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Jameson

Nach dem ich das Haus verlassen habe, bin ich in meinen Wagen gestiegen und weg gefahren. Ich bin so lange gefahren, bis ich nicht mehr gewusst habe, wo ich eigentlich bin.

Meine Hände haben die ganze Zeit wie wild gezittert, ich hatte das Gefühl, jeden Moment ersticken zu müssen. Jetzt, sitze ich hier, im nirgendwo und starre ins nichts.

Ich sehe die ganze Zeit Hearts tränenüberströmtes Gesicht vor mir, höre sie weinen, schluchzen, schreien. Ich höre sie nach mir rufen, sehe, wie sie die Hände nach mir ausstreckt, sehe den Schmerz in ihren Augen vor mir und dann, dann höre ich nur noch diese drei Worte, immer und immer wieder.

Ich werde sterben.

,,Scheiße", flüstere ich. Mein Herz, es beginnt zu rasen. Das Atmen fällt mir schwer. Meine Brust hebt und senkt sich hektisch. Meine Sicht verschwimmt. ,,Scheiße. Scheiße. Scheiße", schreie ich und wische mir die Tränen aus dem Gesicht.

Bevor ich es verhindern kann, beginne ich zu weinen, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Es fühlt sich an, als würde jemand versuchen mein Herz aus der Brust zu reißen.

Ich schließe die Augen, doch sehe nur Heart vor mir, höre nur ihre Stimme. Ich schlage mit meinen Fäusten auf das Lenkrad. Immer und immer wieder. Ich schreie, ich weine, ich sterbe.

Wie konnte sie mir das die ganze Zeit verschweigen? Wie konnte sie mich die ganze Zeit belügen? Lügen, dass es ihr gut geht, obwohl sie verdammt noch mal schwer krank ist? Wie konnte sie mir verschwiegen, dass sie Krebs hat und das in der schlimmsten Form, die es überhaupt gibt? Wie konnte sie mich im glauben lassen, dass das mit uns echt ist und eine Zukunft haben wird?

Scheiße, sie wird sterben und ich kann nichts dagegen tun. Meine Eltern sind verfickte Neurologen, einer der besten unseres Landes und können ihr nicht helfen.

Ich habe mich Hals über Kopf in sie verliebt. Liebe, dieses Mädchen, dessen Augen heller als der klare Himmel leuchten und kann ihr nicht helfen. Sie hat mir nicht vertraut, mir nicht zugetraut, dass ich damit klar kommen würde, dass ich ihr hätte beistehen können. Sie hat sich operieren lassen, ohne ein Wort zu mir. Sie hat mir nicht vertraut, während mein Vertrauen in ihr ins unermessliche ging.

Als ich den Nachnamen von mir auf dem Handy gesehen habe, habe ich sofort gewusst, dass etwas nicht stimmt. Als ich die Stimme meiner Mutter gehört habe, ist mir das Herz stehen geblieben. Als Heart angefangen hat bitterlich zu weinen, habe ich gewusst, dass es schlimm sein muss.

Als meine Mutter mir nicht sagen wollte, woher sie Heartley kennt, was ihr fehlt, habe ich nichts als blinde Wut empfunden. Das sie sich bereit erklärt hat, nach Hause zu kommen, obwohl sie auf der Arbeit gewesen ist, hat mir klar gemacht, dass es ernst sein muss.

Ich wollte es nicht wahrhaben, wollte mir nicht eingestehen, was die ganze Zeit vor meinen Augen gewesen ist. Die ständigen Kopfschmerzen, das Nasenbluten, die Zusammenbrüche, ihre Schweigsamkeit, die Funkstille, als sie für neun Tage weg gewesen ist. Sie hat mich belogen, sie hat uns alle belogen.

Mit zitternden Händen fahre ich mir übers Gesicht. Ich weiß nicht was ich tun soll. Ich weiß nicht, wie ich mit dieser Information klar kommen soll. Ich weiß nicht, ob ich ihren Gesichtsausdruck, den gebrochenen Blick, jemals vergessen kann.

Mein Handy klingelt die ganze Zeit, ununterbrochen. Zuerst habe ich gehofft, dass es Heart ist, doch dann wollte ich, dass es einfach jemand ist der sich verwählt hat.
Im Endeffekt waren es meine Eltern.

Als es ein weiteres Mal klingelt, will ich mein Handy einfach nur gegen den Boden schleudern, bis es in tausende von Teilen zerspringt. Ich bin so verdammt wütend, dass ich nicht weiß wohin mit meiner Wut.

Stay with MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt