Kapitel 24

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„Kommst du Lia? Wir wollen los." höre ich Dan von unten rufen und zögere kurz. Soll ich das wirklich machen? Wäre es nicht besser einfach Zuhause zu bleiben und den überschminkten Knutschfleck an meinem Hals komplett zu ignorieren?
Ich weiß gar nicht ob ich überhaupt wissen möchte, wer das war. Selbst wenn ich es wüsste würde es nämlich nichts ändern, das Ganze, was auch immer passiert sein mag, war einmalig und wird sich nicht wiederholen. Ich brauche also nicht mit den Jungs zur Bucht fahren nur um Jonah, Collin und Henry dort anzutreffen, oder?

Leise seufzend gucke ich mich nochmal im Spiegel an, doch muss ich. Ich muss wissen, was gestern Abend passiert ist, selbst wenn ich dabei in Gefahr laufe bei Jonah noch schlechter dazustehen. Ich meine was ist wenn er mich und den Typen gar nicht gesehen habe und ich ihn trotzdem darauf anspreche?
Ja, dann weiß er es und sein Bild von mir wird noch mehr ins schlechte Licht gerückt.

Ich schüttele einmal kurz meinen Kopf, um die Gedanken loszuwerden und betrachte mein Spiegelbild. Im Gegensatz zu heute morgen sehe ich wieder ein bisschen fitter aus, die Tablette hat wirklich geholfen und ich hab die Augenringe relativ gut kaschiert.

Okay gut, das wird schon.

Schnell laufe ich die Treppe runter und ziehe mir meine goldenen Sandalen, dann lauf ich raus zum Auto, wo mein Bruder und seine Freunde mich schon erwartend angucken.

„Sorry, ich bin heute nicht die schnellste." sage ich abwehrend und zucke grinsend mit den Schultern, als Louis seine Augen verdreht.

„Wann bist du schonmal die Schnellste?" grinst er dann und jetzt bin ich diejenige, die ihre Augen verdreht. Nachdem wir alle eingestiegen sind, fährt Louis los und innerhalb weniger Minuten erreichen wir dann auch schon den Parkplatz am Strand. Schnell greifen wir uns alle Sachen und machen und auf den Weg zur Bucht. Meine Nervosität steigt bei jedem Schritt, den wir uns der Bucht annähern. Hilfe.

Schon als wir den Wald verlassen und auf die Bucht zugehen, erkenne ich dann auch die drei Typen zu denen wir uns wohl auch gleich setzen werden. Ich bin gar nicht so genau durchgestiegen, warum wir uns jetzt alle zusammen treffen, irgendwie haben die das wohl gestern mit Collin abgeklärt. Scheint wohl so, als ob sich da doch noch eine Freundschaft zwischen den beiden Jungsgruppen entwickeln könnte. Schneller als gehofft sind wir auch schon angekommen und ich muss schlucken. Wie soll ich denn jetzt Jonah begrüßen? Und vor allem wie soll ich ihm denn noch in die Augen schauen können?

Da wir schon da sind entscheide ich mich dafür einfach nur ein kurzes „Hey." und ein Lächeln in die Runde zu schmeißen, ich umarme einfach niemanden von den Dreien. Ich hoffe, dass man durch meine Sonnenbrille einfach nicht erkennen kann, wie verunsichert ich bin. Es muss ja nicht unbedingt jeder wissen, dass ich keine Ahnung mehr habe was ich letzte Nacht so getrieben habe.
Nachdenklich breite ich mein Handtuch aus und setze mich schließlich auch drauf.

„Die Party gestern war wieder legendär." fängt Collin ein Gespräch an und ich unterdrücke den Drang zu seufzen. Können wir dieses Thema bitte lassen?

„Ja, sie war nicht schlecht." höre ich jetzt auch Louis sagen und kann mir bildlich sein Grinsen auf dem Gesicht vorstellen.

„Wobei Lia davon ja nicht so begeistert aussieht." lacht jetzt Collin wieder und ich gucke hinter meiner Sonnenbrille versteckt zu ihm. Ich wünschte ich könnte begeistert sein.

„Man sollte sich auch an etwas erinnern können, um begeistert zu sein." lacht Louis jetzt mit einem neckenden Unterton und ich lache nervös. Können wir bitte von dem Thema ablenken? Wobei es reicht mir auch schon, wenn niemand fragen stellt.

„Ja also der Anfang war ganz nett." sage ich dann aber doch gespielt fröhlich und hoffe mit der Aussage, meine Nervosität überspielen zu können. Anscheinend kaufen sie es mir ab und nachdem sie kurz gelacht haben, widmen sie sich dann anderen Gesprächsthemen.
Mein Blick wandert jetzt zu Jonah, der zwei Handtücher neben mir sitzt und mich ebenfalls nachdenklich anguckt. Sein Blick lässt mich nicht erkennen, ob er sich an gestern Nacht erinnern kann. Er sieht aus wie immer, hat er mich vielleicht gestern auch so kühl angestarrt, während ich einen Monolog gehalten habe?

„Kommt wer mit ins Wasser?" ruft Dan plötzlich, der anscheinend ohne sich bei mir bemerkbar zu machen schon aufgesprungen ist. Bis auf mir und Jonah sind tatsächlich auch alle interessiert daran und rennen ins Wasser, nachdem sie sich ihre Shirts ausgezogen haben. Jetzt sitze ich hier also mit Jonah alleine, während die anderen sich im Wasser Vergnügen. Wie kann etwas so unangenehm sein?

Ich möchte ihn drauf ansprechen, ob er mir von gestern Abend erzählen kann und ob er weiß wer der Typ war. Aber wie sollte ich das bitte machen ohne mich dabei komplett zu blamieren? Ich meine eventuell spricht er ja nicht mal mit mir.

„Und du kannst dich also nicht mehr an Gestern erinnern?" holt mich plötzlich Jonahs Stimme aus meinen Gedanken und ich muss zugeben, dass mich das gerade noch ein bisschen mehr aus der Bahn wirft, als die Gedanken davor. Hat er gerade wirklich mich angesprochen? Freiwillig?

Als ich zur Seite gucke kann ich ihm direkt in die Augen gucken. Ich setze an etwas zu sagen, aber mir kommt kein Ton über die Lippen. Also nicke ich nur.

Ich räuspere mich einmal kurz, um wieder klar denken und sprechen zu können.

„Ich weiß noch, dass ich zu dir auf die Bank gekommen bin, oder?" traue ich mich dann doch zu fragen und er nickt kurz.
Es ist wirklich ein bisschen erstaunlich, dass er freiwillig mit mir redet. Kann das Gespräch dann wirklich so schlecht gelaufen sein, wenn ich jetzt gerade so über diese Situation nachdenke?

Darauf schweige ich erstmal und gehe weiter meinen eigenen Gedanken nach. Hat er vielleicht einfach nur Mitleid mit mir, weil ich mit einem komischen Typen rumgeknutscht habe und will mir das jetzt schonend beibringen? Oder hab ich ihm meine ganze Lebensgeschichte erzählt?

„Lia?" geschockt gucke ich ihn an, als er mich aus meinen Gedanken reißt. Mein Herz fängt an stärker zu klopfen, bitte lass mich ihm nicht alles erzählt haben. Ich kann doch nicht einfach irgendwem von diesem Mist erzählen, der sich mein Leben nennt.

„Kannst du mir das Wasser reichen?" fragt er dann nur und deutet mit dem Finger auf eine Flasche, welche auf dem Handtuch hinter mir liegt. Irgendwie erleichtert atme ich aus und greife nach der Flasche hinter mir. Ich weiß nicht genau warum ich erleichtert bin, er kann ja keine Gedanken lesen und mir bestätigen was ich gedacht habe. Warum also hätte er irgendwas anderes von mir wollen als eine belanglose Flasche?

Langsam reiche ich ihm die Flasche rüber und er nimmt sie mir aus der Hand, wobei seine Finger über meine streifen. Verwirrt gucke ich auf meine Hand, die er eben berührt hat und dann wieder in Jonahs Augen.

Oh Gott. Nein.

Plötzlich schießen mir wie vom Blitz getroffen lauter Erinnerungen von gestern Abend durch den Kopf und ganz kurz vergesse ich wie man atmet.

„Ach du scheiße." flüstere ich leise und gucke Jonah geschockt an. Jonah und Ich?

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Sorry schon mal, falls ich die nächsten Tage wieder nicht jeden bzw. jeden zweiten Tag schreiben sollte. Habe heute mein Mathe Abi geschrieben und stecke damit jetzt voll in der Klausurenphase. Werde mir aber weiterhin Mühe geben :)

His smileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt