Seit unserem Wiedersehen waren zwei Wochen vergangen und eigentlich hatte ich mich in London schon ganz gut eingelebt. Klar, daran, dass ich den Palast nicht verlassen durfte, musste ich mich noch gewöhnen, aber ich verstand auch den Grund. Bis meine Existenz bekannt gegeben wurde, durfte niemand Fotos von mir in Begleitung meiner Eltern schießen oder einem Leibwächter schießen. Ohne Leibwächter wiederum wäre es zu gefährlich, als Royal in die Stadt zu gehen- Ich könnte ja bei einer Schießerei sterben. Nun ja, die königliche Etikette eben... Die Zeit war nur so verflogen. Morgens beschäftigte ich mich mit meinen kleinen Geschwistern, die mich sofort ins Herz geschlossen hatten, oder sprach mit Kate, die für mich immer mehr zu jemandem wurde, dem ich wirklich vertraute. Nachmittags telefonierte ich mit meinen Freundinnen oder spielte gemeinsam mit George, Charlotte und Louis im Garten. Der ganz normale Alltag eines Royals. Nun ja, einer inoffiziellen, unehelichen Tochter des zukünftigen Königspaars Englands, aber irgendwie ging das doch schon als Royal durch, oder? Doch nach einiger Zeit wurde dieser immer wiederkehrende Alltag halt einfach langweilig. Nur schwer konnte ich mich damit abfinden, jeden Tag dasselbe machen zu müssen. Zuhause, besser gesagt bei meinen Adoptiveltern, war ich in einem solchen Fall einfach spontan mit meinen Freundinnen in die Stadt gegangen. Hier war das nicht mehr möglich. Nicht, dass ich überhaupt anwesende Freundinnen gehabt hatte, aber selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, wäre es mir nicht erlaubt gewesen- Und so langsam machte mich das kirre. So saß ich nach am fünfzehnten Tag nachmittags einfach nur auf dem Bett in meinem Zimmer, starrte die Wand an und verfluchte gedanklich meine Eltern. Klar, ich verstand, dass mir auf keinen Fall etwas geschehen durfte. Aber du meine Güte, niemand wusste von meiner Herkunft! Wie sollte dann ein Anschlag auf mich geplant werden? Mein Leben war einfach nur so eintönig. Auch wenn ich mir bald wünschen sollte, es wäre so wie jetzt...
An diesem Tag kam urplötzlich Kate in mein Zimmer gestürzt. "Isabella, kommst du bitte? Wir müssen etwas besprechen?" Nervös strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Erschrocken sah ich hoch. So angespannt hatte ich sie ja noch nie gesehen! "Was ist los?" Aufgeregt sprang ich auf und stolperte dabei schon über meine eigenen Füße. Na super. Guten Morgen ,Tollpatsch, auch schon wach? Während ich mich noch für meine eigene Ungeschicklichkeit verfluchte, war die Herzogin von Cambridge schon wieder aus dem Zimmer gestürmt und rief mir nur noch über die Schulter zu, ich solle mit in die Küche kommen. Schnell machte ich mich auf den Weg. Was war da nur los? Stand mein erster offizieller Auftritt an? Aber warum war Kate dann so aufgeregt? So besonders war das jetzt auch wieder nicht, auch wenn ich das am Tag selbst sicher nicht mehr denken würde. Vor dem Salon blieb ich stehen, um schnell wieder zu Atem zu kommen. Aus dem Raum hörte ich die aufgeregten Stimmen des Thronfolgerpaares. Neugierig hörte ich ihnen zu und versuchte, aus den spärlichen Informationen schlau zu werden. "Wo ist denn nur die E-Mail? William, hast du sie etwa schon gelöscht?" Okay, nicht sonderlich aufschlussreich. "Nein, hab ich nicht! Warum sollte ich? Such weiter. Wann geht der Flieger?" Flieger? Oh, wie spannend! Stand etwa ein Staatsbesuch an? Wohin es wohl ging? Am spannendsten fände ich wohl die Länder Skandinaviens, die ebenfalls eine Monarchie waren, also Norwegen, Schweden und Dänemark. Da wollte ich schon immer einmal hin! Aber durfte ich eigentlich überhaupt mit? Oder sollte ich auf meine Geschwister aufpassen? "In ein paar Stunden oder so. Ist Maria bereit? Wenn Isabella mitkommt, ist sonst niemand da, um auf die Kinder aufzupassen" Hurra! Ich durfte mit! Ich vollführte innerlich einen Freudentanz, als mir plötzlich wieder einfiel, dass ich ja immer noch drinnen erwartet wurde. Strahlend rannte ich ins Wohnzimmer und fiel William um den Hals. "Stimmt das wirklich? Ich komme mit auf einen Staatsbesuch?" "Ähm... Ja" Vorsichtig löste sich mein Vater aus meiner Umklammerung und warf einen hilfesuchenden Blick zu seiner Ehefrau, die seufzte. "Ja, es ist ein Staatsbesuch, um genau zu sein in Norwegen" Ich konnte ein fröhliches Jauchzen nicht unterdrücken. Besser ging es ja gar nicht! "Allerdings..." Sie zögerte. "Charles hat irgendwie herausgefunden, dass du wieder bei uns bist und verlangt, dich jetzt bei diesem Besuch zu treffen..." Oh. Es ging also doch besser. Unsicher, wie ich auf diese Neuigkeit reagieren sollte, trat ich von einem Fuß auf den anderen. Eigentlich müsste ich froh sein, nun endlich meinen leiblichen Großvater kennenlernen zu dürfen. Andererseits hatte gerade dieser Großvater dafür gesorgt, dass ich überhaupt von meiner Familie getrennt worden war... "Gut", sagte ich langgezogen und hoffte auf eine Reaktion. Die kam, allerdings nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. Wie auf ein Kommando hin seufzten die Beiden wieder. Noch mehr schlechte Nachrichten? Was war denn jetzt noch los? Diesmal war William der Unglückliche, der mir erzählen durfte, was los war. "Das war noch nicht alles. Da du uns begleiten wirst, mussten wir der Presse von deiner Existenz berichten, was bedeutet, dass und unterwegs auf Schritt und Tritt Paparazzi belagern werden, um ein gemeinsames Foto von uns zu ergattern. Außerdem wirst du auf der Reise auch die norwegische Königsfamilie oder zumindest einen Teil davon treffen. Dafür müsstest du zumindest die Grundlagen der royalen Etikette beherrschen, die wir dir dann auf dem Hinflug so gut wie möglich beibringen. Nicht dass Haakon und Mette-Marit sich über deine fehlenden Kenntnisse der Gepflogenheiten beschweren würden, vielmehr ist Charles das Problem. Er hat uns geschworen, dass du wieder bei einer neuen Adoptivfamilie landen wirst, wenn du ihnen auch nur einen Grund für einen Vorwurf gibst"
Nein. Ich war geschockt. Das durfte einfach nicht wahr sein. Es war doch unmöglich, in der kurzen Zeit, die uns noch blieb, sämtliche Regeln zu lernen, zumal ich schnelles Lernen sowieso nicht zu meinen Stärken zählen konnte. Ganz davon abgesehen, dass ich auch noch alle meine Sachen packen und mich mental auf das Zusammenreffen mit der Nummer Eins in der Thronfolge vorbereiten musste. Andererseits... Hatte ich denn überhaupt eine Wahl? Entweder ich schaffte es oder ich konnte mich in irgendeiner komplett fremden Familie einleben, ohne Aussicht auf ein erneutes Zusammentreffen mit meinen leiblichen Eltern. Das war doch keine Option! Für mich war es klar: Ich würde kämpfen. Es konnte sein, dass ich es nicht schaffte, doch ich würde nicht sang- und klanglos untergehen. Wenn Charles mich schon weghaben wollte, musste er sich schon etwas Mühe geben. Denn aufgeben würde ich niemals.
DU LIEST GERADE
Der Tag, an dem ich zu Englands Prinzessin wurde (Pausiert)
FanfictionSucht man bei Google nach der Thronfolge Großbritanniens, findet man an dritter Stelle: "HRH Prinz George Alexander Louis, Sohn von Prinz William und Herzogin Catherine" Gibt es irgendjemanden, der diese Information anzweifelt? Nein? Ich auch nicht...