[17] Gespräche in der Nacht

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Tatsächlich hatte Sirius recht gehabt. Schon seit Stunden sass Evangeline in einem leeren Klassenraum, die Beine zum Körper gezogen und starrte auf den leicht beschmutzten Spiegel, der vor ihr in die Höhe empor ragte. Der Spiegel Nerhegeb. Das Mädchen hatte schon viele Geschichten darüber gehört. Es hiess, der Spiegel würde einem das zeigen, was man am meisten begehrte. Doch das was Evangeline sah, war alles, aber nicht, was er sie erwartet hatte. Sie sah sich selbst darin. Neben ihr erkannte sie ihre Eltern, ihren Bruder und den Jungen, von dem sie sich um jeden Preis hatte fernhalten wollen. Gedankenverloren starrte sie auf das, was sie nie haben würde. Das perfekte Leben, das Glück geliebt zu werden. Sie wusste nicht einmal, weshalb er in diesem Bild stand. Sie empfand nichts für ihn. Sie hatte nicht viel für ihn übrig, stimmts? Oder war sie so mit schweigen beschäftigt, dass sie das offensichtliche Verdrängte. Evangeline schreckte zusammen, als die Tür mit einem leisen quietschen aufgezogen wurde, doch die Mühe sich umzudrehen machte sie sich nicht. Sie fragte sich nur wie er wissen konnte, das sie sich hier befand. "Du fragst dich wie ich dich hier finden konnte.", räusperte sich Sirius. Es war keine Frage, vielmehr eine Feststellung. Als sie nicht antwortete sprach Sirius fort. "Ich selbst komme oft hier her. Es ist dumm zu denken das man bekommt was der Spiegel einem zeigt, wenn man ihn nur lange genug anstarrt.", gestand er und setzte sich unaufgefordert neben sie. Er lehnte sich zurück und stützte sich auf seine Handinnenflächen, um das Mädchen besser ansehen zu können. "Du denkst wir sind uns ähnlich, nicht wahr. Du denkst das uns das Schicksal verbindet.", stiess sie verbittert hervor. Ihre Stimme zitterte leicht, als sie sprach. "Ja. Ungewollt von unseren Familien. Gehasst. Wir klammern uns an etwas fest das wir niemals haben können.", sagte Sirius nachdenklich. "Wissen deine Freunde, das du hier her kommst?", fragte Evangeline vorsichtig. Sie wusste es wäre keine gute Idee sich ihm anzuvertrauen und auch umgekehrt nicht. Nicht nachdem sie beschlossen hatte zu gehen. Es würde ihr den Abschied nur erschweren. "Nein. Sie müssen das auch nicht wissen. Ich will nicht das sie so von mir denken." "Schwach?" "Am Arsch. Ich bin eigentlich gar nicht so stark wie ich Aussehe. Niemand sieht mir an, wie sehr ich unter dem hass meiner Familie gelitten habe.", zum ersten mal, seit das Mädchen hier angekommen war, sah sie etwas wie Verletzlichkeit in seinen Augen, in seiner Stimme. "Ich weiss wie es dir geht. Aber denk daran, es war nicht deine Schuld. Anders als ich hast du nichts falsch gemacht." Auf seinen fragenden Blick antwortete sie mit leiser Stimmer: "Es gibt vieles, dass du nicht über mich weisst Black." Eine schwere Stille hing in der Luft.

Sirius zögerte erst, sein Gesichtsausdruckt war unentschlossen. Dann griff er in die Tasche und zog ein Stück Pergament heraus. Evangeline erkannte sofort worum es sich handelte. Ihr Gesicht wurde eisern. Die drückende Stille sagte mehr als Tausend Worte. Sirius hatte damit gerechnet, dass sie aufspringen und ihn anschreien würde. Doch nichts von alledem geschah. "Du hast ihn also gefunden?", stellte sie emotionslos fest. "Du hast ihn verloren, als wir beinahe zusammengestossen wären." Evangeline nickte verstehend und machte sich innerlich schon einmal bereit, das bald ein Hagel an Fragen auf sie ein donnern würde. Doch anders als an allen anderen Tagen stellte Sirius keine Fragen. Er drückte ihr das Pergament nur in die Hand und verschloss sie mit seinen. "Ich weiss das du nicht darüber reden willst, also hier. Nimm ihn zurück.", teilte er ihr mit. Sie sah überrascht auf. "Du bist also fertig damit in meiner Vergangenheit herumzustochern?", fragte sie beiläufig, als sie eine kleine Streichholzschachtel aus der Jackentasche kramte und ein Streichholz hervorzog. Einen kurzen Moment später ging das Stück Pergament mit einem leisen Zischen in Flammen auf....

"Willst du wirklich gehen? Wenn das was sie schreibt wahr ist, dann bist du so gut wie tot, wenn du diese Schule verlässt.", äusserte Sirius seine Gedanken. Evangelines Gesichtszüge verhärteten sich. "Ich weiss.", erwidert sie und sieht auf. Ihre Augen verlieren sich in seinen. Sie sind so grau wie ein Sturm. Doch Stürme können fatal Enden, rief sie sich ins Gewissen, allerdings wandte sie sich nicht ab. Sie verlor sich darin. "Tu das nicht.", flüsterte er leise und rückte näher an sie heran. "Tu was nicht?", flüsterte sie zurück. Sirius antwortete nicht sofort, stattdessen hob er die Hand, um ihr eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. "Denk nicht es wäre die Lösung wenn du fortläufst.", hauchte er ihr zu. Sie schwieg, weil sie wusste wie recht er hatte. Doch sie sagte nicht, was ihr wirklich durch den Kopf ging. Sie hatte Angst und wollte niemanden verletzen. Vor allem nicht ihm. Denn er verstand sie besser als jemand anderes es hätte tun können. "Ich weiss am Ende wirst immer du es sein, die ihre eigenen Entscheidungen trifft, aber hör mir wenigstens zu.", begann er, ohne Blickkontakt abzubrechen. Sie sollte sehen, dass er die Wahrheit sagte. Das ihm jedes Wort aus der Seele sprach. "Als du hier ankamst, mitten im Jahr, da waren wir alle überrascht. Ich fand es seltsam das du hier ankommst, allein, und dir nicht einmal die Mühe machst freundlich zu wirken. Ich habe dich bewundert, aber nicht weil du mich abgewiesen hast, weil du das getan hast um andere zu schützen, um dich selbst zu schützen. Ich gebe zu, Anfangs wollte ich wissen wer du bist, was dich hier her gebracht hat. Aber inzwischen möchte ich wissen wer du bist. Du bist mir ans Herz gewachsen, Evangeline. Und ich will nicht das du gehst. Vergiss nie das du geliebt wirst, denn solange du selbst liebst aus vollem Herzen, wird auch dir Liebe widerfahren.", er schluckte. Evangeline brach den Augenkontakt ab. Sie hatte gesehen, das Sirius Black die Wahrheit sagte. Bei ihm hatte sie das Gefühl dazu zu gehören. Eve war Zwiegespalten, hin und hergerissen zwischen gehen und bleiben. Einen Moment lang dachte sie daran wirklich glücklich zu werden. Irgendwann, mit ihm an ihrer Seite. Ihr Blick fiel wieder auf den Spiegel. Sirius Reflektion winkte mir zu. "Geh nicht.", formten seine Lippen, als er sich herüberlehnte und sie in den Arm nahm. Evangeline genoss den Moment. In seinen Armen fühlte sie sich geborgen und um nichts in der Welt wollte sie dieses Gefühl wieder hergeben.

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Neues Kapitel!! Ich hoffe es gefällt euch <33

Voiceless {Sirius Black Fanfiction}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt