;;007

270 45 0
                                    

Noch immer verwirrt sitze ich auf meinem Platz und mustere das Mädchen neben mir. Warum meine Schwester jetzt neben mir sitzt kann ich nicht so genau sagen. Natürlich freue ich mich, sie zu sehen, aber ich bin wirklich verwirrt.

Eigentlich sollte sie in Suria sein — eine Küstenstadt in Terrasen, über die ihr Verlobter herrscht. Aber jetzt sitz sie da neben mir, mit einem breiten Lächeln und unterhält sich mit meinen Eltern, mit den Vertretern der Adelshäuser und mit den ganzen anderen Menschen, die auch an dem langen Tisch sitzen.

Ich bin so damit beschäftigt, Yoko anzustarren, dass ich gar nicht bemerke, wie der zweite Gang aufgetischt wird. Erst als die Braunhaarige ihr wunderschönes Gesicht zu mir dreht erwache ich aus meinem Starren.

»Ich habe gehört, dass du einen Leibwächter bekommen hast.«, sagt Yoko mit einem breiten Grinsen, das mich auch grinsen lässt. Ich nicke nur während ich in Yokos Augen starre. Sie sind zwar genauso braun wie meine aber trotzdem haben sie einen Schimmer in sich, der Yokos Augen so viel lebendiger wirken lässt. »Und, wie heisst er?«, fragt die Braunhaarige und lehnt sich gespannt zu mir vor, weswegen ich leise auflachen muss.

»Ich weiss es nicht.«, gestehe ich und kratze leicht beschämt meinen Nacken, während Yoko mich verwirrt mustert. »Wieso nicht?«, fragt sie während sie zu ihrem Weinglas greift und einen kleinen Schluck daraus trinkt. Ich seufze leise und drehe mein Wasserglas vor mir etwas hin und her. »Wir hatten bis jetzt noch gar keine Zeit, uns richtig kennenzulernen.«, gestehe ich laut und lehne mich danach zu Yoko rüber, die mir mit ihrem Ohr entgegenkommt.

»Er ist gerade unterwegs, um die Drecksarbeit für Vater zu erledigen. Vielleicht kennst du ihn unter dem Namen ''Assassine von Erilea''?«, flüstere ich in Yokos Ohr, die ihren Kopf fast sofort zurückzieht und mich geschockt ansieht. Ich zucke nur mit meinen Schultern. »Er ist nett.«, sage ich so, als ob diese Tatsache etwas an dem Titel und dessen Wirkung ändern würde, der den Schwarzhaarigen mit sich trägt.

Yoko will gerade etwas erwidern, wird allerdings von unserer Mutter unterbrochen, die sich mit leuchtenden Augen zu ihr gedreht hat. »Yoko, Schatz, klär die anderen Herren an dem Tisch doch bitte endlich darüber auf, wieso du hier bist.«, sagt die ältere Frau, die sich allerdings trotzdem ziemlich gut gehalten hat.

Die Haare der Königin wurden sorgfältig in mehrere kleinen Zöpfe verarbeitet, die über die offenen, gewellten Haare der Frau fallen, was ihr ein viel jüngeres Aussehen beschert. Ausserdem haben ihre braunen Augen auch diesen Schimmer der Lebensfreude in sich, den sie an Yoko weitergegeben hat. Allgemein sehen sich Yoko und die Königin sehr ähnlich.

Auf Yokos Gesicht schleicht sich ein breites Grinsen und sie räuspert sich leise. »Akio und ich werden in zwei Monaten endlich heiraten. Und ich bin hier, um Sie alle einzuladen. Die Einladungen sind bereits auf dem Weg, aber ich möchte, dass Sie es von mir hören, bevor die offizielle Einladung eintrifft.«, sagt die Braunhaarige und sieht sich dabei im Raum um, in dem eine heitere Stimmung ausbricht.

Von überall werden Glückwünsche gerufen und jeder möchte plötzlich zu der braunhaarigen Schönheit. Ich halte mich allerdings zurück. Ich werde mich später in Ruhe mit ihr unterhalten. Also esse ich den dritten Gang und warte mit zusammengefalteten Fingern auf den vierten, der auch nicht lange auf sich warten lässt.

Eine Weinflasche nach der Anderen wird geöffnet und die dunkelrote Flüssigkeit verschwindet zu Litern in den Schlünden der ganzen Anwesenden. Und so entwickelt sich das eigentlich gemütliche Abendessen in ein rauschendes Fest, das mich aber nicht wirklich interessiert. Das ist auch der Grund, aus dem ich nach dem Dessert den grossen Saal verlasse und langsam zurück zu meinen Gemächern schlendere.

Ich beschliesse noch einen kurzen Zwischenstopp in der grossen Bibliothek zu machen, aus der ich mehrere Bücher mitgehen lasse. Danach gehe ich mit meiner kleinen Auswahl an Büchern wieder zurück in meine Gemächer, in denen mich Yuki bereits erwartet. Schweigend arbeiten wir uns durch meine Abendroutine und nach einer halben Stunde sitze ich mit einem der Bücher in meinem Bett und betrachte sein Einband.

Der Einband ist ganz einfach schwarz. Nur auf dem Buchrücken steht sein Titel: Die Chroniken der Assassinen. Warum ich mich genau für dieses Buch entschieden habe, weiss ich nicht genau. Aber es ist sicher nicht verkehrt, sich über Assassinen zu informieren, wenn man mit einem zusammenlebt, oder?

Killer 💫a yoonmin story 💫Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt