Über den Verlauf der folgenden Tage konnte ich mich eigentlich nicht beschweren. Langsam fühlte ich mich wirklich willkommen, nicht mehr fehl am Platz. Zwar war es mir immer noch unangenehm, in einen Raum zu platzen und dann zu bemerken, wie alle anderen sofort aufhören, miteinander zu reden. Gut, ich hatte unzählige Male gesagt bekommen, das sei nur, damit ich mir nicht ausgeschlossen vorkäme, wenn ich nichts verstehen würde. Aber dennoch war es nicht sonderlich schön.
Viel schlimmer war für mich jedoch, dass wir in der Sache, die mir am wichtigsten war, nicht weiterkamen. Niemand von uns hatte eine Ahnung, wie William und Kate überhaupt auf die Idee gekommen waren, dass ich Adele hieß. Das ergab doch alles überhaupt keinen Sinn! Vor allem da ich, wie Mette-Marit mir mehrfach versichert hatte, Kate wirklich ähnlich sah und es eigentlich keinen Zweifel daran gab, dass ich ihre Tochter war. Wie wollten sich meine Eltern das denn bitte erklären? Sollte ich etwa eine Schönheitsoperation gemacht haben, um meine "Mission", mich ins Könighaus einzuschleichen, glaubhafter rüberzubringen?
Und trotzdem ist mir das Ganze verdammt unangenehm. Wenn ich in einen Raum reinkomme, verstummen auf der Stelle alle Gespräche. Natürlich, sie haben mir tausendmal versichert, dass das nur ist, damit ich mich nicht fehl am Platz fühle, wenn sie auf norwegisch diskutieren und ich nichts verstehe. Nur eine kurze Pause, um auf englisch umzustellen. Aber dennoch ist die plötzliche Stille seltsam.
An diesem Tag jedoch war es irgendwie anders. Als ich ins Wohnzimmer kam, schienen zwar alle meine Anwesenheit zu registrieren, ließen sich jedoch nicht stören. Mette regte sich weiter auf- zumindest nahm ich wegen ihrem Gesichtsausdruck an, dass sie nicht sonderlich gut gelaunt war. Ein Wort, das immer wieder vorkam, verstand ich sogar. Zumindest wenn "idiot" nicht auf norwegisch "Kuchen" oder so etwas bedeutete.
Als sie keine Anstalten machte, sich irgendwann sich zu beruhigen, räusperte ich mich einmal. Das brachte zwar doch nicht die erwünschte, aber zumindest eine irgendeine Wirkung. Nun begann auch Haakon, wie wild auf seine Ehefrau einzureden. Irgendwann schalteten sich auch Ingrid und Sverre- Was machten die eigentlich hier?- in die Diskussion ein, sodass ich mich ziemlich fehl am Platz fühlte.
Das Ganze schien zu allem Überfluss auch noch zu keinem Ergebnis zu führen. Zumindest endete das erregte Gespräch damit, dass Mette aufstand und ihr Handy nahm, während Haakon nur die Augen verdrehte und den Kopf in den Händen verbarg. Aber wenigstens erinnerte sich jetzt wieder jemand daran, dass auch ich noch existierte. Ingrid kam auf mich zu und nahm mich in den Arm. Ihr Blick war seltsam unsicher, sodass ich sogleich eine kleine Panikattacke bekam und mich ruckartig aus ihrer Umarmung befreite.
"Was habt ihr jetzt eigentlich vor?"
"Wir haben gar nichts vor. Die meisten von uns denken, dass das eine ziemlich schlechte Idee ist." Der Blick, den Haakon seiner Frau zuwarf, machte mich nur noch nervöser, denn erst sagte ziemlich eindeutig aus, dass der Kronprinz das ganze ziemlich bekloppt fand.
"Das ist doch eine gute Idee! Fragen kostet nichts. Wir können es doch wenigstens versuchen!" Auch Sverre schaltete sich nun in die Diskussion ein, sprang auf.
"Nur, dass wir das schon einmal versucht haben. Du hast doch gesehen, was dabei herausgekommen ist!" Als Sverre als Antwort auf Ingrids Vorwurf nur mit den Schultern zuckte, stöhnte sie theatralisch auf und warf sich neben ihren Vater auf das cremefarbene Sofa.
"Macht doch, was ihr wollt!" Haakon seufzte resigniert auf und ließ sich in die Kissen sinken. Im nächsten Moment hatte Mette ihm das Handy in die Hand gedrückt und sich mit einem "Ruf du an, das ist glaubwürdiger!" an ihn gekuschelt. Als sich nun auch noch Sverre wieder hinsetzte, wurde es auch mir ein wenig zu blöd, als einzige noch zu stehen. Ich ließ mich neben rechts neben Ingrid nieder und wartete darauf, was als nächstes geschehen würde.
Es tutete einmal in der Leitung. Zweimal. Dann ertönte ein Klicken, der Angerufene hatte den Anruf angenommen. Zuerst hörte ich nur Atmen und im Hintergrund Stimmengemurmel, zu leise, um es zu verstehen. Aber auch Haakon sagte nichts. "Mette? Was willst du?"
Mir kam es vor, als würde mein Herz stehen bleiben. Das war nicht ihr Ernst. Das war doch nicht wirklich ihr Ernst, oder? Das konnten sie doch nicht tun, das konnten sie mir nicht antun. Das war grausam, Folter, mir fielen nicht genug passende Wörter ein. Scheiße. Scheiße, scheiße, scheiße. Warum, warum, warum?
"William. Wir..." Mette machte irgendwelche seltsamen Gesten, deren Bedeutung ich nicht wirklich verstand. Haakon jedoch schien es richtig aufzufassen, presste die Lippen zusammen. "Es geht um Isabella."
"Isa... Au!" Das letzte Wort war gezischt, beinahe hatte ich es nicht gehört. Dennoch war ich mir sicher, es wahrgenommen zu haben. Ziemlich sicher. Nun ja, wahrscheinlich. Ein Seitenblick zu Ingrid verriet mir, dass auch sie an ihrem Gehör zweifelte. "Ihr meint Adele, oder? Sie..." Williams Stimme klang jetzt irgendwie anders, gepresst. Im Hintergrund hörte ich Schreie, glaubte jemanden verlangen zu hören, das Telefon auf laut zu stellen. Die Stimme konnte ich nicht erkennen.
"Nein, wir meinen Isabella." Mettes Stimme war so kalt, wie ich es noch nie gehört hatte, als sie William ins Wort fiel. Sie kniff die Augen zusammen, was ich ihr nicht verdenken konnte. Mein Schock der letzten Woche war so langsam vergangen und wurde durch diesen Satz von einer rasenden Wut verdrängt. Er wollte die dumme Adele? Bitte sehr, dann bekam er die dumme Adele!
Als ich tief Luft holte, versuchte Haakon mich noch mit einem warnenden Blick zu stoppen. Zu spät. Ich war nicht mehr aufzuhalten. "Ich bin also Adele? Wirklich? Soll ich dir etwas vorsingen, um dir zu zeigen, was für eine tolle Adele ich bin?" Ingrid neben mir kicherte, was mich noch mehr anspornte. "Ich kam, um euch die Krone zu stehlen, in der großen, weiten Welt...", sang ich ziemlich laut, ziemlich schief und ziemlich unrhythmisch auf die Melodie von "Hello". Nun grinste auch Mette, was mich noch wagemutiger werden ließ. "Soll ich euch mal etwas verraten? Ich..."
"Isabella, das reicht." Haakon unterbrach mich mit einem bemüht strengen Tonfall, doch auch seine Augen funkelten belustigt. Gut, Mission erfüllt. Ich hatte meinem Vater die Meinung gegeigt und war dabei auch noch lustig gewesen. Nun konnte ich das Gespräch getrost den anderen überlassen. "William, was ist denn nur bei euch los? Warum glaubt ihr diesen Mist? Komm schon, du kannst es mir doch sagen... Ihr versteht nicht, was wirklich los ist."
Haakons Worte brachten rein gar nichts, ganz im Gegenteil. Als William antwortete, klang er nur noch frustrierter als vorher. "Nein, ihr versteht gar nichts! Ich... Wir..." Er seufzte leise. "Wenn ihr auf Isabellas Seite seid, ruft bitte einfach nicht mehr an." Plötzlich klang er nur noch erschöpft.
Mein Herz schlug schneller, als ich hörte, dass er tatsächlich meinen echten Namen aussprach. Konnte vielleicht doch... Nein. Sämtliche zarte Hoffnung, die sich in mir aufgebaut hatte, wurde mit einem Mal zerstört, als William urplötzlich auflegte. Haakon fluchte, wählte die Nummer noch einmal. Vergeblich. Es war nicht besetzt, doch niemand hob mehr ab.
Ja, ich lebe auch noch! Ich hoffe, das Kapitel gefällt euch. Passt die Adele-Szene mit rein? Ehrlich gesagt ist mir die Parallele erst vor Kurzem aufgefallen, vielleicht habe ich auch ein wenig zu viel Big Performance gesehen. Ich bin mir nicht sicher, ob es in den Kontext passt. Vielleicht könnt ihr mir da ja eine kurze Rückmeldung geben?
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Der Tag, an dem ich zu Englands Prinzessin wurde (Pausiert)
FanfictionSucht man bei Google nach der Thronfolge Großbritanniens, findet man an dritter Stelle: "HRH Prinz George Alexander Louis, Sohn von Prinz William und Herzogin Catherine" Gibt es irgendjemanden, der diese Information anzweifelt? Nein? Ich auch nicht...