Kapitel 3

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Meine Füße trugen mich schon fast von alleine zu den Mädchenumkleiden. Alles in mir brodelte und ich hatte Mühe mich zu beherrschen. Erst vor der abgenutzten, braunen Tür blieb ich stehen.

Ich atmete tief durch. Selbst auf dem Flur waren die Schluchzer zu hören, immer wieder unterbrochen von einem monotonen Summen. Ich legte meine Hand auf die Klinke, sog ein letztes Mal die Luft ein, dann drückte ich die Klinke herunter.

Sie saß ganz hinten auf einer Bank, hatte die Arme um ihre Beine geschlungen und ihren Kopf auf ihren Knien abgelegt. Sie zitterte unkontrolliert.

In der Kabine war es düster und ich konnte ihre Gestalt nur schemenhaft ausmachen. Langsam ging ich auf sie zu. Sie hatte mich noch nicht bemerkt.

Ich war nur noch einen Schritt von ihr entfernt, als sie ganz plötzlich aufhörte zu schluchzen.

Für einen Moment war es komplett still in der Kabine, bis sie plötzlich leise anfing zu singen. Ich verstand den Text nicht wirklich, dafür sang sie zu leise. Jedoch harmonierte die Melodie so wunderschön mit ihrer Stimme, dass ich einige Sekunden einfach stehen lieb und zuhörte. Ich hatte die Luft angehalten und stieß sie jetzt ruckartig aus. Erschrocken blickte das Mädchen hoch. Ihre mit dichten Wimpern umrandeten braunen Augen waren weit aufgerissen.

„Oh... mein.... Gott!", flüsterte ich nach einem unangenehmen Moment des Schweigens. Mehr bekam ich nicht heraus. Meine Wut war wie weggeblasen, ich hatte nur noch diese Melodie in meinen Kopf.

Sie sagte immer noch nichts und starrte mich nur weiter fassungslos an. Normalerweise redete ich nicht viel, aber andererseits hasste ich solch ein Schweigen. „Wow. Das klang...gut."  

Sie runzelte die Stirn und betrachtete mich voller Unbehagen.

„Was willst du hier?"

Ja, was wollte ich eigentlich hier? Für einen Moment hatte ich es echt vergessen gehabt. Doch ich musste mir nur wieder Olivias hässliche Visage in Erinnerung rufen und meine Hände ballten sich automatisch zu Fäusten.

„Ich denke mal ich bin hier, um dir helfen..."

Ich ließ die Aussage im Raum stehen. Sie schaute mich verwundert an und schüttelte leicht den Kopf.

„Das versteh ich nicht", sie legte den Kopf leicht schief und betrachtete mich aus neugierigen Augen. Sie hatte noch leichten Schluckauf, allerdings weinte sie nicht mehr. Ich seufzte.

„Tja, ich hab das eben in der Turnhalle ziemlich genau mitbekommen und um es genau zu sagen, sowas macht mich stinkwütend und kotzt mich einfach nur an. Außerdem gehe ich davon aus, dass das nicht zum ersten Mal passiert ist..." Ihr Blick beantwortete die ungestellte Frage.

„Naja, also jedenfalls will ich dir irgendwie helfen und so...", beendete ich meine kurze Ansprache. Sie guckte mich eine Zeit lang nur stumm an, dann hoben sich ihre Mundwinkel und sie fragte mit leichter Unsicherheit in der Stimme.

„Und wieso willst du das machen? Was hast du davon?" Ich zuckte kurz mit meinen Schultern.

„Keine Ahnung, wahrscheinlich weil ich irgendwie Mitleid mit dir habe, aber wohl eher, weil mich das von gerade eben tierisch aufregt."

„Weißt du, das ist halt irgendwie komisch... Du bist die Erste, die auf mich zukommt und ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich davon halten soll", sie kaute auf ihrer Lippe herum. Dann schob sie noch hinterher: „Okay, ich weiß es. Das ist echt total lieb von dir. Danke." Sie schenkte mir ein zaghaftes Lächeln, woraufhin ich ihr meine Hand hinstreckte: „Sydney", stellte ich mich vor.

More than a Bad Boy (Completed)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt