Kapitel 12 :
„Bist du immer so frech?“, fragte Armend mich.
„Was fällt dir ein verdammt? Lass mich los! Sofort!“, versuchte ich mich zu wehren.
Sein Griff um meine Taille wurde stärker, ich hatte nicht mal die Chance mich zu bewegen.
„Was hast du mit dem Typen da?“, wollte er auf einmal wissen.
„Wir sind zusammen!“, log ich ihm ins Gesicht und erwiderte eiskalt seinen Blick.
Noch immer versuchte ich mich von ihm zu befreien, aber ich schaffte es einfach nicht. Er war zu stark! So langsam aber sicher, ging mir sogar die Luft aus. Armend sah mich irgendwie komisch an .. ich hatte keine Ahnung was in seinem Kopf vorging. Als sein Gesicht sich langsam näherte, drehte ich meinen Kopf schnell zur Seite.
„Du lügst mich an oder?“, hauchte er dicht an mein Ohr.
Mieser Dreckskerl! Meine Hände waren so verschwitzt, dass ich meine Clutch fallen lies. Total wütend wollte ich grade wieder losschreien, als Armend seine Lippen gegen meinen Mund presste! Zwei Sekunden später lockerte sich sein Griff, ich schubste ihn mit voller Wucht von mir und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Laut keuchend stand ich sprachlos da. Ich schloss meine Augen und fühlte wie ich nach Luft rang. Es war plötzlich so still, dass ich hören konnte wie mein Herz gegen meine Brust hämmerte. Ich öffnete wieder meine Augen und sah Armend grinsend vor mir stehen. Was dachte dieser widerliche Kerl eigentlich wer er ist! Erst lässt er Yigit verprügeln, dann zwingt er mich mit ihm zu fahren und dann küsst er mich allen ernstes noch. Vor meiner Haustür! Drohend hob ich meinen Zeigefinger.
„Fass mich nie wieder an! Haben wir uns verstanden?“
Meine Stimme zitterte, meine Knie drohten nachzugeben. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ging ich an ihm vorbei und schloss die Haustüre auf. Ich stieg aus meinen High Heels und ließ mich gegen die Tür sinken. Es war ziemlich spät und auch kühl. Aber das war nicht der Grund wieso mein ganzer Körper zitterte. Der heutige Tag war einfach zu viel für mich. Dass so viele Dinge innerhalb weniger Stunden passierten .. damit hatte ich absolut nicht gerechnet. Mal abgesehen davon, was mich erwartet wenn Papa wieder da ist. Er wird mich tot prügeln, ich wusste es. Unbewusst flossen die Tränen, immer wieder wischte ich sie mit dem Handrücken weg. Nach ein paar Minuten, stand ich letztendlich auf und ging nach oben unter die Dusche. Das angenehm kühle Wasser sorgte dafür, dass ich wieder klar denken konnte. Dardan war nicht da und würde wahrscheinlich noch lange weg bleiben. Ich hasste ihn über alles! Wie konnte man so etwas seiner eigenen Schwester antun? Irgendwann kriegt er das alles zurück, sagte ich mir .. irgendwann! In meinem Zimmer angekommen machte ich mich Bettfertig und kuschelte mich anschließend in meine Decke. Leo hatte nochmal angerufen, aber ich hatte ihm nichts davon erzählt. Ich hatte Angst vor seiner Reaktion und wollte einfach kein Stress... außerdem hatte er gerade seine eigenen Probleme und ich wollte ihn nicht unnötig mit meinen belasten.
Am nächsten Morgen kam Dilara vorbei. Der Schock stand ihr noch immer ins Gesicht geschrieben. Yigit ging es Gott sei dank ganz okay. Dilara meinte, dass bis auf ein blaues Auge, eine blutige Nase und ein paar Prellungen, die Verletzungen nicht allzu schlimm seien. Als ob das nicht schon genug wäre! Ich kochte vor Wut! Irgendwie hatte ich auch dieses scheußliche Gefühl, dass dieser Vorfall unsere Freundschaft kaputt gemacht hatte. Ich erklärte Dilara kurz was vorgefallen war, als ich dann von Armend Kuss erzählte, flippte sie aus. Zu Recht!
„Was ist das für ein Arschloch?!“, fragte sie wütend.
„So ein Schwein! Ich war total baff und sprachlos.“
„Arroganter Wichser! Woher kennt er Dardan?“, fragte Dilara kopfschüttelnd.
„Ich hab absolut keine Ahnung vallah, ausserdem wusste er wo ich wohne! Nicht mal Leo weiß das!“, meckerte ich.
„Leo?“
Sie starrte mich erst ungläubig an und fing dann an bis über beide Ohren zu strahlen. Von einer Sekunde zur anderen veränderte sich meine Laune. Ich grinste kopfschüttelnd und erzählte ihr von Leo und mir. Sie war begeistert, klatsche immer wieder in die Hände und kicherte ab und zu.
„Ihr seid ein Traumpaar! Ich schwöre, jeder wird euch beneiden.“
„Übertreib nicht. Das bleibt erst mal unter uns!“, verlangte ich.
„Ich schweige wie ein Grab“, grinste sie.
„Irgendwie hab ich Angst, keine Ahnung...“, flüsterte ich.
„Quatsch! Alles wird gut gehen, du wirst sehen.“
Wie sehr ich hoffte, dass Dilara recht hatte. Alles was ich wollte war, dass es zwischen mir und Leo gut geht. Mehr wollte und brauchte ich nicht. Dieser Armend konnte mir gestohlen bleiben, hoffentlich sah ich nie wieder!
Es herrschte eine tolle Atmosphäre, als meine Eltern zwei Tage später wieder zu Hause waren. Egzon sah überglücklich aus, er schien die Zeit mit seiner Verlobten genossen zu haben. Dardan hatte Papa nichts erzählt, das lag wohl daran, dass ich ihm gedroht hatte. Papa war so wie immer, mit seinem mürrischen Gesichtsausdruck. Mama wirkte zwar etwas müde, aber schien ebenfalls zufrieden zu sein und ich wollte auf keinen Fall, dass ihr Lächeln wegen mir verschwand. Deshalb behielt ich die Sache für mich...
Am Abend hatten wir dann viel Besuch. Onkel Fitim, Jeta und die Jungs waren da. Genauso wie mein Hass Onkel Nexhat mit seiner Frau. Die Arme tat mir irgendwie leid, Gott wusste, was für ein Leben sie mit diesem Frauenhasser hatte. Ich stand im Wohnzimmer und füllte immer wieder die Teegläser auf. Jedes mal, wenn ich in der Küche verschwand, schrieb ich per Whatsapp mit Leo. Er wollte mich unbedingt sehen, aber das musste leider bis Morgen warten.
„Weißt du schon was du studieren willst Adelin?“, fragte Onkel Fitim mich.
„Ich tendiere zu Medizin, aber Jura ist auch ein Thema. Eventuell auch Germanistik mal schauen. Hab ja jetzt erst mal ein bisschen Zeit um zu überlegen“, antwortete ich.
„Bravo“, gab er mit einem Lächeln zurück, das ich erwiderte.
Mein Lächeln verschwand jedoch, als ich Onkel Nexhats Blick sah, er schnaubte verächtlich und warf Papa einen komischen Blick zu. Was hatte das zu bedeuten?
Als kurz vor Mitternacht alle gegangen waren, klingelte das Haustelefon. Da keiner in der Nähe war, ging ich ran.
„Ja bitte?“, meldete ich mich.
„Ich bin Agim, Envers Arbeitskollege. Ist er noch wach?“
Mir rutsche das Herz in die Hose! Wieso ruft er so spät an? Er wollte bestimmt von der Schlägerei erzählen! Ich wollte grade lügen und einfach auflegen, als Papa plötzlich hinter mir stand.
„Mit wem redest du?“, fragte er misstrauisch.
Ich schluckte einmal, und reichte ihm dann mit zitternder Hand den Hörer.
„Dein Kollege“, sagte ich leise.
Mit schnellen Schritten lief ich aus dem Wohnzimmer, blieb aber vor der Tür stehen.
„Kein Problem“, hörte ich Papa sagen.
Agim entschuldigte sich wohl, dass er so spät anrief. Jetzt war es ruhig, Papa schien aufmerksam zuzuhören. Irgendwie überkam mich ein flaues Gefühl im Magen, also ging ich in die Küche zu Mama und Egzon. Die beiden saßen am Tisch und unterhielten sich.
„Egzon, wenn Papa jetzt ausrastet, dann halt dich bitte raus. Mam du auch“, sagte ich ruhig.
Bevor die beiden antworten konnten, ertönte aus dem Wohnzimmer ein ohrenbetäubender Schrei.
„Adelin!“, brüllte mein Vater.
Mama stand so hastig auf, dass ihr Stuhl nach hinten kippte und zu Boden krachte. Sie schien so blass und zerbrechlich, in ihren Augen erkannte ich Angst. Egzon stand mittlerweile neben mir.
Egzon: „Was ist passiert?“
Ich schloss meine Augen und nahm einmal tief Luft. Egzon rüttelte an meinem Arm.
„Was ist los Adelina?“, fragte er diesmal lauter.
„Ein kleiner Fehler, ein Missverständnis“, antwortete ich kaum hörbar.
Ich drehte mich um und sah Papa auf der Küchenschwelle stehen. Seine Augen funkelten voller Hass. Er kam auf mich zu, schubste Mama weg, die sich ihn in den Weg gestellt hatte und packte mich grob an den Haaren. Er zog sie nach hinten, sodass ich ihm direkt ins Gesicht sehen musste. Mit der anderen Hand, schlug er mir einmal in den Bauch. Keuchend schnappte ich nach Luft.
„Enver!“, schrie Mama weinend.
Sie klammerte sich an seinen Arm.
„Wegen deiner Hurentochter, haben sich Agims Söhne mit einem Türken geschlagen“, brüllte er.
Er riss sich von ihrer Umklammerung los und verpasste mir eine Faust ins Gesicht. Ich war plötzlich wie betäubt und spürte keinen Schmerz.
„Papa hör ..“
„Misch dich nicht ein Egzon!“, schnitt Papa ihm das Wort ab.
„Keiner hat zu denen gesagt, sie sollen ihn schlagen“, sagte ich leise.
„Was hast du gesagt?“, zischte Papa.
Die nächste Schelle folgte, diesmal mit der flachen Hand. Er packte mich am Hals und drückte mich geben die Wand.
„Enver bitte!“, schluchzte Mama.
Tränen stiegen in mir auf. Tränen der Wut! Mamas Flehen, war wie ein Stich ins Herz. Egzon stand gegen die Spüle gelehnt, mit gesenktem Kopf da. Seine Hände waren zu Fäusten geballt.
„Was hast du mit diesem Türken?“, schrie Papa.
„Nichts, er .. er ist nur ein alter Schulfreund.“
Ich konnte nur mit Mühe sprechen, denn sein Griff um meinem Hals wurde stärker. Er schlug mir noch ein paar mal ins Gesicht und ließ dann von mir. Ich rutsche langsam die Wand entlang. Mama kniete sofort neben mir und nahm mich in den Arm. Behutsam strich sie mir über den Rücken.„Alle sprechen über dich! Schämst du dich gar nicht?“, schrie er Papa mich noch immer an.
„Wieso sollte ich? Ich hab nichts falsches gemacht!“, verteidigte ich mich.
„Halt den Mund!“, brüllte er.
„Dein Onkel hat recht, es ist besser wenn du heiratest“, fügte er hinzu.
Er fluchte noch einmal vor sich hin und verschwand dann aus der Küche. Ich stand unter Schock.
Ich sollte .. ich sollte heiraten? Hatte ich gerade richtig gehört?
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Schicksalsschläge
Fiction généraleAdelina ist ein ganz normales Mädchen, das ihr Abi erfolgreich abgeschlossen hat und nun den Traum hat zu studieren. Als sie dann noch die Liebe ihres Lebens kennenlernt, scheint ihr Glück perfekt. Doch es kommt anders als erwartet ..