[26] Freiheit und Gefangenschaft

298 14 3
                                    

Der kalte Wind zerzauste ihre Haare. Doch das merkte sie kaum. Ihre Gedanken waren längst abgeschweift, während sie da sass, vollkommen abgeschottet von der Welt. Die Gänsehaut an ihren Armen und Beinen erinnerte sie daran, wie kalt es doch war. Und das sie nichts dabei hatte um dies zu verhindern. Als sie gegangen war hatte sie kaum Zeit gehabt sich durch den Kopf gehen zu lassen was sie alles brauchen würde um alleine zu überleben. Allein. Dieses Wort auch nur zu Denken löste in ihr ein unangenehmes Gefühl der Leere aus. Sie wusste sie konnte nicht ewig hier bleiben. Doch genau so wusste sie, dass sie keine Chance hatte sich irgendwo ein neues Leben aufzubauen. Man suchte nach ihr. Jeder in diesem Land kannte inzwischen ihren Namen und ihr Gesicht.

Seufzend zog das Mädchen ihre Beine an ihre Brust und umschlang diese mit ihren Armen. Den Kopf stütze sie auf ihre Knie, den Rucksack mit ihren wenigen Habseligkeiten lag offen neben ihr. Die letzten Wochen auf der Flucht waren hart gewesen und nagten an ihren Konchen wie die Kälte an ihrem Leib. Sie fühlte sich müde, konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte mal geschlafen hatte. Denn jedes mal, wenn sie ins Land der Träume zu gleiten drohte, da tauchten ihre Gesichter vor ihrem Inneren Auge auf. Das ihres Bruders, Sirius, Regulus, Lily, James, Remus, Peter, ihre Mutter.... Sie flüsterte ihre Namen jede Nacht, bis ihre Kehle versagte und sie heiser wurde. Bis die Namen nur noch wund ihre Zunge verliess und ihre Lippen vor trockenheit allmälich spröde wurden.

Sie hatte Angst wie noch nie zu vergessen. Vergessen zu werden. Würde sie nur lange genug auf der Flucht würde ihr Gesicht auf den Seiten des Tagespropheten vergilben, ihr Gesicht würde vergessen werden. Kaum einer würde sich an die Mörderin in Hogwarts Gemäuern erinnern können und ihr Name würde nur in der ein oder anderen Geschichte fallen. Kinder würden von ihrem Leben hören, gebannt an den Lippen ihrer Eltern hängend und sich fürchten. Doch sobald sie älter werden würde, würde die Furcht ablassen und sie würden für den Rest ihres Lebens glauben, alles wäre nur ein erfundenes Märchen gewesen, gespinnt im Kopf ihrer Mütter und Väter um ihnen Dinge zu lehren, die sie in ihrem Leben brauchen würden.

Ob Sirius wohl Kinder haben würde? Diese Frage spukte ihr oft ihm Kopf umher. Nicht das es ihr gross etwas bringen würde es zu wissen. Es würde sie doch sowieso nur daran erinnern, was sie niemals haben konnte. Entschlossen stand sie auf und vertrieb so ihre hinterlistigen Gedanken. Ihr Glieder schmerzten und waren schon ganz steif vom ständigen sitzen. Mit einem ruck beugte sie sich vor und hob mehr oder weniger schwungvoll ihren Rucksack auf. Dann ging sie. Hinein in einen neuen Tag voller Unwissenheit.


***********

"Ava. Ich weiss nicht ob das eine gute Idee ist.", seufzend drehte sich Evangeline auf dem Absatz um. Seltsam steif stand sie vor dem Spiegel, die Haare fielen ihr offen über die Schultern, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. "Das ist ganz und gar eine Schnapsidee."

Ava grinste sie nur verstohlen an. "Der Krieg  steht vor der Tür mein Kind. Das Ministerium wird grössere Sorgen haben, als einem entwischten Mädchen hinterher zu laufen.", aufmunternd klopfte sie Evangeline auf die Schulter. Ava Patel, so hiess sie, war eine alte Frau, die Falten standen ihr tief im Gesicht, die Haare hatten sich mit dem Alter grau gefärbt. Evangeline wusste nicht mehr wie sie das Glück haben konnte auf sie zu stossen. Sie war die einzige Person, seit sie Hogwarts vor Jahren verlassen hatte, die in ihr nicht nur ein Monster sah. Sondern das zahme Wesen, dass schon immer in ihr geschlummert war. Das sie schon als Kind gewesen war.

Damals war Evangeline vom Hunger getrieben in ein kleines Dorf nahe Londons gekommen. Der Regen hatte sie bis auf die Knochen durchnässt gehabt. Ans erstbeste Haus hatte sie geklopft. Eine kleine Hütte am Rande des Waldes, ein wenig abseits der anderen Bauten. Und die freundlich lächelnde Ms. Patel hatte ihr die Türe geöffnet. Die, wie sich herausstellte selbst in gewisser weise zur Zauberwelt gehörte. Denn Ms. Patel war eine Squib. Und auch wenn sie sich im klaren war, dass Evangeline ein furchtbares Verbrechen begangen hatte, sah die Frau es nicht in ihrer Aufgabe sie dafür zu verurteilen. Ein Fakt, den Evangelines Band zu dieser Person verstärkte und sie in Sicherheit wiegte.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 26, 2022 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Voiceless {Sirius Black Fanfiction}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt