22. Kapitel

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Harrys Pov

Nun wurde es also tatsächlich ernst. Wir waren meine persönlichen Daten durchgegangen und ich hatte vorsorglich eine Belehrung über meine Pflichten erhalten, womit wir nun mit der tatsächlichen Aussage beginnen konnte. 

  "Bitte erzählen Sie uns von Ihrer ersten Begegnung  mit Mr. Tomlinson", bat mich der Richter. 

  "Wir haben uns zufällig in einen Club getroffen, wo ich Louis angesprochen habe. Wir haben etwas zusammen getrunken und haben anschließend den Club verlassen, da wir zu Louis nach Hause wollten. Kurz danach endet meine Erinnerung, da ich bewusstlos geworden bin." Es fühlte sich an, als wäre unser Kennenlernen schon eine Ewigkeit her, dennoch wusste ich noch, wie leicht und locker alles begonnen hatte. Ich hatte nicht mal ansatzweise geahnt in was für ein Chaos in mich selbst gebracht hatte. Hätte ich Louis damals nicht angesprochen, würde ich hier heute vermutlich nicht sitzen. "Wach geworden bin in einem abgeschlossenen Zimmer, welches lediglich mit einer Matratze ausgestattet war."

  "Sie befanden sich nicht im Keller?", hakte der Richter nach. 

  "Nein, das Zimmer befand sich im Obergeschoss."

  "Wie ging es dann weiter?"

  "Louis sah ich erst am nächsten morgen wieder. Er war wie durchgetauscht. Im Club hatten wir miteinander herum gealbert, er war mir direkt sympathisch gewesen, doch am Morgen hatte er nichts mehr von dem Louis, den ich kennengelernt hatte."

  "Hat er Sie verletzt?"

  "Nein, nicht wirklich, er hat mir gedroht, mich einmal etwas gröber festgehalten und mir die Regeln klar gemacht, aber mehr war zu diesem Zeitpunkt nicht passiert. Irgendwann verließ er den Raum und schloss hinter sich wieder ab. Erst am Abend kehrte er zurück, um mich mit Essen und Trinken zu versorgen. Die nächsten Tage verliefen alle ähnlich. Louis betrat hin und wieder mein Zimmer. Gelegentlich sprachen wir miteinander, wobei ich das Gefühl hatte, dass er mir irgendwie auf eine Art und Weise vertraute. Seine Stimmung war ziemlich schwankend. Zeitweise war er der Louis, den ich im Club kennengelernt hatte. In anderen Moment war er eiskalt. Mir waren diese Veränderungen zwar aufgefallen, jedoch konnte ich sie mir zunächst nicht erklären. Je näher er mich an sich ran ließ, umso mehr bekam ich von den unterschiedlichen Charaktereigenschaften mit. An einem Morgen stand Louis mit blutigen Händen vor mir. Ich sprach ihn drauf an, doch konnte er mir nicht erklären, woher es stammte und war selbst völlig durcheinander. Irgendwie schaffte ich es ihn ansatzweise zu beruhigen, dabei bat er mich um meine Hilfe. Als jedoch ein Schrei ertönte, gab es wieder einen Wechsel der Persönlichkeit. Manchmal schien der Wechsel schleichend zu erfolgen und ich bekam es gar nicht richtig mit, doch es gab auch Moment, wo eine bestimmte Sache, wie zum Beispiel ein Schrei oder starke Emotionen, den Wechsel verursachten, dann war es eher ein fliegender Wechsel, der kaum zu übersehen war. Durch den Schrei war die böse Seite wieder zum Vorschein gekommen. Louis wollte mir den Keller zeigen, doch fiel mir unterwegs eine Tasse herunter, wodurch es wieder zum Wechsel kam. Ich brachte ihn zurück ins Dachgeschoss, wo Louis seinen Wohnbereich hatte, wo ich ihn auf das Ganze ansprach. Er konnte sich an die vergangenen Minuten nicht erinnern und erzählte mir, dass er die Kontrolle über sich selbst verloren hätte. Er hat Erinnerungslücken, wusste aber ansatzweise, dass er Menschen verletzt hatte, da er irgendwann mal Notizen von sich selbst gefunden hatte und halt auch das Blut in seiner Umgebung wahrnahm. All seine Versuche, das Ganze zu beendet, scheiterten, da jedes Mal wieder die andere Seite die Kontrolle über seinen Körper übernahm. Er war verzweifelt und wusste nicht mehr weiter. 

Am nächsten Morgen hatte ich es wieder mit der bösen Seite zu tun. Er wollte mir erneut den Keller zeigen. Unterwegs kamen wir an den Scherben der Tasse, die ich am Vortag hatte fallen lassen, vorbei. Man konnte ihm deutlich ansehen, dass er sich nicht erklären konnte, woher die Scherben stammten. Beide Seite scheinen keine Ahnung davon zu haben, was die jeweilige andere Seite tat. Der Unterschied ist nur, dass die böse Seite es sich selterner anmerken lässt bzw. es verschweigt. Im Keller gibt es eine Art Folterraum, wo unter anderem ein Baseballschläger stand. Louis vertraute mir zu diesem Zeitpunkt genug, um auf eine Lüge von mir herein zu fallen, die Gelegenheit hatte ich genutzt und ihn mit dem Baseballschläger K.O. gehauen." Kurz glitt mein Blick in Louis Richtung, dieser sah jedoch schweigend auf seine Hände. "Dann habe ich die Polizei gerufen."

  "Was ist mit Charlotte Tomlinson?", wollte der Richter wissen. 

  "Ich habe sie das erste Mal gesehen kurz bevor die Polizei eintraf. Sie sagte mir, dass sie nichts von dem, was im Haus passiert ist, wusste und das glaube ich ihr auch. Hin und wieder hat sie sich über das Verhalten ihres Bruder oder über die Erinnerungslücken gewundert, war aber bis zu dem Tag nicht dahinter gekommen, woran es lag. Ich kann mir, nachdem was Charlotte mir erzählt hat, nicht vorstellen, dass Louis ihr jemals etwas antun könnte."

  "So wie er auch Ihnen im Vergleich zu den anderen Opfern recht wenig angetan hat", warf der Staatsanwalt ein. "Woran lag das, Mr. Styles?" Ich zuckte mit den Schultern. 

  "Ich kann Ihnen nicht sagen, wie Louis tatsächlich mit den anderen Opfern umgegangen ist, da ich nie persönlich dabei war. Natürlich konnte man aus Louis Erzählen etwas heraus hören und auch die Schreie aus dem Keller waren kaum zu überhören, aber ich kenne keine Details."

  "Die Frage war ja auch nicht, wie Mr. Tomlinson mit den anderen Personen umgegangen ist, sondern warum er sich bei Ihnen anders verhalten hat. Warum hat er Sie so nah an sich heran gelassen?"

  "Vermutlich weil er mir irgendwie vertraut hat."

  "Sehen Sie sich selbst als Opfer von Mr. Tomlinson?"

  "Ich war nicht freiwillig in diesem Haus ...." Der Staatsanwalt unterbrach mich. 

  "Aber Sie wären nach dem Feiern freiwillig mitgegangen." 

  "Ja, aber sicherlich nicht bis mitten in den Walt."

  "Wenn wir von diesem Punkt der Geschichte absehen, wie sieht dann Ihre eigene Einschätzung aus? Sind Sie ein Opfer von Mr. Tomlinson? Ja oder nein?"

  "Im Vergleich ..." Er unterbrach mich erneut. 

  "Ja oder nein? Reden Sie nicht drum herum, sondern geben Sie mir eine klare Antwort."

  "Ich ..." 

  "Ja oder nein?" 

  "Passen Sie mal lieber auf, wie Sie mit Harry reden, wenn Sie noch ein paar Jahre leben möchten", funkte Louis plötzlich mit eiskalter Stimme dazwischen. Überrascht sah ich zu ihm. In seinen Augen funkelte die pure Mordlust. 

  "Drohen Sie mir gerade?", hakte der Staatsanwalt nach. 

  "Ich nenne Ihnen nur die Fakten. Seien Sie brav oder ... " Louis beendete seinen Satz nicht, sondern grinste seinen Gegenüber lediglich an. Mein Blick glitt zum Richter, dem die Überraschung ins Gesicht geschrieben war. Er sah von Louis zu mir. 

  "Das meinten Sie mit wechsel der Persönlichkeit?", versicherte er sich, woraufhin ich nickte und zurück zu Louis blickte. Mr. Davies redete leise auf ihn ein, doch war Louis Blick starr auf den Rechtanwalt gerichtet. 

  "Louis", sagte ich leise. Es dauerte einen Moment, dann blickte der Brünette mich tatsächlich an. Ich schüttelte leicht den Kopf. Erneut sah er kurz zum Rechtsanwalt, seufzte dann aber und wandte sich dem Richter zu, dieser sah zwischen Louis und mir hin und her. 

  "Ich verstehe jetzt, was Sie vorhin meinten, als Sie von einer besonderen Verbindung sprachen, Mr. Davies", meinte der Richter an Louis Anwalt gewandt, dann lag seine Aufmerksamkeit wieder auf mir. "Hat noch Jemand Fragen an Mr. Styles?" Es herrschte schweigen. Kurz sah ich zu Louis, der jedoch den Staatsanwalt warnend ansah. "In Ordnung, dann wärst das vorerst, Mr. Styles. Nehmen Sie bitte wieder vor dem Verhandlungsraum Platz. Sollten doch noch Fragen entstehen, würden wir Sie erneut reinrufen, ansonsten würden wir Sie, genauso wie auch die anderen Zeugen, informieren, sobald das Urteil verkündet wird." Ich nickte und stand vom Stuhl auf. Nachdem ich Louis kurz aufmunternd angelächelt hatte, verließ ich den Saal. 

Die restliche Verhandlung konnte ich nun nicht mehr beeinflussen. Mir blieb nichts anderes über als zu warten und zu hoffen.

Lieb mich, du Psycho [Larry]Where stories live. Discover now