11. Kapitel

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Harry Pov

Ich versuchte zu verdrängen, welche Folgen mein Handeln für mich haben könnte und dachte  lieber daran, dass bei einem Erfolg all die Menschen hier unten zurück in ihr Leben könnten. Es würde vermutlich nie wieder so sein wie früher, dafür hatten sie zu viel durchgemacht, aber trotz eventueller Albträume oder Therapiestunden wäre es tausend Mal besser als länger als Gefangener zu leben. Louis Versteck war bisher unentdeckt geblieben. Ich konnte mich also nicht darauf verlassen,  dass in den nächsten Stunden zufällig jemand vorbei kommt und uns rettet. Stattdessen musste ich es selbst in die Hand nehmen. 

Möglichst unauffällig ließ ich den Blick durch den Flur wandern, entdeckte jedoch keinerlei Gegenstände, die man als Waffe einsetzen könnte. Zumal ich Louis nur ungern verletzen wollte. 

  "Hat jeder ... Gast seinen eigenen Raum?", erkundigte ich mich. 

  "Ja, zu zweit könnten sie sich noch gegenseitig aufmuntern oder sowas. Ich hatte mal einen Gast, der meinte, er müsste die Anderen mit einer Motivationsrede zum Widerstand auffordern. Das Ergebnis war, es gab keinen Widerstand und er ist langsam und qualvoll ohne Zunge gestorben. Wenn ich ehrlich bin, gehört er auch zu den Gästen, die ich am wenigsten vermisse."

  "Wie verschließt du die Räume? Bei all diesen Türen müsstest du ja unzählige Schlüssel mit dir herum schleppen."
  "Ich habe einen Generalschlüssel für alle Türen."

  "Und wenn du den verlierst?" Louis zuckte mit den Schultern.

  "Dann verhungern oder verdursten die Leute eben in ihren Räumen, ist ja nicht mein Problem. Sie sind alle leicht zu ersetzen."

  "Und diesen Schlüssel trägst du immer bei dir?" Statt zu antworten musterte Louis mich misstrauisch. 

  "Du hast eindeutig zu viel Interesse am Schlüssel", stellte er fest, weswegen ich mir auf die Unterlippe biss. 

  "Tut mir leid. Ich möchte einfach nur gerne wissen, wie genau du lebst und wie das Ganze abläuft." Mit möglichst unschuldigen Blick trat ich näher an Louis heran. 

  "Wenn du so ein großes Interesse daran hast, kannst du dir ja gerne mal das Herzstück des Kellers ansehen." Mit einem Nicken und dem Wissen, dass ich das ganz sicher nicht sehen wollte, stimmte ich zu. Wieder ging Louis vor, während ich ihm schweigend folgte. 

Am Ende des Flurs standen wir vor einer Metalltür, welche Louis aufschloss. Nachdem er mich noch einmal angegrinst hatte, öffnete er die Tür und betrat den Raum. Nur zögerlich folgte ich ihm und wäre am liebsten auch direkt wieder umgedreht. Ich stand in Louis Folterkammer. So genau wollte ich mir die Gegenstände in diesen Raum gar nicht ansehen, da mir bereits die Messersammlung in einem der Regale vollkommen ausreichte. Einige von ihnen waren noch Blut verschmiert. 

  "Ich kam in den letzten Stunden noch nicht zum Putzen", erklärte Louis, als hätte er meine Gedanken gelesen. Zu keinen einzigen Wort fähig nickte ich lediglich. "Hier verbringe ich am liebsten Zeit mit meinen Gästen. Besonders schön ist es, wenn sie schon einmal hier waren, dann flehen sie nur noch umso mehr sobald wir uns den Raum nähern. Soll ich uns mal eine Testperson holen? Dann kannst du die Sachen auch mal ausprobieren. Ich kann sie natürlich auch an dir anwenden."

  "Darf ich mich noch einen Moment umsehen?", erkundigte ich mich mit zitternder Stimme. Louis schien meine Antwort nicht zu gefallen, stimmte jedoch mit einem Brummen zu. Langsam ging ich weiter in den Raum hinein, wobei ich versuchte, all meine Emotionen in den Hintergrund zu schieben, um mich komplett auf die Erstellung eines Fluchtplanes zu konzentrieren. Louis stand noch immer in der Nähe der Tür, von wo aus er mich aufmerksam beobachtete. 

Lange würde er dort vermutlich nicht mehr untätig herum stehen, ich musste mich also beeilen. Ein weiteres Mal glitt mein Blick durch den Raum und stoppte für einen winzigen Moment bei einem Gegenstand, der mir helfen könnte, auch wenn ich ihn ungern gegen Louis einsetzen würde. Damit es nicht zu auffällig wurde, ließ ich mein Blick weiter wandern, bewegte mich dabei jedoch langsam in die Richtung des Gegenstandes. Als er für mich greifbar war, blieb ich stehen und sah gespielt konzentriert zu dem kleinen Fenster, welches sich knapp unter der Zimmerdecke befand. 

  "Was ist das da draußen für ein Licht? Ist das ein Auto?", fragte ich ohne den Blick abzuwenden. 

  "Was für ein Licht?", hakte Louis verwundert nach, wobei er weiter in den Raum hinein kam. Sein Blick huschte über die einzelnen Fenster auf der Suche nach dem Licht, welches es gar nicht gab. 

  "Von hier aus kannst du es sehen. Es kommt langsam näher, vielleicht sind es ja auch Taschenlampen oder sowas." Deutlich angespannt als noch vor wenigen Sekunden kam Louis in meine Richtung. So wie erhofft, blieb er vor mir stehen und konzentrierte sich auf das Außengelände. Ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren, ergriff ich den Baseballschläger direkt hinter mir, holte aus und traf mit dem harten Holz Louis Hinterkopf. Der Kleinere gab noch einen schmerzverzerrten Laut von sich, ehe er bewusstlos zu Boden ging und reglos liegen blieb. Panisch kniete ich mich neben ihn, um nach seinem Puls zu fühlen, wofür ich in meiner Aufregung einige Sekunden benötigte. 

Erleichtert atmete ich auf, als ich einen regelmäßigen Puls feststellen konnte. Doch hatte ich keine Zeit zu verlieren. Ich musste diesen Albtraum hier beenden, bevor Louis wieder zu Bewusstsein kommt und mich aufhalten könnte. 

Lieb mich, du Psycho [Larry]Where stories live. Discover now