Kapitel 1- Die Nachricht

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Die allermeisten Menschen erhalten an ihrem Geburtstag Post. Ich bilde darin keine Ausnahme. Doch meistens sind das Glückwunschkarten von Freunden und der Familie. Wenn man das genau nimmt, war das bei mir ebenfalls der Fall, auch wenn mir erst im Nachhinein klar werden sollte, dass ein Brief der englischen Royals durchaus als Glückwunschkarte von der Familie durchgeht. 

Doch fangen wir von vorne an: An diesem Tag, meinem 15. Geburtstag, wusste ich das natürlich noch nicht, weshalb ich verwirrt zu meinen Eltern in die Küche rannte und den eben erhaltenen Brief auf den Tisch knallte. In fein säuberlicher Schrift war die Adresse notiert. "Was. Ist. Das?" Soweit ich wusste, hatte ich weder etwas unglaublich Großartiges, noch etwas unglaublich Schreckliches in Großbritannien angestellt, was einen solchen Brief rechtfertigen würde. Zu allem Überfluss hatte ich das Land noch nie besucht und wusste gerade einmal, dass es dort eine Monarchie gab. Okay, okay, die Namen der wichtigsten Mitglieder, die tagtäglich in den Klatschsendungen im Fernsehen erwähnt wurden, kannte ich schon, aber mehr auch nicht. 

Meine Eltern wechselten einen vielsagenden Blick, der mich nur noch ungeduldiger machte. Anscheinend wusste jeder Bescheid, was es mit diesem Brief auf sich hatte, nur ich nicht. Und das machte mich ziemlich wütend. Ich hasste es ausgeschlossen zu werden! "Also?", forderte ich nun genervt meine Eltern auf, mir das alles zu erklären. Meine Mutter seufzte leise. "Ich glaube, das solltest du lieber aus dem Brief erfahren..." Auch gut. Wortlos schnappte ich mir den Brieföffner. Wenn mir schon niemand etwas sagen wollte, würde ich es eben selbst herausfinden. Ich friemelte den Brief aus dem Briefumschlag heraus. Obwohl der Umschlag so "offiziell" aussah, schien der Brief tatsächlich selbst geschrieben zu sein, ohne irgendeinen Einfluss von einem Diener. Neugierig begann ich mit dem Lesen. 

Meine liebe Isabella!

Diesen Brief zu erhalten, muss für dich ein Schock sein. Ich hoffe, er kommt rechtzeitig zu deinem Geburtstag an. Wenn ja, herzlichen Glückwunsch! Obwohl ich das eigentlich erst ab 22:19 Uhr sagen kann, der Uhrzeit, zu der du geboren wurdest. Woher ich diese Zeit so genau kenne? Eigentlich ist die Erklärung ganz simpel, wird für dich aber eine ziemlich Erschütterung sein: Ich bin deine leibliche Mutter.

An dem Tag, an dem ich gemerkt habe, dass ich schwanger bin, war ich zunächst völlig durcheinander. Ich war  21 und erst seit einem Jahr mit William zusammen. Dennoch war für mich recht schnell klar, dass ich das Kind unbedingt behalten wollte. Am 19. Juli 2004 bist du dann zur Welt gekommen. Obwohl mir bewusst war, dass das Ganze wahrscheinlich ein riesiger Skandal sein würde, weil William und ich noch nicht verheiratet waren, machte ich mir nicht allzu viele Gedanken. Wir würden eben später heiraten, was war denn schon dabei? Doch ich hatte die Rechnung ohne Charles gemacht, der uns vor die Wahl stellte: Entweder wir würden zulassen, dass er das Baby in ein Waisenhaus bringt oder er würde dafür sorgen, dass schon nächsten Monat eine arrangierte Ehe zwischen William und irgendeiner griechischen Prinzessin stattfinden würde. Schweren Herzens trafen wir eine Entscheidung und standen am nächsten Tag ohne Baby da. Der einzige Gedanke, der mich tröstete, war, dass du hoffentlich bei einer Adoptivfamilie ein glückliches Leben führen würdest. Ein Leben, das ich dir ohne William nicht hätte bieten können. Immer noch mache ich mir Vorwürfe deswegen.

Seit 2011 habe ich Zugang zum Palastarchiv und habe nachgeforscht, wo du wohnen könntest. Die Suche hat sich als recht schwierig herausgestellt. Charles hat seine Spuren gut verwischt. Schlussendlich bin ich dann aber doch auf eine Adresse und eine Telefonnummer gestoßen, die stimmen könnte. Sofort habe ich dort angerufen. Volltreffer. Augenblicklich stand mein Entschluss fest, dich an deinem Geburtstag über deine Herkunft aufzuklären.

Ich glaube, ich habe den Brief fünfmal neu geschrieben und bin immer noch nicht richtigzufrieden. Nun ja. Ich glaube, es gibt keine passenden Wörter, um dir das Ganze schonend beizubringen. Wenn du willst, könntest du uns in den Sommerferien besuchen. In Deutschland müssten sie gerade begonnen haben, oder?  Vielleicht gefällt es dir ja. Wenn du willst, kannst du auch ruhig zu uns ziehen. Ach übrigens, William denkt genau so wie ich. Er traut sich nur nicht, dir selbst zu schreiben... Ich hoffe, wir sehen dich bald.

Kate

Fassungslos starrte ich den Brief an. War das wirklich wahr? Konnte das wirklich wahr sein? Wie es schien war ich eine englische Prinzessin. Die Tochter von William und Kate. Bedeutete das etwa auch, dass ich irgendwann einmal die Königin von England sein würde? Nun, darum konnte ich mir auch später noch Gedanken machen. Momentan war ich einfach nur schockiert über meine Entdeckung. Entgeistert starrte ich die Menschen an, die ich vor wenigen Sekunden noch für meine Eltern gehalten hatte. Ich konnte es nicht glauben, dass sie so etwas fünfzehn Jahre lang vor mir verborgen hatten. Ich war stinksauer. Das hätten sie mir doch verraten müssen! Um genau zu sein, müsste ich eigentlich auch wütend auf meine leiblichen Eltern sein, aber irgendwie konnte ich das nicht. Auch wenn ich etwas verletzt war, dass sie mich weggegeben hatten, verstand ich tief in meinem Inneren dennoch, warum sie sich so entschieden hatten. 

Aber wie auch immer, nun wurde mir so einiges klar. "Deshalb habt ihr mich zweisprachig aufgezogen, obwohl das überhaupt keinen Sinn ergeben hat? Deshalb bekomme ich immer von jedem gesagt, ich würde Kate so ähnlich sehen? Warum habt ihr mir denn nichts gesagt?" Meine Mutter- Oder wie auch immer ich sie jetzt nennen sollte- zuckte hilflos mit den Achseln. "Was sollten wir denn machen? Wir haben so lange versucht, selbst Kinder zu kriegen, aber es hat einfach nicht funktioniert. Wir waren einfach nur so glücklich, als wir so ein perfektes Mädchen wie dich adoptieren konnten. Und Charles hat uns das Versprechen abgenommen, dir nichts zu sagen..." Aha. Also wieder Charles. So langsam wurde er mir noch unsympathischer, als er es mir wegen seiner Trennung von Diana sowieso schon war. Mein Adoptiv-Vater betrachtete mich nachdenklich. "Willst du ihr Angebot annehmen und nächste Woche nach London fliegen? Ich meine... Du willst doch... Nicht dass du das jetzt falsch verstehst... Ich will dich zu nichts zwingen...", verzettelte er sich.

 Tief atmete ich durch. Wollte ich das? Einerseits brauchte ich noch etwas Zeit, um das Ganze zu verdauen. Andererseits ging der Flug erst nächste Woche... "Ich mache es" Obwohl mein "Vater" erst etwas erstaunt zu sein schien, nickte er sofort. "Okay. Ich rufe die Beiden dann sofort an. Ich habe noch ihre Nummer!", erklärte er hastig und machte sich sofort auf ins Wohnzimmer. Meine Adoptiv-Mutter hielt mich zurück, als ich gerade den Raum verlassen wollte. "Isabella... Ich will dich nicht aufhalten. Wenn es dir bei deinen Eltern gefällt, soll dich nichts davon zurückhalten, zu ihnen zu ziehen. Okay?" Als ich knapp nickte, wandte sie sich ab und widmete sich wieder der Lektüre der Tageszeitung. Ich dagegen lief erstmal in mein Zimmer, ließ mich aufs Bett fallen und betrachtete die Leuchtsterne an der Zimmerdecke. Ich war eine englische Prinzessin und die Tochter von William und Kate? Gut, das war verrückt, aber gleichzeitig war es das größte Abenteuer meines Lebens!


Der Tag, an dem ich zu Englands Prinzessin wurde (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt