt genug um zu wissen, was ich mache!"

"Chenle bitte..", hauchte er ins Handy.

"Nein. Du weißt nicht, wie es ist in meiner Situation zu sein. Immerhin wirst du von allen um dich herum geschützt und wie ein rohes Ei behandelt, was niemals fallen darf!", zickte ich den jüngeren an.

"Tut mir leid", murmelte er, danach war nur noch ein piepen zu hören.

Aufgebracht schlug ich mir gegen meine Stirn, was schon ein wenig weh tat und stützte meinen Kopf dann auf meinem Arm ab. Was genau konnte er, der Junge, der an einem Gedächtnisverlust litt für mein Trauma, welches ich Taeyong zu verdanken hatte?

Nachdenklich versuchte ich ihn immer wieder anzurufen, gab dann nach fast einer Stunde auf und sah zu meinen Nudeln. Die Nudeln waren bereits kalt und der Hunger vergangen. Dennoch aß ich sie. In den letzten Tagen hatte ich viel zu wenig Flüssigkeit und Nahrung aufgenommen.

Nachdem ich alles weggeräumt hatte ließ ich mein Handy in der Küche liegen und lief ins Zimmer, wo ich mich schnell umzog und ins Bett fallen ließ.

Ich hätte nicht so mit Jisung umgehen sollen, das wusste ich, aber meinen Fehler sah ich trotzdem nicht wirklich ein. Trotzdem wollte ich mich bei ihm entschuldigen, damit er wenigstens dachte, dass es mir leid tat.

☙poor but richᶜʰᵉᶰˢᵘᶰᵍWo Geschichten leben. Entdecke jetzt